Waldgemeinschaft froher Mut
Das Schlafzimmer der Scherenbiene
Was machen Bienen eigentlich, wenn es regnet? --- Sie stellen sich unter. Was sonst?---Noch nie gesehen?--- Ich bisher auch nicht.
Und wenn die Pfirsichblättrigen Glockenblumen nicht an einem Felsen auf Augenhöhe geblüht hätten, wäre mir dieses Phänomen immer noch nur vom Hörensagen bekannt. So aber schauten mich die riesigen Facettenaugen der Wildbiene direkt an. Oder schlief sie etwa? Bei Bienen weiß man das nie so genau. Nur an den herabhängenden Fühlern kann man schlafende Bienen erkennen.
Stören ließ sich die Scherenbiene durch mich und meine Kamera jedenfalls nicht. Ich konnte mich ihr bis auf wenige Zentimeter nähern, ohne dass sie reißaus nahm. Sie schien wie gelähmt. Ich meine sogar, dass sie sich an der Griffelbürste der Blüte festgebissen hatte.
Die Glockenblume, nach der diese Wildbienenart benannt ist, weil sie sich bei der Nektar- und Pollensuche darauf spezialisiert hat, bietet ihr, bis auf eine Nistgelegenheit, alles, was sie benötigt. Auch einen sicheren Unterschlupf. In einer Schlechtwetterphase sogar für mehrere Tage.
Und regelmäßig übernachten auch einige Scherenbienen, bevorzugt Männchen, zusammen und suchen dort Nahrung und Schutz. Mit etwas Glück "kuscheln" dort nämlich mehrere Männchen gemeinsam am Blütenboden. Sie liegen dann wild verknäult neben- und übereinander.
Fünf Tage lang besuchte ich die schlafenden Bienen morgens gegen 7.00 Uhr an ihren Blüten. Nie wurde ich enttäuscht und fand jedes Mal ein schlafendes Bienchen. Und wie bei den Menschen scheint es unter den Bienen unterschiedliche Schlaftypen zu geben. Neben dem Rückenschläfer (trotz Flügeln) gibt es auch Seitenschläfer und Bienen die scheinbar verkehrt herum im Bett liegen.
Mich erinnerten die anrührenden Szenen aus dem Schlafzimmer der Scherenbiene an Hedi Hausers Kinderbuch "Waldgemeinschaft froher Mut" aus den 60ern, das noch irgendwo bei uns auf dem Dachboden auf die Wiederentdeckung wartet.
In diesem Buch haben alle kleinen und großen Tiere des Waldes einen Namen und sind dem menschlichen Verhalten und Aussehen nachempfunden. In der Kindheit konnte ich mich an den Abenteuern dieser kleinen Waldbewohner nicht sattsehen und -hören. Vielleicht ist es diese Erinnerung, die durch die schlafenden Scherenbienen getriggert wurde.
Autor:Bernd Dröse aus Essen-West |
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