Ein Paradebeispiel für Bionik
Von der Großen Klette zum Klettverschluss
Es war ein Schweizer,auf den die Erfindung des Klettverschlusses zurückgeht. Schweizer können offensichtlich nicht nur hochwertige Armbanduhren, Ricola Kräuterbonbons und Appenzeller Käse, wie uns die Werbung suggerieren möchte . Der Ingenieur und Erfinder Georges de Mestral interessierte sich im Jahre 1941 eingehender für die Kletten, die im Fell seines Jagdhundes hängengeblieben waren und untersuchte sie unter dem Mikroskop.
Bis zum Jahre 1951 entwickelte er danach den ersten Klettverschluss aus Kunststoff und ließ ihn sich patentieren. Er nannte ihn Velcro (nach Velour und Crochet; also Samt und Häkchen).
Heute sitzt seine Firma in den USA, beschäftigt 3000 Mitarbeiter und macht einen jährlichen Umsatz von 250 Millionen Dollar. Aus unserem Alltag sind Klettverschlüsse nicht mehr wegzudenken. Man setzt sie u.a. an Turnschuhen, Jacken, Geldbörsen oder beim variablen Einrichten der Trennungsfächer meines Fotorucksacks (Foto) ein .
Der Klettverschluss ist im Grunde ein Musterbeispiel für Bionik, also die Entwicklung technischer Errungenschaften auf der Grundlage biologischer Vorbilder- oder platter: eine direkte Kopie der Natur.
Da auch unser Hund mir einige Kletten "brachte", konnte ich sie zu Hause genauer betrachten. Die kugelförmige Klette ist botanisch betrachtet ein Fruchtstand. Die Samen befinden sich im Inneren der Klette. Nach außen sieht man im Mikroskop winzige Häkchen, mit denen die Klette im Fell vorbeilaufender Tiere "festklebt" und diese als kostenloses Samentaxi benutzt, um die Pflanze weiter zu verbreiten, da die Kletten irgendwann abfallen oder abgestreift werden. Die Häkchen sind übrigens umgewandelte Hochblätter.
Bewegt man die beiden Teile eines Klettverschlusses senkrecht zueinander, lassen sie sich mit geringem Kraftaufwand lösen.Bewegt man sie in einer Scherbewegung, ist dies ungleich schwieriger. Genau das gilt auch für Tiere, die schräg an einer Großen Klette vorbeilaufen und sich dabei einen Fruchtstand "einfangen".
Man sieht auf dem vergrößerten Klettverschluss aus meinem Fotorucksack, dass dieser "nur" aus ins Nylongewebe eingearbeiteten Häkchen besteht, die auf dem Foto in Aufsicht zu sehen sind.
Ein Klettverschluss besteht aus zwei Nylonstreifen. In einem der beiden sind Häkchen eingearbeitet , der gegenüberliegende besitzt ungefähr 15 mal so viel Häkchen (Schlaufen) auf der Oberseite. Zusammengepresst ergeben sie den praktischen Schnellverschluss.
Aber da wir als Schulkinder die Kletten immer nur auf die Klamotten oder in die Haare unserer Schulfreund*innen geworfen haben und uns keine Gedanken um den praktischen Nutzen dieses genial einfachen Anhaftungsmechanismus gemacht haben, sind wir eben keine Multi-Millionäre wie Georges de Mestral geworden. :-))
Dabei schätzte schon Karl der Große im 9.Jahrhundert die Klette als Heil- und Gemüsepflanze und ließ sie in seiner Landgüterverordnung als Nutzpflanze anbauen. Als Gemüsepflanze ist die Klette inzwischen weitgehend vergessen. Im Klettverschluss lebt sie weiter.
Literatur:
Adrian Möhl: Deutschlands Flora amabilis- 100 Pflanzen, die Sie kennen sollten , Bern 2018
Autor:Bernd Dröse aus Essen-West |
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