Heimat im Viertel
Man mag sich fragen, ob der Veranstaltungsort der Thematik entsprechend ausgesucht wurde. Denn passen tut es in jedem Fall: Am vergangenen Donnerstag nämlich lud die SPD zu einer Diskussionsrunde in der Notkirche in Frohnhausen. Thema: Die aktuelle Notlage der Einzelhändler im Essener Westen. Das Problem: Diese sind von sogenannten Vollversorgern wie Einkaufszentren, Ketten, Discountern oder dem „Internet“ umzingelt und haben es so sichtlich schwerer zu überleben. Sollten sie sich in absehbarer Zeit nicht mehr über Wasser halten können und schließen müssen, würde sich das auf den gesamten Stadtteil negativ auswirken, was zu einem großen Teil dem Strukturwandel im Quartier geschuldet ist.
Um sich nun mit dem Problem auseinanderzusetzen, die aktuelle Lage und mögliche Lösungsansätze zu diskutieren haben sich an besagtem Tag die Bundestagsabgeordnete Petra Hinz, der Landesminister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk Garrelt Duin, zahlreiche Bürgervereine, speziell Einzelhändler, Geschäftsinhaber, Vertreter der Werbegemeinschaft, sowie Privatpersonen in der Apostelkirche versammelt.
„Der Einzelhandel wirkt sich extrem stark auf den Stadtteil aus. Und weil man von der Gesamtheit der Einzelhändler als Perlenkette der Stadtteile sprechen kann, müssen wir gemeinsam die Lage verbessern. Wichtig ist dabei auch, dass, sollten die Einzelhändler wegbrechen, zahlreiche Strukturen verloren gehen, wie zum Beispiel Ausbildungsbetriebe. Umso dringender ist es, dass sich alle Akteure treffen, um so gemeinsam an einem Ziel zu arbeiten“, so Hinz.
Angelegt ist das Thema ganz anders, als in der Politik normalerweise üblich. Eine Art pro und contra scheint es nicht zu geben und bei der Problematik muss man die Themen Städtebau und Verkehr auch als ausschlaggebende Faktoren mit einrechnen. Ein weiteres Problem ist, dass sich Vollversorger wie die Einkaufszentren am Limbecker Platz oder das Rhein-Ruhr-Zentrum in Mülheim zwangsweise auf einer riesigen Grünflächen ansiedeln, die sonst anders genutzt werden könnten.
„Wir müssen zurück zur Revitalisierung des Quartiers und dafür sorgen, dass unsere Innenstädte wieder lebendig werden. Nur so kann unser Vorhaben Erfolg haben“, so der Landesminister. „Fakt ist, dass sich jeder Einzelhändler dem Wandel stellen und auf mehrere Verkaufskanäle setzen muss. Es reicht heute nicht mehr, dass man nur die Türen seines Ladens öffnet, man muss, aufgrund der fortgeschrittenen und unausweichlichen Digitalisierung, zum Beispiel auch eine Internetpräsenz haben. Uns ist bewusst, dass das für viele Einzelhändler eine große Herausforderung darstellt, sich viele das vielleicht nicht leisten können. Aber die Geschäftsinhaber sind bei diesen Schritten nicht auf sich alleine gestellt, hier ist es an der Politik einzuschreiten, um kleinen und mittelständischen Unternehmen unter die Arme zu greifen.“
Seit vielen Jahren hat sich das Kaufverhalten dahingehend gewandelt, dass es nicht billig und bequem genug sein kann. Deshalb sind Discounter und Shoppingtempel so unglaublich erfolgreich geworden. Auch das Internet spielt eine zentrale Rolle bei der Kaufwahl. Dass lokale Einzelhändler da nicht mehr mithalten können, scheint auch nicht zu überraschen, vor allem wenn es um die Preisschiene geht. Deshalb müssen sie andere Stärken erkennen und diese ausbauen, wie etwa Service oder Individualität. Unlängst haben sich zahlreiche neue Geschäftsmodelle entwickelt, wie bei Emmas Enkel: Dort kann man im Laden selbst einkaufen, aber sich auch per Internet den Einkauf zusammenstellen und ihn dann zu einer bestimmten Zeit abzuholen oder ihn sich nach Hause schicken zu lassen.
„Was wir stärker an den Tag legen müssen ist Heimatshoppen. Denn jeder Bürger kann mitentscheiden, ob der Stadtteil verödet oder ob er eine Chance hat. Aber auch andere Akteure wie Immobilienbesitzer sind gefragt, wie ein Erfolgsmodell aus Herten zeigt. Dort gab es einen unglaublichen Ladenleerstand, bis sich ein paar Leute zusammengeschlossen haben und die Immobilienbesitzer damit einverstanden waren, ihre Mieter für eine bestimmte Zeit mietfrei wohnen zu lassen, im Gegenzug diese sich aber verpflichtet habe, die Fassaden in Schuss zu halten und die Bürgersteige zu fegen“, so Duin weiter. „Eine Verbesserung der Situation schaffen wir nur dann, wenn man an einem Strang zieht. Alle Bürger können Dinge gestalten und diese Kraft muss genutzt werden. Denn nur so kann Lebensqualität gesichert werden und der Einzelhandel im Essener Westen wird wieder aufgewertet.“
Autor:Kathrin Hinterschwepfinger aus Essen-West |
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