Die faszinierende Welt der Blattläuse
Schädling oder Honigkuh?
Zugegeben! Zu meinen besten Gartenfreunden werden sie wohl nie gehören. Aber je weiter man in die faszinierende Welt der Blattläuse eintaucht, desto mehr Geheimnisse offenbaren sie einem.
Entdeckt man sie im heimischen Garten, geraten viele Gärtner/innen in Panik. Denn die Gefahr, die von ihnen ausgeht, ist ja offensichtlich. An befallenen Pflanzen kräuseln sich oft die Blätter, die befallenen Teile verfärben sich und es kann sogar Kümmerwuchs auftreten, zumal die 1-7 mm großen Pflanzensaftsauger auch gefährliche Pflanzenviren übertragen können. Im 19. Jahrhundert hat die aus Amerika eingeschleppte Reblaus fast den gesamten Weinbau in Europa zum Erliegen gebracht.
Eh man jedoch die große Chemokeule herausholt, sollte man von Läusen befallene Pflanzen mit einem scharfen Wasserstrahl und / oder (Seifen)laugen behandeln. Auch gibt es zahlreiche Möglichkeiten, deren ärgste Feinde, die Marienkäfer, zu fördern. Das beste Mittel gegen Blattläuse ist jedoch eine zurückhaltende Düngung, da die Läuse sich von niedermolekularen Stickstoffverbindungen (Aminosäuren) in den Pflanzensäften ernähren.
Aber da eine Blattlausart nur eine bzw. ganz wenige Wirtspflanzen befällt, dürfte sich der Schaden im heimischen Garten in Grenzen halten. Es gibt nämlich nicht die Blattlaus, sondern in Europa ca. 800 verschiedene Arten, die meist nach ihren Wirtspflanzen benannt werden, z.B. Schneeballblattlaus, Pfirsichblattlaus etc..
Die Gartenquälgeister haben aber nicht nur Feinde. Ihnen verdanken wir z.B. den Waldhonig. Die Bienen sammeln nämlich nicht nur Nektar, sondern auch die Ausscheidungen einiger Lausarten. Läuse benötigen aus dem Pflanzensaft nämlich in erster Linie die Aminosäuren und scheiden die Kohlenhydrate als zuckerhaltigen Honigtau aus. Auch Ameisen schätzen die süßen Ausscheidungen und "bewirtschaften" und verteidigen ihre 'Honigkühe', die ihrerseits von den Ameisen abhängig sind, weil sie durch die klebrigen Zucker unbeweglich würden, wenn ihnen keiner das Hinterteil abwischt. :-))
Am fesselndsten finde ich jedoch die Fortpflanzungsstrategien der Blattläuse. Die erste Generation der Blattläuse im neuen Jahr schlüpft immer aus Eiern. Es sind ausschließlich Weibchen, die sich ihrerseits jungfräulich, das heißt ohne Befruchtung durch Männchen, fortpflanzen und täglich 5 Klonen ihrer selbst das Leben schenken, die alle nicht aus Eiern schlüpfen, sondern lebend geboren werden. Durch diese ungeschlechtliche Fortpflanzung erklärt sich die Massenvermehrung der Blattläuse. Nach bis zu 40 ungeschlechtlichen Generationen entstehen im Herbst geflügelte und sich geschlechtlich fortpflanzende Tiere, unter denen es dann natürlich auch Männchen gibt.
Und wie kommt es dann, dass ich Ende Mai unter dem Mikroskop neben den unbeflügelten auch geflügelte Exemplare vorfand?
Erst 2005 entdeckte man, dass Blattläuse auch dann eine beflügelte und sich sexuell fortpflanzende Generation hervorbringen, wenn sie, z.B. durch Marienkäfer, angegriffen werden. Sie bilden dann ein Pheromon, das quasi einen Schalter umlegt, und so Tiere hervorbringt, die neben dem Generations- auch einen Wirtswechsel (und damit Ortswechsel) vornehmen können.
Viele weitere Geheimnisse im Leben der unscheinbaren Blattläuse sind noch offen. Sie haben es nicht verdient, neben den Schmetterlingen und Käfern ein Schattendasein im Reich der Insekten zu führen.
Autor:Bernd Dröse aus Essen-West |
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