Beispiel Kö-Bogen II (Düsseldorf)
Nachhaltiger Städtebau in Zeiten des Klimawandels
Seid ihr bei den hohen Temperaturen der letzten Wochen einmal in einer Innenstadt gewesen? In diesen schwülen und heißen Sommertagen fühlte sich das in unseren versiegelten Stadtkernen oft äußerst unangenehm an. Dass es auch anders geht, zeigt uns die neue Grüne Mitte in der Landeshauptstadt Düsseldorf schon seit 2020. Für alt eingesessene Düsseldorfer wahrscheinlich ein alter Hut. Für viele, die die größte Grünfassade Europas "Am Köbogen 2" noch nicht gesehen haben, ein architektonischer Blick in die Zukukunft und ein neues Innenstadterlebnis.
Alleine die Zahlen sind mehr als beeindruckend. Rund 30 000 junge Hainbuchen reihen sich an den Schrägmauern und dem Dach zu einer insgesamt 8 Kilometer langen Hecke auf, die das Mikroklima in der City spürbar beeinflusst. Die Bepflanzung entspricht größenmäßig der Fläche von 4 Fußballfeldern. Sie sorgt dafür, dass die 24 000 m2 Ladenflächen und 5500 m2 Büroflächen nachhaltig vor den Hitzeeinwirkungen unserer Sommer geschützt sind. Die Hecken entsprechen dem ökologischen Wert von 80 ausgewachsenen Bäumen und sorgen für saubere Luft und Kühlung.Sie garantieren, dass die Fassade an Tagen intensiver Sonneneinstrahlung nicht auf Temperaturen bis 70 Grad Celsius aufgeheitzt wird wie bei den benachbarten Glas- und Betonbauten. Die Pflanzen wirken also als riesiger Hitzepuffer und machen energieintensive Kühlsysteme, die ihrerseits wieder Wärme erzeugen,weitgehend überflüssig.
Die ausgewählten heimischen Hainbuchen eignen sich, weil sie robust und resilient sind. Jedes Buchenblatt entzieht der Umgebung Kohlendioxid, produziert Sauerstoff, bindet Feinstaub und gibt das über die Wurzeln aufgenommene Wasser an die Umgebung ab. Es sorgt so für einen Kühlungseffekt in der Umgebung.
Das Ganze hat natürlich seinen Preis. 600 Mio. Euro hat der durch ein Investorenprojekt finanzierte Gebäudekomplex gekostet. Geplant wurde er von 'ingenhoven architects'. Für die Realisierung der Grünfassade sorgten die Arbeitsgemeinschaft ArGe-Carpinus Kö-Bogen II mit den Fachfirmen Leonhards/Wuppertal und Benning/Havixbeck im Team. Sie sorgen auch dafür, dass die Hainbuchenhecke durch eine Bewässerungsanlage ganzjährig bedarfsgerecht mit Wasser und Nährstoffen versorgt und 2-3 mal jährlich zurückgeschnitten wird. Die Fachfirmen stützten sich dabei auf eine in mehreren Forschungsjahren entstandene Expertise der Beuth-Hochschule Berlin.
Eine Bepflanzung einer Fassade dürfte, so denkt man, keine große Schwierigkeit sein. Sie über Jahrzehnte praktikabel und kostengünstig zu erhalten, setzt allerdings eine Menge Know How voraus.
Was uns heute noch als ein futuristisches "urbanes Grünwunder" und als ein "riesiger Energiewandler" anmutet, ist in Wirklichkeit zeitgemäß. Denn wie wir in den letzten Sommern am eigenen Leib erfahren hmussten, ist der Klimawandel längst Gegenwart. Die Durchschnittstemperaturen dieses Sommers liegen noch einmal 0,7 Grad über dem Mittel der letzten heißen Sommerjahre. Noch ist der Köbogen ein Pilotprojekt. In den versiegelten Betonwüsten unserer Cities dominieren immer noch die Hitzefronten der Wärme abstrahlenden Fassaden über die wenigen Schatten und Kühlung spendenden Grünflächen in den Innenstadtlagen. Wenn man die Innenstädte attraktiver gestalten will, gehört der Klimaaspekt unbedingt stärker berücksichtigt, damit die Menschen sich dort wohl fühlen - denn Klimawandel ist heute.
Autor:Bernd Dröse aus Essen-West |
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