Gefühle verzerren die Realität
Miteinander sicher leben in Essen-West
Wie sicher ist mein Umfeld oder mein Stadtteil? Gibt es eine begründete Angst oder lassen wir uns von falschen Gefühlen leiten? Um diese Fragen konkret zu beantworten, wurde nach Altendorf geladen, politische Prominenz inklusive.
Schauplatz war das Gemeindehaus Ohmstraße, in dem die Veranstaltungsreihe „Miteinander in NRW“ fortgesetzt wurde. Dieses Mal stand Essen-West im Fokus und man beschäftigte sich mit der Frage, wie man in den Stadtteilen miteinander sicher leben kann und wo noch Nachbesserungen beziehungsweise Neuerungen gemacht werden müssen.
Träger der Veranstaltung war die Friedrich-Ebert-Stiftung. Mit dabei waren an diesem Abend der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger, welcher die Veranstaltung eröffnete.
Neben ihm zeigten Hans-Jürgen Best, Stadtdirektor der Stadt Essen, Julia Gajewski, Leiterin der Gesamtschule Bockmühle, und Frank Richter, Polizeipräsident der Stadt Essen Präsenz. Moderiert wurde der Abend von der Essener Landtagsabgeordneten Britta Altenkamp.
Deutschland gehört zu den sichersten Ländern der Welt
„Unsere Gefühle beeinflussen unser Tun“, erklärte Ralf Jäger in seinen einführenden Worten. „Angst ist in aller Munde und innere Sicherheit ist das Top-Thema in politischen Diskussionen. Dabei ist vieles möglich, aber nicht alles sinnvoll, was es umzusetzen gilt. Blinder Aktivismus soll daher strengstens vermieden werden.“
Dabei muss eine Sache unbedingt beachtet werden: Wir leben ziemlich sicher. Und das betrifft auch die Menschen in den Stadtteilen, die so gerne das Gegenteil behaupten. Um seine Aussage nochmals zu bekräftigen legte Jäger ein paar Beispiele auf den Tisch: In NRW ist Mord um 15% zurück gegangen, Körperverletzung um 5%, Jugendkriminalität um 30 % und Nötigung beziehungsweise Vergewaltigung um 20%. Alle anderen Behauptungen beruhen daher vermutlich auf populären Einzelfällen, die den gegenteiligen Eindruck vermitteln. In der Statistik schlagen sie jedoch nicht zu Buche.
Umdenken muss erreicht werden
„Aber die Politik weiß auch, dass Zahlen leider keine Ängste abbauen“, so Jäger weiter. „Aber weil Gefühle eben so stark in der Wahrnehmung beeinflussen, muss ein Umdenken im Allgemeinen erreicht werden. Daher muss man da ansetzen, wo Ängste und Sorgen entstehen“, so Jäger. Und das ist eben in der Mitte der Gesellschaft, in den Stadtteilen und bei den Menschen.
Ein weiterer Punkt war die Nicht-Existenz von sogenannten „No-Go“-Areas in Essen. Das sind Teile einer Stadt, in denen der Rechtsstaat nicht greift. Vielleicht vergleichbar mit einer Szene aus einem Westernfilm. „So etwas gibt es hier nicht. Viel problematischer ist die sich immer weiter öffnende Schere von arm und reich. Das ist ein weiteres Problem, das man lösen muss, denn das kann auch wieder zu erhöhter Kriminalität führen“, erklärt der Innenminister.
Schon umgesetzt wurden Projekte wie der Krupp-Park oder der Niederfeldsee. Weitere Projekte, vor allem was den Wohnungsbau betrifft, sollen folgen.
„Das Sicherheitsempfinden vieler Menschen hier geht eklatant an der Realität vorbei“, bestätigt auch Frank Richter. „Es ist richtig, dass das Drogenproblem noch da ist und durch die eingeführte Videoüberwachung erhoffen wir uns große Fortschritte zu machen. Dennoch sind auch die Bürgerinnen und Bürger dazu aufgerufen Menschen, die schlecht eine Alternative zu dieser Tätigkeit finden können, Chancen zu geben.“
Stadtteile von den Rändern her umstrukturieren
Die vielleicht wichtigste Säule für eine sichere Zukunft und zur Gewaltprävention stellt die Bildung dar. Wer keine Bildung genießt, hat keine Möglichkeit auf eine sichere Zukunft, was wieder in die Abwärtsspirale aus Aggression und Kriminalität führen kann. „In der Bockmühle gibt es viele Kinder, die aus sozial schwachen Familien kommen, was aber nicht heißt, dass sie ihr Leben lang in dieser Kategorie bleiben müssen“, so Julia Gajewski.
Wie zu sehen war, gibt es in Zukunft noch viel zu tun. Wichtig war den Repräsentanten an diesem Abend die Vermittlung, dass die Sicherheitslage in Essen bei weitem nicht so dramatisch ist, wie manche sie empfinden.
Übrigens: Der Bereich, in dem Angst generiert wird, nennt sich Amygdala. Dieser „Mandelkomplex“ als Teil des limbischen Systems spielt vor allem bei der Entstehung, Wiedererkennung und körperlichen Reaktion von Angst eine Rolle. Alleine das bloße Beobachten und Nachempfinden von Angst einer anderen Person kann ausreichen, diese fremde Angst zu übernehmen! Auch wenn diese völlig unbegründet ist.
Autor:Kathrin Hinterschwepfinger aus Essen-West |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.