Brutalität auf dem Platz

Rechtsanwalt Dr. jur. Frank Roeser. Foto: privat
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Fußball war seine Leidenschaft. Doch der Traum vom Kicken auf dem Platz nahm ein jähes Ende. John C. (Name von der Redaktion geändert) liebte das Fußballspielen in einem Verein aus dem Essener Westen, bis dass sich von einer Minute auf die andere sein Leben komplett veränderte.

Rückblick: Seit vielen Jahren spielte C. (35 Jahre alt) bereits Fußball. „Der Mannschaftssport hat mir immer sehr viel Spaß gemacht“, berichtet C.
Bei einem Spiel gegen einen anderen Essener Verein passierte dann das Unfassbare. „Schon von Anfang an ist allen ein Spieler aus der gegnerischen Mannschaft durch seine offene Aggression auf dem Platz aufgefallen. Natürlich geht es beim Fußballspielen auch ein bisschen härter zu, aber dennoch übersteigt das Handeln von Heinz K. (Name von der Redaktion geändert) alles, was mir bisher beim Spiel zugestoßen ist“, berichtet John C.
Nach einem vorherigen Gerangel, indem der spätere Täter zu einem Mitspieler von C. bereits gerufen haben soll: „Ich mach dich kalt“ und einem Freistoß zugunsten C.s Mannschaft, beginnt für C. sein bis heute andauernder Leidensweg. C. befindet sich auf Spielfeldhöhe von Heinz K. und will in vollem Lauf an diesem vorbeiziehen. Hier ist der Ball schon weit außer Reichweite der beiden Spieler. Trotzdem geht dann alles sehr schnell. C. wird von K. brutal attackiert.
„Ich wusste gar nicht, wie mir geschah“, erinnert sich C. Denn auf einmal stürzte sich K. auf sein Opfer und hakte sich mit vollem Gewicht an Cs. linkem Arm unter.
„Er hätte mir meinen linken Arm sicher gebrochen“, so C. „wenn ich nicht versucht hätte, mich irgendwie aus dem Griff von K. zu befreien.“ Doch K. ließ sein Opfer nicht los. Die ganze aufgestaute Aggression hatte ein Ventil gefunden. Nach einem kurzen Gerangel fiel C. schließlich mit vollem Gewicht auf seine rechte Schulter. Zu allem Überfluss ließ sich der Täter mit seinem 100 Kilogramm Körpergewicht mit voller Wucht auf den bereits am Boden liegenden C. fallen.
„Schon Millisekunden vor dem Aufprall war mir bewusst, dass es sehr schmerzhaft werden würde“, berichtet C. Mit welcher Tragweite das brutale Foul einhergehen würde, wusste er in diesem Augenblick aber noch nicht.
Der eingeschaltete Anwalt von C., Dr. jur. Frank Roeser, erklärt: „Beim Aufprall zog sich C. eine schwerwiegende Verletzung zu.“ Es handelte sich hierbei um eine Schultereckgelenkssprengung. Sämtliche Bänder im Schulterbereich links wurden deswegen abgerissen. Nur Minuten nach dem folgeträchtigen Vorfall fehlte vom Täter jede Spur.
„Es tat höllisch weh“, erinnert sich das Opfer zurück. Sofort wurde er notfallärztlich mit einem Rettungstransportwagen in das Sankt Vincenz-Krankenhaus gebracht und kurze Zeit später im Sankt Josef Krankenhaus das erste Mal operiert. Die zweite Operation erfolgte gute vier Monate später.
Jetzt hat C. mit seinem Rechtsanwalt Dr. jur. Roeser mit einem vorläufigen Gegenstandswert von 25.000 Euro Klage eingereicht. „Das Opfer hat eine Tortur durchlaufen“, so Rechtanwalt Dr. Roeser „und das nur, weil der Täter seine Aggression offen ausgelebt hat. Das brutale Foul wäre gar nicht nötig gewesen, denn zum Foulzeitpunkt befand sich der Ball bereits gute 20 Meter weiter weg. Hier erkennt man, dass der Täter vorsätzlich gehandelt hat und eine Verletzung seines Gegenspielers billigend in Kauf nahm.“
Besonders schockierend: Zu keinem Zeitpunkt gab es Versuche des Täters, sich bei seinem Opfer zu entschuldigen. „Es war ihm offenbar von Anfang an klar, wie weitreichend seine Tat war“, berichtet das Opfer. Denn sofort nach dem Vergehen war der Täter spurlos verschwunden und hat sich selbst nach fast einem Jahr, welches seit den Geschehnissen vergangen ist, nicht bei C. entschuldigt.
Besonders schlimm: Durch das vollkommen unnötige Foul ist C. nun Zeit seines Lebens stark beeinträchtigt. So ergeht aus der Klage: „Bewegungsfreiheit und die Leistungsfähigkeit des rechten Arms sind seit dem streitgegenständlichen Vorfall eingeschränkt. Bis heute hat der Kläger Schmerzen im rechten Schulterbereich, der in den Nackenbereich und an manchen Tagen je nach Wetterlage auch bis in den Kopf ausstrahlt.“
Als gelernter Verfahrens-Mechaniker ist C. aber auf die Funktionstüchtigkeit seines rechten Armes angewiesen. „Ich habe mich zu dem Zeitpunkt in einer Abendschule zum Maschinenbau-Techniker ausbilden lassen. Doch von einer Sekunde auf die andere änderte sich mein Leben gravierend“, so C. Schwere Krankenhausaufenthalte und Operationen folgten. Ganz zu schweigen von der Traumatisierung. „Ich werde nie mehr einen Fußballplatz als Spieler betreten“, spricht C. offen über sein Traumata. Schon der Besuch eines Fußballplatzes hinterlässt bei ihm nur die blanke Furcht.
„Die Klage ist kein Vergeltungsschlag meinerseits“, betont C. „Aber trotzdem darf so jemand nicht ungestraft davonkommen, sonst haben wir bald noch schwerer Verletzte nach Fußballspielen.“
Und auch Dr. Roeser merkt an: „Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich möchte nicht den Fußball als solchen als gefährlichen Sport verschreien, ich möchte lediglich darauf aufmerksam machen, dass die Brutalität auf den Fußballplätzen -und nicht nur in Essen- stetig steigt. Die Gewaltbereitschaft ist da, den fehlenden fußballerischen Erfolg mit brutalen Fouls zu beantworten“. Manche Mannschaften werden sogar von ihren Trainern auf eben diese Weise „geschult“ um besonders brutal aufzutreten. „Das soll Angst schüren“, dass ja keiner etwas sagt“, so Dr. Roeser.
Und auch C. bestätigt: „Hätte ich gewusst, zu was der Täter fähig gewesen wäre, hätte ich mich natürlich zurück gehalten und vorsichtiger gespielt. Aber das ist doch nicht der Sinn eines Fußballspiels.“ Glück hatte das Opfer in sofern, dass sein Arbeitgeber der ganzen Sache sehr kulant gegenüber stand. „Mein Chef hat mich unterstützt und obwohl ich lange in meinem Job ausgefallen bin, nicht gekündigt“, ist C. froh. Trotzdem ist an ein normales Leben für ihn nicht mehr zu denken.

Staatsanwaltschaft geht von Vorsatz aus!

„Der Kläger darf keine 10 Kilo mehr heben und selbst einen Wasserkasten hebt er nicht mehr mit einem Arm an“, so der Rechtsanwalt. „Dazu kommt noch die erhebliche psyschiche Belastung durch die Traumatisierung.“
„Mein Leben als Fußballspieler ist definitiv vorbei“, so das Opfer. „Dank meiner Frau und vielen Unterstützungen habe ich die schwere Zeit mit starken Schmerzmitteln, Wundversorgung und Immobilisierung zwar überstanden, aber ich habe Angst auch um andere Fußballspieler, oder gar Nachwuchsspieler, dass ihnen ähnliches wiederfährt.“
Auch Anwalt Dr. Roeser ist sich sicher: „Unter dem Deckmantel ‚sportlicher Härte’ nimmt die Gewaltbereitschaft auf deutschen Sportplätzen immer mehr zu. Wir reden hier ja auch nicht vom eher brutalen Sport Eishockey. Bei diesem sind die Spieler wenigstens dementsprechend geschützt. Beim Fußball hingegen nicht.“ Der Rechtanwalt, der selber fünf Jahre Vorstand vom SC Werden-Heidhausen, davon zwei Jahre erster Vorsitzender war, weiß wovon er spricht, denn seine Söhne (15 und 19 Jahre) spielen selber aktiv Fußball. Roeser verdeutlicht: „Ich würde mich freuen, wenn es gelingt, mit Hilfe des STADTSPIEGEL eine längst überfällige, ganz ehrliche Diskussion in Gang zu setzen. Wir dürfen nicht immer wegschauen, sondern müssen offen über die Gewaltbereitschaft auf deutschen Fußballplätzen sprechen. Schon im Sinne des sportlichen fair-Play auf dem Platz und zur Vermeidung weiterer Opfer, wie C.“

Autor:

Silvia Decker aus Emmerich am Rhein

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