Wie kommen wir in Corona-Zeiten durch die Krise? Nachgefragt bei Glücksforscherin Nathalie Marcinkowski
Lachen und in Kontakt bleiben

Die besondere Leidenschaft der Psychologin Nathalie Marcinkowski aus dem Essener Südviertel ist das Thema Glück. | Foto: privat
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  • Die besondere Leidenschaft der Psychologin Nathalie Marcinkowski aus dem Essener Südviertel ist das Thema Glück.
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Nathalie Marcinkowski aus dem Essener Südviertel ist Psychologin und hat sich auf Angewandte Positive Psychologie spezialisiert, ist als Coach und Dozentin tätig. Ihre besondere Leidenschaft ist das Thema Glück. Inmitten der Corona-Krise eine besondere Herausforderung. Der Stadtspiegel und seine Nachrichten-Community Lokalkompass.de hat ihr einige Fragen gestellt. Und einige Tipps entlockt, wie wir gemeinsam durch die schwierige Zeit kommen können.

Nachdem im letzten Jahr im im TRIAS Verlag Ihr Buch "Was glückliche Menschen anders machen. Dein Begleiter auf dem Weg zum Glück." erschienen ist, gibt's die Reise ins Glück nun auch als Hörbuch, stolze sieben Stunden lang. Was erwartet uns dabei?

Ein Leitfaden für ein authentisch glückliches Leben. Glücklich und zufrieden wollen wir ja alle sein. Und dazu wird uns ganz viel angeboten, was wir dafür dann "machen" und "können" und "entwickeln" müssen. Diesen Selbstoptimierungskult halte ich nicht nur für irreführend, er führt auch wissenschaftlich nachgewiesen ins Unglück! In meinem Hörbuch lege ich daher den Fokus auf Selbstentfaltung. Hier können die Hörerinnen und Hörer Schritt für Schritt entdecken, zu wem sie werden, wenn sie Druck raus nehmen und Selbstliebe und Freude den Vorrang geben. Ich hab das Hörbuch selbst eingesprochen. Das heißt, es ist nicht perfekt, sondern hat Herz & Seele...

Was hat Sie dazu gebracht, sich so so intensiv mit dem Weg zum Glück zu beschäftigen?

Die erste Inspiration tauchte in der Oberstufe im Pädagogik-Unterricht auf: Wir nahmen das Thema Schulfach Glück durch. „Wow!“ - dachte ich. „Genau das hätte ich gebraucht!“. Denn meine Schulzeit vor der Oberstufe war nicht immer so glücklich, wie ich es mir gewünscht hätte. Zugleich war da eine Ahnung: Wir alle möchten gücklich sein. Und wären wir tatsächlich glücklich, gäbe es keinen Grund mehr für Gewalt, Ausbeutung, Krieg und Zerstörung unseres Lebensraums.
Als ich dann während meines Psychologie-Masterstudiums in Bochum auf das Fernstudium in „Angewandter Positiver Psychologie“ an der University of East London stoß, wusste ich: Genau das ist der nächste Schritt! - und begann das zweite Studium.

Was ist die zentrale Erkenntnis, die Sie in Ihren Forschungen gewinnen konnten?

Glücklich zu sein fängt bei uns selbst an - endet aber nicht dort. Wenn wir wirklich glücklich werden, sein und bleiben wollen, schaffen wir Glück für uns und weiten den Radius unseres Glücksstiftens langsam aus: Auf unsere Lieben, unsere Mitmenschen und schließlich auf unsere Mitwelt. Dies gibt uns etwas Unerlässliches fürs Glück: Ein „Wofür“ oder auch Sinn. Und der erlaubt es uns, sogar Dürren und Stürme im Leben zu überstehen.

Die Corona-Krise ist eine besondere Zeit und für jeden sicher eine besondere Herausforderung, halbwegs glücklich zu sein. Was macht Sie in dieser schwierigen Zeit glücklich? Und was unglücklich?

Sehr glücklich macht mich in dieser Zeit, dass die Natur gerade richtig aufatmen kann. Schädliche Abgase sind drastisch reduziert und Tiere erobern sich ihren Lebensraum zurück. Bereits jetzt wird ein gesellschaftliches Umdenken lauter und Dinge wie Grundeinkommen und bessere Vergütung für Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger werden plötzlich ernsthaft diskutiert. Der herannahende Frühling und die vielen herzlichen, kurzen Gespräche mit fremden Menschen (natürlich mit 1,5 Meter Abstand dazwischen) tragen ebenfalls zu meinem Glück bei. Weniger glücklich macht mich, dass ich nun auch um Freunde zu sehen auf einen Bildschirm schauen muss und dass einige wirklich schöne Schulungen und Workshops, die ich live gegeben hätte, nun auf unbestimmte Zeit verschoben sind.

Haben Sie als Psychologin eine Erklärung, warum es die Menschen in diesen Tagen besonders glücklich macht, Toilettenpapier zu horten - wenn es denn überhaupt noch welches gibt?

Herrliche Frage! Die treibt wahrscheinlich viele gerade um. Nun, die Zeit auf dem stillen Örtchen gönnt jedem eine ungestörte Auszeit von Partner, Kind und Haustier - vor denen man ja gerade ansonsten kaum noch flüchten kann! Dabei gut "eingedeckt" zu sein ist wohl die Grundlage, um wenigstens diese Zeit wirklich genießen zu können. Viel anderes ist uns Deutschen ja auch nicht in die Wiege gelegt worden. Marihuana ist noch immer nicht wirklich legal und Weintrauben gedeihen hier erst seit drei Sommern richtig gut. Bis daraus hochklassiger Wein gereift ist, dauert es bekanntlich ein paar Jahre.

Welche drei Tipps haben Sie für die Stadtspiegel-Leser, um ganz spontan ein Stück glücklicher zu werden, obwohl die Welt in Krisen-Stimmung ist?

1) Lachen. Das ist das Beste, was Sie für Ihr Immunsystem, Ihr Wohlbefinden und auch positives ein Gemeinschaftsgefühl tun können. Wenn es mal echt gar nichts zu lachen gibt, helfen mir lachende Babys auf Youtube.
2) In Kontakt bleiben. Nutzen Sie diese Zeit, in der viel Enge oder viel Alleinsein entstehen kann dafür, den Menschen, die Ihnen wirklich etwas bedeuten, dies auch zu sagen. Rufen Sie sie jetzt an oder senden Sie ihnen jetzt eine Sprach- oder Video-Nachricht und teilen Sie dem Menschen mit, warum er Ihnen so wichtig ist.
3) Hinspür-Pause. Diese Zwei-Minuten-Übung ist laut meinen Klienten eine der kraftvollsten Übungen, die ich ihnen mitgebe.
Schauen Sie sich einmal um. Wie viel Leben entdecken Sie jetzt gerade in sich und um Sie herum? Nehmen Sie sich drei Atemzüge lang Zeit, dies ganz bewusst wahrzunehmen.
Richten Sie dann Ihren Blick auf die Fülle, die Sie umgibt. Was unterstützt Sie, macht Ihr Leben schöner, wurde Ihnen geschenkt? Sagen Sie noch einmal ganz bewusst "Ja" dazu. Nehmen Sie es an.
Erinneren Sie sich: Sie leben. Und Sie sind hier, um jeden Atemzug auszukosten.
Gerade heute habe ich die Soforthilfe für Freiberufler als Überweisung erhalten. Mir kamen tatsächlich die Tränen, so dankbar war ich für diese Unterstützung.

Was sind Ihre aktuellen Projekte rund um Ihr Lieblingsthema? Und: Liegt auch bei Ihnen einiges erst einmal auf Eis, weil Reisen, Workshops und Lesungen im Moment nicht möglich sind?

In dieser Zeit merke ich zwei Gegenpole in mir: Kreativitätsfluss, unterstützen wollen und Mitgestaltungsfreude - und das Bedürfnis, tatsächlich auch selbst einmal tief zu entschleunigen. Dem ersten Impuls habe ich mich Ende März in einem Online-Seminar gewidmet. "Fels in der Brandung - Vertrauen und Kraft in bewegten Zeiten" ist der Titel. Die Aufzeichnungen sind in kleine Häppchen geteilt und auf meiner Website zu finden.
Ende April wird dann, ebenfalls über meine Website, die "Glücks-Stifter Challenge" starten. Davor mache ich jedoch mal richtig Home-Urlaub.

Zur Person
Nathalie Marcinkowski aus Essen ist Psychologin und hat sich auf Angewandte Positive Psychologie spezialisiert. Sie ist als Coach und Dozentin tätig, wobei ihr Schwerpunkt auf den Themen Selbstfürsorge, Achtsamkeit und bewusster Lebensstil liegt. Sie bildet „Happiness-Trainerinnen und -Trainer“ aus und möchte so möglichst vielen Menschen zu mehr Selbstliebe verhelfen.
Mehr zu ihrer Arbeit unter: www.happyroots.de

Die besondere Leidenschaft der Psychologin Nathalie Marcinkowski aus dem Essener Südviertel ist das Thema Glück. | Foto: privat
Nach dem Buch (Foto) von Nathalie Marcinkowski erscheint in diesen Tagen auch das Hörbuch.  | Foto: Verlag
Autor:

Frank Blum aus Essen-Süd

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