Das Ende einer Orchideenwiese
Lautlose Invasion
Im Mai dieses Jahres blühten , gut versteckt, abseits des Wanderweges "Junger Schlag", einige schöne Exemplare des Gefleckten Knabenkrautes und animierten mich zu dem Beitrag"Bodyguards und Schutzgelder", in dem es um die Symbiose zwischen Ameisen und Orchideen geht.
Allerdings zeigten Vergleichsbilder aus dem Archiv, dass die Bestandsdichte des Knabenkrautes gegenüber 2022 stark abgenommen hatte. Ich erklärte mir dies zunächst mit dem um einen Monat früheren Aufnahmezeitpunkt. Die wahre Ursache der Bestandsabnahme wurde mir allerdings erst jetzt im Herbst klar, als ich die Wiese aus einer anderen Richtung anlief.
Etwa einhundert Meter gegenüber der Wiese stieß ich auf einige noch blühende Exemplare der Riesen-Goldrute (auch Späte Goldrute, Hohe Goldrute oder Stolzer Heinrich genannt), die für das vermutliche Ende der Orchideen an diesem Standort verantwortlich ist.Die meisten dieser Pflanzen hatten bereits ihren imposanten Fruchtstand ausgebildet (vgl. Titelbild). 15000 Flugfrüchte kann eine einzelne Pflanze ausbilden, die dann im nächsten Frühjahr keimen.Leider waren es aber keine einzeln stehenden Pflanzen, sondern die invasiven Goldruten hatten bereits ein riesiges Feld in Besitz genommen. Dieses reichte bis zum gegenüberliegenden Waldrand und hatte auch die Orchideenwiese überwachsen. Einmal gekeimt, ist die Goldrute kaum noch zu entfernen, denn sie vermehrt sich nicht nur über ihre Samen, sondern auch ungeschlechtlich über ihre Rhizome. die über 300 Sprosse pro Quadratmeter aufweisen können. Da bleibt wenig Platz für die ohnehin konkurrenzschwachen Knabenkräuter. Und mit dem Verschwinden der Orchideen werden auch die Tiere, die mit ihr in Symbiose leben oder sich mit ihr den gleichen Lebensraum teilen, verdrängt werden.
Da tröstet es wenig, dass die Goldrute im sonst blütenarmen Spätsommer zahlreichen Wildbienen, Tagfaltern und Schwebfliegen Nahrung bietet. Insgesamt wird das von der Goldrute besetzte Areal artenärmer sein als die Orchideenwiese.
Auch über die "Gefährdung von Lebensgemeinschaften durch eingeschleppte Pflanzen" hatte ich vor geraumer Zeit einmal berichtet. Es ist aber ein Unterschied, ob man Literatur über die Verdrängung einheimischer Flora und Fauna sichtet oder ob man den Schaden hautnah betrachtet und erlebt. Mit etwas Glück bin ich auch im nächsten Frühjahr wieder vor Ort und kann überprüfen, ob sich meine düsteren Befürchtungen bestätigt haben.
In ihrer alten Heimat, den USA und dem südlichen Kanada, hat die Goldrute, die als indianische Heil- und Färberpflanze gilt, 300 Fressfeinde, bei uns keinen einzigen. Stopp. Denn auch dazu ließ sich an dem von mir untersuchten Standort eine interessante Beobachtung machen. Wie die beigefügten Bilder belegen, rückt ausgerechnet eine andere invasive Art, die Afrikanische oder Grüne Reiswanze, ihr auf den Pelz bzw. Stängel , um ihre Pflanzensäfte zu saugen. Allerdings waren es nur wenige Wanzen, die ich beobachten konnte. Ich halte es auch für keine gute Idee, natürliche Feinde der Goldrute aus Nordamerika zu importieren. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass man sich damit nur das nächste ökologische Problem einhandelt.
Autor:Bernd Dröse aus Essen-West |
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