Fortpflanzungsverhalten der Stockenten
MAKE LOVE - NOT WAR !!
Sexualität und Aggression sind im Tierreich meist zwei Seiten der gleichen Medaille, die im Verhaltensrepertoire oft zueinander gehören. Schon der Konrad Lorenz Schüler Irenäus Eibl-Eibesfeldt beschrieb 1985 in seinem Buch "Liebe und Hass" an zahlreichen Beispielen die Naturgeschichte dieser elementaren Verhaltensweisen.
Als ich ein Stockentenpaar an der Ruhr beobachtete, das sich paarte, wurde deutlich, wie eng Sexualität und Aggression bei vielen Tieren miteinander verwoben sein können. Die beigefügte Bilderserie dokumentiert das Beobachtete.
Im Handbuch der Vögel Mitteleuropas (Vd. 2, S.428f.) wird die Kopulation der Stockenten wie folgt beschrieben:
".. Beide steigern sich alternierend in immer raschere und längere Pumpserien bis sich die Ente flach hinduckt. Der Erpel klettert auf ihren Rücken, packt sie mit dem Schnabel am Hinterkopf, preßt seinen abwärts gekrümmten Schwanz seitlich an den aufwärts gerichteten Schwanz der Ente und vollzieht unter rhythmischen Seitwärtsbewegungen schließlich die Begattung. "
Wird man selbst Augenzeuge dieses Begattungsaktes, macht man sich unwillkürlich Sorgen um das Entenweibchen. Das Ganze sieht so rabiat aus, dass man denkt, es könnte ertrinken, weil die Ente vom Erpel dabei ganz unter die Wasseroberfläche gedrückt wird. Oft ist es aber das Weibchen, das den Erpel zur Kopulation animiert. Dem Fortpflanzungsakt gehen in der Regel zahlreiche Balzhandlungen voraus, die bei Stockenten sehr kompliziert verflochten sein können.
Bei unverpaarten Enten findet bereits im Herbst eine Gemeinschaftsbalz statt (die sogenannten "Gesellschaftsspiele"), bei denen die Weibchen nur Zuschauerinnen sind, während die Erpel viele Balzbewegungen zeigen, die bei den einzelnen Schwimmentenarten so charakteristisch voneinander abweichen, dass ein Vergleich sogar die Rekonstruktion des Schwimmentenstammbaums zulässt.
Am Ende der Gemeinschaftsbalz steht oft die sogenennte "Verlobung" der Paare.
Bereits verpaarte Stockenten kopulieren dagegen bereits im Herbst und Winter täglich. Über den Sinn dieser Begattungen kann man nur spekulieren, denn zu diesem Zeitpunkt befinden sich die Keimdrüsen noch in einem Ruhezustand.
Das von mir beobachtete Entenpaar war vermutlich schon verpaart, denn es sonderte sich zur Kopulation deutlich von den übrigen Stockenten ab. Die Paare erkennt man auch daran, dass sie meist zusammen bleiben, einander folgen und der Erpel andere Männchen, die sich ihnen zu sehr nähern, erbittert verfolgt (s. vorletztes Bild).
So fürsorglich das auch scheinen mag, bestehen die Enten für den Rest des Jahres nur noch aus Mutterfamilien. Der Erpel bewacht zwar das Nest noch eine Zeit. Groß gezogen werden die 10-12 Küken danach ausschließlich von der Mutter, die sich dabei auf ihr gutes Tarngefieder verlassen muss, mit dem sie im Uferdickicht meist nur schwer zu entdecken ist (letztes Foto).
Die Tatsache, dass das Fortpflanzungsverhalten der Stockenten im oben zitierten Handbuch über 10 Seiten beschrieben wird, zeigt, dass die Verhältnisse meist noch viel komplexer sind, als ich sie hier zusammengefasst darstellen konnte.
Auf jeden Fall lohnt es sich, an einem Gewässer einmal länger zu verweilen, um unsere häufigste Schwimmentenart genauer zu beobachten. Langweilig wird es dabei bestimmt nicht.
Jeden Tag wird uns durch die Nachrichten vor Augen geführt, dass der Slogan "Make love- not war" in den 60ern wohl zu optimistisch war. Aggression scheint leider auch zum Wesen der Menschen zu gehören.
Autor:Bernd Dröse aus Essen-West |
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