Europareservat Rieselfelder Münster
Von der Abwasserentsorgung zum Vogelparadies
Was wäre 1975 aus den ehemaligen Rieselfeldern der Stadt Münster geworden, wenn sich damals die falschen Kommunalpolitiker/innen durchgesetzt hätten? Ein Großteil des Gebietes war nach dem Bau einer neuen Großkläranlage bereits trockengelegt und man plante auf dem Areal ein Industriegebiet. Selbst über ein Kernkraftwerk an gleicher Stelle wurde nachgedacht. Eine Bürgerinitiative lief gegen diese Pläne Sturm und das Land NRW pachtete zum Glück einen Großteil des Geländes von der Stadt Münster.
Weitere bereits trockengelegte Flächen wurden unter der Regie der Biologischen Station in Feuchtgebiete zurückverwandelt, der Grundwasserspegel wurde erhöht und die ehemaligen Rieselfelder wurden mit gereinigtem Wasser der Kläranlage Münster bewässert. Entstanden ist ein vielfältiges Lebensraummosaik mit einem großen See, vielen Still- und Fließgewässern, Schlamm- und Flachwasserbereichen, Wäldchen, Heideflächen und Streuobstwiesen, in dem ganzjährig 130 Vogelarten Rast- und Überwinterungsmöglichkeiten sowie Brutreviere finden. 1978 wurden die Rieselfelder als Europareservat und 1983 als Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung (von denen es nur 34 in Deutschland gibt) ausgezeichnet.
Auf der Liste der dort anzutreffenden Arten stehen so seltene Vögel wie die Rohrweihe, der Teichrohrsänger, die Rohrammer, der Rohrschwirl , der Kampfläufer und viele mehr. Viele voll besetzte Horste und das Geklapper zeigen, dass auch Weißstörche sich hier wohl fühlen.
Auf handgemalten (!) Infotafeln kann man sich über die einzelnen Lebensräume und Bewohner sowie über ökologische Zusammenhänge informieren, so dass das Naturschutzgebiet nicht nur für Erholungssuchende aus dem Großraum Münster, sondern auch für (Hobby)Ornitholog(inn)en, aus einem weiten Umkreis ein Besuchermagnet ist.
Anhand einer rekonstruierten Rieselfeldparzelle und eines Rieselwärterhäuschens können Interessierte nachvollziehen, wie zwischen 1901 und den 60er Jahren die Abwässer der Stadt Münster entsorgt und gleichzeitig dazu genutzt wurden, Felder zu düngen.
Beobachtungshütten, Lehrpfade und ein12 Meter hoher Aussichtsturm laden zum Beobachten der Tier- und Pflanzenwelt ein.
Die Eindrücke sind so vielgestaltig, dass man sich für den Besuch einen ganzen Tag Zeit nehmen sollte.
Die etwas weitere Anfahrt - von Essen aus sind es ca. 100 km - wird durch einmalige Eindrücke belohnt.
Leider ist dieses Vogelparadies aber auch heute noch nicht frei von Bedrohungen. Zur Zeit wird untersucht, wie sich das Mikroplastik in dem gereinigten(!) Wasser für die Bewässerung auf die wirbellosen Tiere auswirkt. Auch die Geflügelpest und der Ausbau der Windenergieanlagen als Gefahr für die Greifvögel, wie den Rotmilan, ist zur Zeit ein Thema.
Autor:Bernd Dröse aus Essen-West |
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