Öffentlicher Personennahverkehr
Langfristige Direktvergabe ist ein Rückschlag für den ÖPNV in Essen und im Ruhrgebiet

Als Rückschlag für einen wettbewerbsorientierten und städteübergreifenden Öffentlichen Personennahverkehr sowohl in Essen als auch in der gesamten Region bewertet EBB-FW Fraktionschef Kai Hemsteeg die sich abzeichnende Entscheidung des OLG Düsseldorf, die aus Sicht des EBB nach wie vor umstrittene Direktvergabe der ÖPNV-Leistungen für 22,5 Jahre an die Ruhrbahn GmbH für zulässig zu erklären. "Dadurch wäre der anderslautende Beschluss der Vergabekammer Westfalen aus Juni 2018, der die Direktvergabe für rechtswidrig erklärt hat, leider obsolet", macht Hemsteeg aus seiner Enttäuschung keinen Hehl. Der prosperierende ÖPNV-Markt werde somit für fast ein Vierteljahrhundert zugunsten eines hochdefizitären öffentlichen Verkehrbetriebs abgeschottet. Da die Nachbarstädte ebenfalls vergleichbare Direktvergaben beabsichtigen, werde genau das zementiert, was im Grunde niemand will, nämlich, dass der öffentliche Nahverkehr größenteils nur bis zum eigenen Tellerrand, sprich bis zur eigenen Stadtgrenze reicht, so Hemsteeg weiter. "Das ist keine zukunfts- und marktorientierte und auch keine regional ausgerichtete Nahverkehrspolitik. Wir sind eigentlich davon ausgegangen, dass volkseigene Betriebe endgültig der Vergangenheit angehören. Stattdessen scheinen sie in Essen ausgerechnet in Zeiten weltweiter Globalisierung und internationaler Marktöffnung fröhlich Urstände zu feiern, und das bei einem finanziellen Gesamtvolumen von rund 
1,5 Milliarden Euro", lautet Hemsteegs ernüchterndes Fazit.
Als völlig aus der Zeit gefallen, bezeichnet der verkehrpolitische EBB-Sprecher Hubert Gleixner die langfristige Direktvergabe, die jeden wettbewerblichen Aspekt vermissen lasse. "Die von vielen Seiten erhobene völlig berechtigte Forderung nach einem regionalen und städteübergreifenden Nahverkehrsangebot aus einem Guss, wie es auch die WAZ in einer aktuellen Leseraktion favorisiert, wird daher auch in den nächsten zwanzig Jahren und darüber hinaus ebenso lediglich eine Illusion bleiben wie der Gedanke an eine gemeinsame Nahverkehrsgesellschaft für das gesamte Ruhrgebiet. Das ist Rückschritt statt Fortschritt. Selbst einzelne Unternehmensfusionen werden nach Gleixners Einschätzung dadurch zukünftig erheblich erschwert. Auch Gleixner sieht durch das Gerichtsurteil seine Befürchtungen bestätigt, wonach die Direktvergabe den Vorwärtsdrang bei der Ruhrbahn in punkto Wirtschaftlichkeit und Angebotsqualität eher bremsen als forcieren wird. Schließlich motiviere ein Dauerauftrag mit Blankoscheck über 22,5 Jahre nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht gerade zum großen Aufbruch nach neuen Ufern.
EBB Fraktionsvorsitzender Kai Hemsteeg bemängelt, dass weder die Fraktionen noch der Rat und die Ratsausschüsse den öffentlichen Dienstleistungsvertrag zu Gesicht bekommen sollen. Zu kritisieren sei außerdem, dass die Verwaltungsvorlage während der gesamten Laufzeit des Auftrages keine Mitwirkung bzw. Information der Politik vorsieht. Hemsteeg findet auch hier klare Worte: "Verwaltung und Ruhrbahn wollen das Ganze offensichtlich über 22,5 Jahre im stillen Kämmerlein austragen. Diese Closed-Shop-Strategie machen wir nicht mit".

Autor:

Bernd Schlieper aus Essen-West

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