Wenn selbst Goethe irrt
Anders sein ist das Erfolgskonzept des Efeu

Die Mistfliege wurde vom unangenehmen Geruch der Blüten angelockt.
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  • Die Mistfliege wurde vom unangenehmen Geruch der Blüten angelockt.
  • hochgeladen von Bernd Dröse

Im Oktober/ November  werfen die meisten Sträucher und Bäume ihre Blätter ab und bereiten sich so auf die kalte Jahreszeit vor, in der sie ansonsten zu viel Wasser verdunsten würden, das sie aus dem gefrorenen Boden nicht mehr ersetzen könnten. Ganz anders der Efeu. Er blüht erst  jetzt und bildet  auch zur Zeit noch neue Blätter aus. Das bietet mehrere Vorteile (s.u.) . Nicht nur an der Börse kann demnach antzyklisches Verhalten den Erfolg bringen.

 Dass er bei gefrorenem Boden nicht verdurstet, verdankt der immergrüne Efeu seinen dicken, fast lederartigen Blättern, über die kaum Wasser passiv verdunstet wird. Die drei- bis fünflappigen Blätter greifen in die Buchten der benachbarten Blätter und bilden so ein dichtes Mosaik, so dass der Efeu das wenige Licht, das er im Halbschatten abbekommt, optimal nutzen kann.  Die "Träufelspitze" dieser Blätter erinnert noch an die Herkunft des Efeus, dessen Ursprung sich bis in die Tropenwälder des Tertiärs zurückverfolgen lässt.  In den feucht-warmen  Tropenwäldern leben noch heute  die meisten seiner Verwandten. Über die Blattspitzen können sie  überschüssiges Wasser schnell abfließen lassen.
Selbst die späte Blütezeit erweist sich für die Kletterpflanze als gewaltiger Vorteil. Alles was 4 Flügel und 6 Beine hat und sich noch nicht zur Winterruhe zurückgezogen hat,  trifft sich zur Zeit auf den Dolden des Efeus, der in den unscheinbaren völlig offenen Blüten noch reichlich Pollen und Nektar bietet.
Der Efeu investiert nicht in den Aufbau großer bunter Blütenblütenblätter, um Insekten anzulocken,  sondern zieht sie durch die großen   Blütenstände an, die für uns recht unangenehm riechen.
Darauf stehen nicht nur die Fliegen.
Auch sonst fährt der Efeu gänzlich andere Konzepte als andere Pflanzen. Er spart sich Material und Energie für den Aufbau dicker Stämme, um seine Blätter ans Licht zu bringen. Stattdessen "leiht" er sich die Stützelemente anderer Gewächse und klettert mit feinen Kletterwurzeln von ca. 8mm an ihnen hoch.
Dies hat ihm den Ruf eines Schmarotzers und Parasiten eingebracht, was aber nicht stimmt. Denn anders als echte Parasiten versenkt er seine Wurzeln nicht in die Leitungsbahnen der Bäume, sondern erklimmt sie lediglich. Allerdings kann er ihnen indirekt durch die Blattbeschattung und sein Gesamtgewicht schaden, was ältere und schwache Bäume in Einzelfällen zu Fall bringen kann.
Ansonsten sind Efeupflanzen an Bäumen und Mauerwerken ökologisch recht wertvoll.
Sie bilden artenreiche Kleinbiotope.  Für Insekten  bieten sie im Spätherbst den letzten Nektar und Pollen, wo Insekten sind, lauern auch Spinnen, Vögel wie Amsel, Drossel und Stare ernähren sich von seinen  Beeren und Kleinvögel finden in seinem Astwerk im Frühjahr Brutmöglichkeiten.
Auch ihr schlechtes Image als Gefahr für die Substanz von Mauerwerk ist unberechtigt.
An Gebäuden wirken Efeuranken wärmeisolierend, schützen poröses Gestein alter Gebäude vor Witterungseinflüssen und entziehen den Grundmauern schädigende Feuchtigkeit.

Bei so vielen Irrtümern darf dann auch einmal Goethe mit seiner Einschätzung der Pflanze daneben liegen.Er hat gedichtet:

Efeu ist ein zärtlich Gemüt,
Heftet sich an und grünt und blüht;
Kann es weder Stamm noch Mauer finden,
Muss es verdorren, muss es verschwinden.

Die Wahrheit ist: Der Efeu besitzt auch echte Wurzeln im Boden, die ihn mit Wasser und Nährstoffen versorgen. Die Kletterwurzeln dienen nicht der Ernährung und Wasserversorgung,  sondern nur der Anheftung. Efeu kann auch ohne Baum oder Mauer als Bodendecker existieren.
Anders sein ist in.

Autor:

Bernd Dröse aus Essen-West

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