Bekloppt - der Bürger-Ämter-Abbau
Noch hängen das Frohnhauser Bürgeramt und fünf weitere von insgesamt neun in der Luft. Dicht machen heißt: 370000 Bürger müssten weitere Wege gehen. Die Antwort auf den Sparvorschlag eines (!) Bürgers ließ nämlich der Ausschuss für öffentliche Ordnung, Personal und Organisation in der letzten Sitzung offen. Beratungsbedarf kam von der SPD. Grüne sind für Tandem-Lösungen. Linke gegen Schließungen. Und die Bürger…?
Das Bürgeramt Frohnhausen aufgeben? Hier werden über 30 Dienstleistungen angeboten! Schon in der Oktober-Sitzung sprachen sich einstimmig alle BV III-Mitglieder strikt gegen eine Schließung aus: Demografischer Wandel – eine zunehmende Zahl älterer Bürger, denen man nicht die langen Wege nach einem Ämter-Aus zumuten will.
„Wir können auf unser Bürgeramt nicht verzichten; weil alle Parteien im Wahlkampf den Bürgern versprachen, sich zur Stärkung der Stadtteile einzusetzen. Eine Schließung des Bürgeramtes wäre eine Schwächung der Stadtteile“, sagt eindringlich Klaus Persch, SPD-Bezirksbürgermeister.
So sieht es auch Waltraud Schöne, Frohnhauser Ex-Werbering-Vorsitzende. „Frohnhausen ist der bevölkerungsreichste Stadtteil von Essen. Darum finde ich es nicht richtig, unser Bürgeramt zu schließen. Eine Zumutung für die Menschen. Viele alte Leute leben hier, die darauf angewiesen sind, kurze Strecken zu gehen. Ich habe das Bürgeramt immer als sehr bürgernah empfunden – bei allen Fragen als sehr kompetent erlebt.“
Christa Bellenberg, Phönix-Übungsleiterin, wettert: „Wir können uns doch nicht alles wegnehmen lassen. Bald ist Frohnhausen ausgestorben.“
Wäre die GRÜNE-Tandem-Lösung evtl. der Alternativ-Sparvorschlag? „Wir verschließen uns nicht notwendigen Einsparerfordernissen bei den Bürgerämtern, doch der Verwaltungsvorschlag zur Schließung von sechs Bürgerämtern geht viel zu weit. Uns liegt sehr an einer bürgernahen Verwaltung und der Dezentralisierung städtischer Dienstleistungen“, erklärt Dr. Elisabeth van Heesch-Orgaß. Vorstellbar: Kleinere Bürgerämter könnten – beispielsweise – nur an Markttagen öffnen. Auch Bürgerbusse oder Anlaufstellen in Geschäften könnten eine Alternative sein. Ziel sollte es sein, mehr Dienstleistungen anzubieten, ohne dass die Kosten steigen.
Doch davon hält Christa Bellenberg überhaupt nichts. „Was soll dieser Quatsch. Bekloppt. Gerade ältere Menschen besuchen den Frohnhauser Markt immer weniger; junge Leute sind zu Marktzeiten berufstätig…“
Uwe Siemon, Leiter Bürgeramt Gildehof, will sich zum evtl. Bürgeramt-Abbau „nicht äußeren. Wenn die Verwaltung gezwungen wird zu sparen, muss es Auswirkungen haben. Es ist eine Entscheidung des Rats und seiner Gremien.“ Und der Tandem-Vorschlag? „Dazu sage ich nichts. Ist larifari. Es fehlen wesentlich detailliertere Ausführungen.“
Bürgeramt-Aus? Marianne Bluhm, Ex-Kinderbeauftragte, sehr ärgerlich. „Verdammt noch mal, wir sind doch die Bürger. Werden wir überhaupt nicht mehr gefragt? Das Frohnhauser Bürgeramt wird sehr gut frequentiert. Es ist doch nicht so, dass die Mitarbeiter da nur Däumchen drehen. Man soll mal an Ältere denken. Wer kommt denn zum Markt? Das Amt ist in Frohnhausen sehr gut, fest eingebürgert. Wir vermissen immer mehr von „oben“ Menschlichkeit. Frohnhausen blutet aus.“
Die Linke sind gegen Bürgerämter -Schließungen. Ihre Bürgerbefragungen ergab: 88,6 % bejahen den Erhalt der Bürgerämter. Susanne Kreuzer, Linke-Fraktionsvorsitzende, in der BV III: „Wenn nun – wie von einigen Grünen – hingegangen wird, und „nur“ einzelne Bürgerämter zur Disposition gestellt werden sollen, hat dies mit bürgernaher Politik nichts
zu tun. Ein Vorschlag wie die Öffnung nur an Markttagen ist für den Westen angesichts der räumlichen Distanz zwischen Markt und Bürgeramt, Freytagstraße, absolut realitätsfern. Letztlich sind die ins Spiel gebrachten „Tandem-Lösungen“ nichts weiter als ein Türöffner für den Abbau von städtischen Dienstleistungen.“
Was halten Sie vom Bürgerämter-Abbau?
Autor:Ingrid Schattberg aus Essen-West |
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