Anstrum auf Essener KINDER-UNI

Das Aquarium, erstellt von 25 Kinder-Uni-Studenten-/innen mit Hilfe von vier Studenten. Foto: Bronner
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  • Das Aquarium, erstellt von 25 Kinder-Uni-Studenten-/innen mit Hilfe von vier Studenten. Foto: Bronner
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Studenten-Talentschmiede hat durchschlagenden Erfolg!

6. Oktober, erster Vorlesetag, das Wintersemester 2014/15 rollt an – bis 31.1.2015. Doch was die Großen können, packen 25 neun bis 12-jährige Studenten in Windeseile im ApoHaus. Anstatt Ferien, Fernsehen - Forschen sie eine Woche! Das 6-Tage-Projekt „Kinder-Uni“ elektrisiert gar das Jugendamt. Vorweg: Es schreit nach Fortsetzung. Ein Modell mit Magie.

Die Essener Kinder-Uni ist ein Novum. Bange Frage: Halten alle blutjungen Mädchen, Jungen durch? Wie bringen die Studenten den Stoff rüber? Beispiel Maschinenbau: Was ist eine Antriebstechnik? Wie kann man Bewegung erzeugen, umwandeln? Was ist Thermodynamik? Strömungslehre? Gemach, die kleinen „Überflieger“ wissen inzwischen die Antworten, dank der Ausnahme-Studenten, die mit Engelsgeduld Theorie, Praxis verknüpfen.

Zuvor: Von nix kommt nix. Zum mutigen Modell gehören kluge Köpfe: Achim Bronner, Boss ApoHaus mit vier Studenten, die wie Magier die Kinder täglich stundenlang begeistern: Fabian Bronner (22) Medien-Technologie, Silas Grün (19) Maschinenbau, Tim Schülling (21) Elektrotechnik; Roman Heger (23) Informatik.
Warum Kinder-Uni für 9-bis 12-jährige Frühchen? Fabian verdeutlicht, „viele Kinder in dem Alter haben noch Wunschberufe wie Feuerwehrmann, Sänger, Polizist, Busfahrer. Also Berufe, die man sehen kann. Maschinenbauer kennt man in den jungen Jahren nicht.“

Was der 22-Jährige wie selbstverständlich aufzählt, klingt verflixt leicht und logisch: „Wir zeigen ihnen Berufe wie Ingenieure, die sind sehr wichtig, spannend.“
Aber wie erreichen die jungen Männer diese Anziehungskraft – intensiver als mancher Lehrer? Fabian ist auf dem Gebiet kein Frischling. „Ich habe an der Universität Paderborn bereits Kinder-Uni gemacht, war an der Technischen Universität in Ilmenau/Thüringen.“ Für das ApoHaus tüftelte, grübelte er: Was können Kinder in dem Alter schon verstehen? Abwarten. Fabian wurde 2012 Bundessieger Jugend forscht.

Aller Anfang ist aufregend. 25 Mädchen und Jungen sitzen also ab Montag bis Samstag im Hörsaal, der mittags zur Mensa wird. „In der Uni ist man darauf angewiesen, dass ein Team zusammenarbeitet. Nur Teamgeist, Fairness führen zum Erfolg“, weiß Achim Bronner. „Hier wollen wir mit Euch gemeinsam was erstellen. Was, das darf ich noch nicht verraten. Ihr habt die Möglichkeit, Laborräume kennen zu lernen. Heute machen zwei Haus-Rundläufe, zwei Vorträge. In vier verschiedenen Laborräumen werdet Ihr die nächsten Tage verbringen…“

Schwupp! Weg sind die vier Sechsergruppen.
Nun ist hohe Konzentration von allen Beteiligten gefordert. Es gilt eine Brücke aus geraden Latten zu bauen, oben mit Bogen. Doch die Jung-Studenten-/innen schaffen den Denksport mit Hilfe von Fragen, Antworten innerhalb kurzer Zeit. Danach stehen auf der Leonardo da Vinci Brücke drei Kinder bombenfest. Der Bau hält!

Warum schafft diese Lern-Philosophie viele Pädagogen nicht? „Das liegt daran, dass es hier keine Prüfungsangst gibt“, verdeutlicht Student Fabian: „Wir geben Kindern die Möglichkeit, so mitzumachen, wie sie können; nicht über- und nicht unterfordern. Wir machen sehr viel Praktisches, nicht nur Theorie; bauen direkt etwas, experimentieren. Es blinkt, bewegt sich, man sieht sofort was passiert. Das schafft den Anreiz hier.

Wie wahr. So fasziniert das Lichtspiel im Medien-Technologiebereich. Die Lütten müssen in einem Raum voll Nebellampen einen Parcours bauen. Oder die Elektrotechnik-Gruppe stapelt ein Geschicklichkeits-Spiel mit elektrischen Bauteilen. Die Aufgabe läuft so, dass man einen Ring voll konzentriert den Draht entlang führt. Berührt er ihn, verloren. Die Informatikgruppe muss einen Hamster so programmieren, dass er durch ein Labyrinth flitzt.

Außerdem erstellen alle Beteiligten täglich, für die Abschlusspräsentation, ein Aquarium, dass die Ingenieure aus Latten, ohne Nägel, schaffen: 4 m lang, 3 m tief, 2 m hoch. Die Elektroniker bauen die Ansteuerung der Motoren, die Informatiker das Programm für die Motoren, so dass die bunten Fische schwimmen; gebastelt von Künstlerin Tina. Die Techniker sorgen für Wassergeräusche, Beleuchtung.

Plötzlich steht Anna Konincks, Jugendamt Planung und Koordination, im Raum. Sie ist vom Eifer der Kinder fast sprachlos. „Ich bin völlig fasziniert was hier passiert; ich werde versuchen, eine Finanzierung für das nächste Jahr zu bekommen.“ Wenn das kein Wort ist!

Mit roten Wangen verraten Kim und Manal: „Wir haben mit dem Mikrofon Wassertöne, die in Becher tropfen, aufgenommen. Das Blubbern hört sich irre an.“
Tja, Qualität hat seinen Preis. „Das Uni-Projekt kostet circa 7500 Euro“, bilanziert Achim Bronner. Wie Aufwandentschädigung, Verpflegung, Laborräume …Unterm Strich:

„Kinder wollen Lernen. Ich finde es toll, dass hier komplizierte, mathematische Aufgaben gestellt werden, sie nicht nur im theoretischen bleiben sondern auch praktische Umsetzbarkeit erfahren. Das motiviert Kinder natürlich Mathematik zu lernen, weil die wissen, was man damit macht. Sehr positiv, dass sich sowohl Jungen wie Mädchen angemeldet haben. Für mich ein Indiz, dass sie alle an Technik interessiert sind.“

Also, nach sechs Tagen gab’s die Aquarium- Präsentation mit Forschungsergebnissen. Im Hörsaal leuchtende Augen bei 25 Kinder-Studenten/-innen. Rührung bei den stolzen Eltern, Geschwistern, Großeltern. Ihre Kleinen hielten in ihren heißen Händen die Uni-Urkunde. Mächtig Applaus – nein, das machen Studenten/-innen nicht, sondern Tischklopfen für die tollen Tutoren und Helfer, Zulage für Boss Bronner. Sowie leckere Zugabe für alle: Der gemeinsame Semester-Abschluss-Schmaus.

Übrigens, eine Dokumentation über die Kinder-Uni-Arbeiten wird den Teilnehmern noch nachgeliefert. Chapeau!

Hätten Sie das gewusst?
Was ist Maschinenbau? Eine Industrie mit circa 900000 Beschäftigen in Deutschland. Carl Benz vermutete 1886, dass die Welt eine Millionen Autos nicht überschreiten wird. Aber wir liegen jetzt schon über 1 Milliarde!

Autor:

Ingrid Schattberg aus Essen-West

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