Unternehmen setzen auf Fachkräftesicherung
Serie: Mittelstand in Essen
Essener Wirtschaft hat sich im HWWI-Städteranking unter die Top 10 katapultiert
Verhalten optimistisch - so blickt die Essener Wirtschaft in die Zukunft. Dies ist das zentrale Ergebnis des aktuellen Konjunkturbarometers des Essener Unternehmerverbandes (EUV). Zugleich bescheinigte das Hamburgerische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) kürzlich der Ruhrgebietsmetropole Essen eine gelungene „Transformation zur wissensbasierten Wirtschaft“. In der HWWI-Städterangliste hat sich Essen von Platz 21 auf Platz 10 katapultiert. Der STADSPIEGEL sprach mit Ulrich Kanders, Hauptgeschäftsführer des EUV. Dies ist gleichzeitig Auftakt der neuen Serie „Mittelstand in Essen“.
Essen hat im HWWI-Ranking einen rasanten Aufstieg hingelegt, liegt nun sogar vor Hamburg und Leipzig und allen anderen Revier-Städten. Ein Wunder? Oder wo liegen die Gründe?
Kein Wunder, sondern Ergebnis des gelungenen Strukturwandels. Essen erntet gewissermaßen jetzt die Früchte der Anstrengungen der hier ansässigen Unternehmen - Konzerne sowie kleine und mittelständische Unternehmen gleichermaßen haben ihren Anteil daran.
Wie kann es Essen gelingen, die Top-Position im HWWI-Ranking zu sichern oder sogar auszubauen?
Es ist ein ständiger Prozess, „top“ zu bleiben und erfordert permanente Anpassungsfähigkeit. Politik und Wirtschaftsförderung müssen weiterhin die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, vor allem bei der Verkehrsinfrastruktur und mit der Ausweisung neuer Industrie- und Gewerbeflächen.
Europa steckt in großen Teilen in der Rezession. Blicken auch die Essener Unternehmen mit Sorge in die Zukunft?
Die anhaltende Verunsicherung führt zu nur gedämpften Erwartungen der Unternehmen an das zweite Halbjahr 2013. Die Geschäftserwartungen sind mit einem Anteil der positiven Rückmeldungen von unter 50 Prozent sogar eher unerfreulich. Trotzdem ist das Niveau bei Geschäftslage und Erträgen der Unternehmen branchenübergreifend noch insgesamt mit der Note ‚befriedigend‘ zu bezeichnen. Die aktuellen Konjunktur-Parameter für das erste Halbjahr 2013 belegen die Fortsetzung des schon in der Herbst-Umfrage 2012 sichtbaren Abwärtstrends.
Was sind die zentralen Herausforderungen, denen sich die Betriebe stellen müssen?
Kaum eine Herausforderung beschäftigt die Betriebe im Ruhrgebiet so sehr, wie die Frage der Fachkräftesicherung. Zwar ist der Beschäftigungssaldo im ersten Halbjahr 2013 leicht ins Minus gerutscht, jedoch sind die Unternehmen weit vom „Krisenmodus“ des Jahres 2009 entfernt. Erfreulich ist der Blick auf die Ausbildungsplatzperspektive: Zwei Drittel der Unternehmen signalisieren hier Stabilität, der Ausbildungsplatzsaldo hat sich dabei sogar leicht verbessert.
In welchen Berufen haben junge Leute große Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz?
Der Fokus liegt dabei vor allem auf technischen Berufen. Gesucht werden gewerblich-technische Fachkräfte und Ingenieure. Es fehlen auch Chemikanten, Packmitteltechnologen, Zerspanungsmechaniker, Werkzeugmechaniker und Konstrukteure. Mit einer technischen Ausbildung hat man gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Gerade junge Frauen sind hier noch zu oft zurückhaltend.
Können die Betriebe das Problem Fachkräftemangel in Eigenregie lösen?
Die Umfrageergebnisse sind ein Weckruf für Unternehmen und Politik gleichermaßen. Die Unternehmen müssen ihre Anstrengungen zur Fachkräftesicherung noch einmal verstärken. Noch gibt es gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen Planungs- und Umsetzungsdefizite. Hier sind wir natürlich gerade auch als Unternehmensverband mit unseren Leistungen gefragt. Der Fachkräftemangel ist aber keineswegs ein Thema nur für die Unternehmen. Sie können das Problem alleine nicht schultern. Auch die Politik muss sich über ihre Verantwortung im Klaren sein. Sie muss Rahmenbedingungen zur Stärkung des Fachkräftestandorts Ruhrgebiet schaffen, wie z.B. das Angebot attraktiven und finanzierbaren Wohnraumes sowie einer neuen Willkommenskultur.
Wo gibt es noch Potential, um die Wirtschaft fit für die Zukunft zu machen?
Wir haben gegenüber anderen Standorten zum Teil sicher auch ein Image-Problem, an dem man im Revier arbeiten muss. Es sind aber auch die Potentiale durch Hochschulen und Universitäten noch nicht hinreichend ausgeschöpft. Hier müssen Kooperationen auf allen Ebenen, etwa im Bereich der Wirtschaftsförderung ausgebaut werden. Ferner kommt der Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch z.B. die Bereitstellung von qualitativ hochwertigen und bezahlbaren Betreuungsplätzen eine Schlüsselrolle zu - sowie familienfreundlicher Angebote der Unternehmen selbst.
Hintergrund: Der EUV
- Der Essener Unternehmensverband (EUV) blickt auf eine mehr als 100-jährige Geschichte zurück. 1906 wurde der Vorläufer des EUV gegründet. Im Jahr 1974 erhielt er seinen heutigen Namen.
- Gut 300 Mitgliedsunternehmen vertrauen heute dem Essener Unternehmensverband. Besonders in den letzten Jahren konnte dieser einen konstanten Mitgliederzuwachs verzeichnen: 170 neue Mitgliedsunternehmen seit 2005.
- Kostenlose arbeitsrechtliche Beratung, bundesweite Vertretung in Arbeits-, Tarif- oder Sozialrechtsfällen, tatkräftige Unterstützung bei der Personalarbeit - der Essener Unternehmensverband vertritt die Interessen von Unternehmen. Mit und ohne Tarifbindung. Von Mittelstand bis Weltkonzern. Über alle Branchen hinweg.
Der STADTSPIEGEL ESSEN präsentiert in seiner neuen Serie „Mittelstand in Essen“ lokale Erfolgsgeschichten. In lockerer Folge stellen wir Essener Firmen vor, die sich mit ihren Ideen und Entwicklungen behaupten können. Die Beiträge sind auch hier in unserem Online-Portal Lokalkompass.de zu lesen.
Autor:Frank Blum aus Essen-Süd |
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