Becherstapeln extrem
Sie sind so unglaublich schnell, dass man mindestens einen zweiten Blick riskieren muss, um zu realisieren, was gerade passiert ist. Zwar ist hier nicht die Rede von Superhelden, aber so die Richtung Flash ist gar nicht so abwegig. Hier geht es um die Sportart Stacking, zu deutsch Becherstapeln. Denn vor kurzem haben sich die schnellsten Becherstapler Europas in der Essener Weststadthalle eingefunden, um herauszufinden, wer denn nun der schnellste Stapler ist.
Erwartet wurden zwischen 100 und 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, unter denen sich zudem zahlreiche Weltmeister und Weltrekordhalter befanden.
Allgemein gesagt ist Stacking oder Sport Stacking ein Geschicklichkeitssport, bei dem man einen Satz von 12 Bechern in einer bestimmten Reihenfolge fehlerfrei auf- und wieder abstapeln muss. Gestapelt wird jeweils eine Pyramide. Dabei gibt es drei Disziplinen: 3-3-3, 3-6-3 und den Cycle. Beim 3-3-3 wird aus jeweils drei Bechern die Pyramiden-Figur auf- und abgestapelt, beim 3-6-3 aus zwei drei beziehungsweise sechs Bechern. Der Cycle, zu deutsch Zyklus, hat es in sich: In ihm vereinen sich 3-6-3, 6-6, 1-10-1 und 3-6-3. Kein Wunder also, dass diese Formation als die Königsdisziplin gilt.
„Normalerweise gibt es für jeden ein Warm-Up, das aus zwei Versuchen besteht“, erklärt der Stapler Alexander Balz. „Dann hat man drei Versuche, um die Formation zu stapeln. Ein Versuch zählt nur, wenn er fehlerfrei ausgeführt wird, sprich es darf zum Beispiel kein Becher am Ende auf dem Tisch liegen, sondern alle müssen wieder in der Ausgangsposition sein. Wenn man einen Fehler macht, darf man den korrigieren, aber das kostet Zeit, die man, weil es beim Stacking teilweise um Millisekunden geht, nicht hat. Jeder Versuch wird dabei gefilmt. Das dient zu einen dazu, dass man die Videos dann ins Netz stellen kann, aber auch zur Überprüfung, wenn der Schiedsrichter nicht sicher sagen kann, ob ein Versuch gültig war oder nicht.“
Bei der Europameisterschaft in den Weststadthallen traten bunt gemischt alle Altersklassen an. Am ersten Tag wurden vormittags die Qualifikationsduelle ausgetragen, welche Grundlage für die Stadtreihenfolge im Finale waren. Der Nachmittag gehörte den Staffelwettbewerben, bevor als Abschluss des ersten Wettkampftages das gut zu verfolgende Stackduell stattfand. Zudem gab es eine Tombola mit Sachpreisen der Firmen Deichmann, Matratzen Concord, FlashCups, sowie der AOK und der Sparkasse Essen. Der zweite Tag war dann Finaltag, an dem es um die begehrten EM-Titel in den Doppel- und Einzeldisziplinen ging. Im Einzel wurden alle drei Disziplinen (3-3-3, 3-6-3 und Cycle) gespielt, während im Doppel nur der Cycle dargestellt werden musste.
„Stacking mache ich schon seit drei Jahren“, erklärt die einzige weibliche Finalistin der A-Gruppe Finja Hollin (11). „Dazu gekommen bin ich über ein Fest bei Hamburg, auf dem ein Stacking-Team anwesend war und gezeigt hat, was man beim Stacking so macht. Das Schöne dabei ist, dass jeder das machen kann. Man braucht dafür kein besonderes Talent oder ein bestimmtes Alter, man muss einfach nur viel üben.“ Und das tut Finja sehr eindrucksvoll: Jeden Tag für etwa zwei bis drei Stunden schnappt sie sich ihre Becher und ihre Stoppuhr und übt das Becherstapeln. Dadurch hat sie es schon geschafft drei deutsche Rekorde aufzustellen. „Vielleicht klappt es im Finale gleich genauso gut“, meint Finja. Einer, der trotz seines jungen Alters auch schon viel erreicht hat ist der amtierende Weltmeister im Sport Stacking in der Disziplin „Stack Out“ Son Nguyen (17). Er hat schon im Alter von sechs Jahren mit dem Sport angefangen und sich kontinuierlich an die Spitze geschoben. „Zum Stacking bin ich mehr oder weniger durch Zufall gekommen“, so Nguyen. „Mein Cousin hat das damals gemacht und ich habe es auch mal ausprobieren wollen. Relativ schnell war ich davon fasziniert und auf den Turnieren, bei denen ich teilgenommen habe, habe ich auch kurz danach schon etwas gewonnen.“ So hat er es mehrmals zu den Weltmeisterschaften in den unterschiedlichen Ländern geschafft. „Im Stack Out geht es um Schnelligkeit. Jedes Land wählt dabei einen Stapler aus, der dann in jeder Runde einen Cycle machen muss. Der Langsamste jeder Runde fliegt raus und wer dann am Schluss übrig bleibt, ist der neue Weltmeister“, so Nguyen.
Im Finale der A-Gruppe fand man Finja und Son dann wieder. Sie mussten gegeneinander jeweils im 3-3-3, im 3-6-3 und im Cycle antreten. Die Gruppe war unglaublich stark und von elf bis 18 Jahren war jedes Alter vertreten. Insgesamt traten zehn Finalisten, darunter Finja als einziges Mädchen, gegeneinander an. Nach jeder der drei Disziplinen stand der neue Europameister fest. Im 3-3-3 schaffte es Son auf den zweiten Platz, im 3-6-3 und im Cycle holte er sich mit einem überragenden Ergebnis die goldene Medaille. Für Finja reichte es nicht ganz. Aber eins ist sicher: Die nächsten Meisterschaften stehen mit Sicherheit an und Finja und Son werden dabei ganz bestimmt nicht fehlen.
Autor:Kathrin Hinterschwepfinger aus Essen-West |
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