Türkentaube
Über das Scheitern einer Prognose
![](https://media04.lokalkompass.de/article/2020/12/04/5/11520395_L.jpg?1607073994)
- hochgeladen von Bernd Dröse
"Prognosen sind schwierig, bersonders wenn sie die Zukunft betreffen."
Im Moment hat dieser Spruch bei vielen Politikern Hochkonjunktur, weil sie ihre Fehlprognosen bezüglich der Pandemieentwicklung originell rechtfertigen wollen. Das Zitat von K.Tucholsky (oder M.Twain oder W. Churchill?) ist dabei zur Floskel verkommen.
Auch in der Ornithologie lagen renommierte Forscher und Vogelkenner mit ihren Prognosen von Bestandsentwicklungen manchmal reichlich daneben. So auch Prof. G. Niethammer, der 1973 voraussagte:" Obwohl die Türkentaube sich bei uns erst in jüngster Zeit niedergelassen hat, ist sie auf dem besten Weg, die verbreitetste Vogelart zu werden."
Offensichtlich hat Niethammer sich von der stürmischen Verbreitung der Taube von KleInasien bis an die Nordsee in nur 60 Jahren blenden lasssen und ist davon ausgegangen, dass dem in absehbarer Zeit keine Hindernisse im Wege stehen.
Doch die rasante Entwicklung der Türkentaubenpopulationen ist längst gestoppt , z.T. sogar rückläufig mit lokalen Bestandseinbrüchen. Insgesamt sind die Bestände seit den 90er Jahren um 40% zurückgegangen.
In vielen Bundesländern darf die Taube ganzjährig bejagt werden. Im städtischen Bereich werden mit den Straßentauben oft auch die Türkentauben getötet.
Vor allem aber war zu Niethammers Zeiten die Freilandhaltung von Hühnern und Gänsen oft noch die Regel. Spätestens seit der Vogelgrippe ist das jedoch die Ausnahme und die Türkentaube kann nicht mehr von den offenen Futterstellen bei der Kleintierhaltung profitieren.
Oft wird die kleine schlanke Taube mit dem markanten Halsring auch als "großer Sperling" bezeichnet, weil sie eine vergleichbare ökologische Nische wie dieser besetzt Dies führt da, wo es noch reichlich Haussperlinge gibt, zu Konkurrenzsituationen. Auch der Straßentaube ist die Türkentaube im Kampf um Ressourcen meist unterlegen.
Es gibt also eine Reihe von - oft unvorhersehbaren- Faktoren, die man bei Prognosen berücksichtigen muss. Deshalb sollte man mit der unreflektierten Übernahme der meisten (übereilten) Vorhersagen vorsichtig sein. Oft haben sie nur das eine Ziel: Menschen zu manipulieren.
Tatsache ist, dass mir die Türkentaube im Essener Westen bisher nur auf der Freifläche um die Christuskirche bzw. auf den angrenzenden Dächern, Laternen und Antennen begegnet ist. Von wegen häufigste Vogelart!!
Über die interessante Ausbreitungsgeschichte der Türkentaube habe ich bereits in einem meiner ersten Beiträge im Lokalkompass berichtet: hier der Link.
Autor:Bernd Dröse aus Essen-West |
4 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.