Alt trifft Jung
Nur kommen und ein fröhliches Gesicht mitbringen. So stand es in der Einladung, welche die Caritas der Gemeinde St. Antonius an die Gemeindemitglieder verteilte. Denn für nette Gespräche bei Kaffee und Kuchen, die auf Spendenbasis von den Gästen mitgebracht wurden, braucht man eigentlich nichts anderes. Stattgefunden hat der Caritas-Sonntag im Pfarrsaal der Gemeinde, wo sich junge und alte Menschen auf Augenhöhe begegnet sind, um im kleinen Kreis Geschichten auszutauschen.
„Der Runde Tisch der Caritas St. Antonius will sich gerne neue Wege erarbeiten und neue Themen finden, um die Arbeit im Stadtteil mitzugestalten“, erklärt Markus Kolling, Ehrenamtlicher der Pfarrei. „Dabei haben wir uns gedacht, dass es eine gute Idee wäre, wenn sich alte und junge Leute treffen und die ältere Generation ihre Lebenserfahrung und ihre Geschichten von früher an junge Menschen weitergeben kann. Und bei einem netten Zusammensitzen und einem Pläuschchen kann man das doch am besten.“
Insgesamt ist das die dritte große Aktion, die die Caritas für die Menschen im Stadtteil organisiert hat: 2014 gab es ein Café International, bei dem Menschen, die im Stadtteil leben, aber ihre Wurzeln in anderen Ländern haben, dazu angehalten wurden in ihrer landesüblichen Tracht zu kommen. „Die Aktion war ein voller Erfolg und wurde von den Leuten sehr gut angenommen. Sehr aktiv war damals zum Beispiel die polnische Gemeinde in St. Clemens“, so Kolling weiter. 2013 wurde ein großes Familienpicknick veranstaltet.
Um für das Zusammentreffen auch genügend junge Leute zu mobilisieren haben sich Kolling und seine Kollegen von der Caritas mit verschiedenen Einrichtungen besprochen. Sehr engagiert an diesem Tag waren 12 Firmlinge, die das Projekt als Vorbereitung auf die Firmung freiwillig unterstützen.
„Wir finden die Aktion sehr unterstützenswert, zumal ältere Menschen vieles zu erzählen haben“, meint Jacqueline Schymura (16). „Die meisten von ihnen haben noch den Krieg miterlebt und können davon erzählen. Oft sind die Erlebnisse nicht sehr schön, aber dennoch erzählen sie von einer Zeit, die wir nur aus dem Geschichtsunterricht kennen.“ Und auch Hanna Pegels (16) fallen Gründe ein, wieso dieser Tag eine Erfahrung wert war: „Ich gehe auf die BMV-Schule, die es auch schon ganz lange gibt. Als ich mich vorhin mit einer älteren Dame unterhalten habe, haben wir festgestellt, dass sie auch auf diese Schule gegangen ist. Dann konnten wir darüber reden, was sich seit der Zeit verändert hat und wir konnten vergleichen, was damals war und was heute.“
Um das Flair der vergangenen Tage nochmals stärker in den Pfarrsaal der Gemeinde St. Antonius einziehen zu lassen, wurden auch Lieder gesungen, die die ältere Generation noch alle kennt. Musikalisch begleitet von Julius Wermter auf dem Akkordeon, stimmten alle zum Beispiel „Wahre Freundschaft soll nicht wanken“, „Schön ist die Jugend“, „Glück auf, Glück auf“ oder „Rote Lippen soll man küssen“ an.
Nach dem kleinen Zwischenspiel ergriff Kolling das Mikrofon und fragte in die Runde, ob jemand bereit wäre etwas aus seinem Leben zu erzählen.
„Ich habe den Zweiten Weltkrieg ab 1939 noch bewusst miterlebt“, meint dann Joseph Schulte. „Es ist eigentlich keine schöne Erinnerung, aber sie ist unweigerlich mit meinem Leben verbunden.“
Damals, so kann sich Schulte erinnern, habe er zusammen mit seinem Vater die Stimme Hitlers im Radio bei einer Ansprache gehört und daraufhin zum Vater gesagt, dass sich das nach Krieg anhören würde. Weil der Vater, der auch schon den Ersten Weltkrieg miterlebt hatte, dann wortlos aus dem Zimmer gegangen war, wusste auch Schulte, dass er mit seiner Bemerkung richtig lag. „Sehr schlimm war auch, dass noch am letzten Tag des Krieges eine Bombe auf das Haus meiner Eltern gefallen ist und sowohl das Haus als auch die Schmiede meines Vaters zerstört wurde. Das war eine harte Zeit, denn damit hat mein Vater die Familie ernährt. Aber wir haben es geschafft, uns wieder aufzurappeln. Irgendwie musste es ja weitergehen“, fährt Schulte fort und machte sich im Anschluss auf den Weg zur Geburtstagsfeier seiner Enkelin.
„Es stimmt, dass einige Geschichten nicht schön sind, aber nur so kann Wissen, das sonst verloren gehen würde, tradiert werden. Aber als ich von Tisch zu Tisch gegangen bin, habe ich auch viele lustige Geschichten gehört, bei denen beide Seiten gelacht haben. Und wenn am Ende des Tages alle Beteiligten mit einem guten Gefühl nach Hause gehen, dann ist das genau das, was wir bewirken wollten“, so Kolling.
Autor:Kathrin Hinterschwepfinger aus Essen-West |
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