Wieso geht der Kuchen auf?
Von wegen Frauen und Technik. Dass das wunderbar zusammen geht und Mädchen auch Spass an Themen wie Chemie, Physik oder Biologie haben können beweisen die Clever Girls um Lydia Kellermanns, Projektleiterin und Leiterin der Mädchenabteilung, und Conni Dietrich, Ideengeberin und Workshopleiterin, im Aposteljugendhaus in Essen. Einmal wöchentlich trifft man sich hier, um naturwissenschaftlichen Fragen nachzugehen.
Heute auf dem Programm: Ein Schoko-Sahne-Kuchen mit Sahne und Marshmallow-Creme. Was sich aber nach einer schnöden Backstunde anhört, ist in Wahrheit ein chemisches Experiment, das sich um die Frage dreht, was denn passiert, wenn der Teig im Ofen aufgeht. Dafür nehme man zunächst sieben Mädchen, einen großen Tisch, eine Tafel und eine handvoll Ideen. Auf die Frage, was denn vermutet wird, was den Teig zum Aufgehen bringt, sammelt Conni Dietrich, Ideengeberin des Projekts zunächst einmal alle Vorschläge der Mädels. Ein Vorschlag ist, dass die Hitze den Teig aufgehen lässt. Ein anderer meint, dass, weil im Teig Wasser ist, dieses durch die Hitze verdunstet und deshalb der Teig aufgeht. Die dritte Wortmeldung schlägt vor, dass aufgrund des Backpulvers, das dem Teig beigemischt wird, der Kuchen so schön fluffig wird. Welcher der Vorschläge nun der Richtige ist, soll am Ende durch das Backexperiment herausgefunden werden.
„Das ganze Projekt ist insgesamt auf ein Jahr ausgelegt. Welche Themen dabei behandelt werden, ist stark von den Mädchen abhängig. Sie haben gesagt, was sie interessiert und daran habe ich mich orientiert“, so die Workshopleiterin weiter. „Denn es macht wenig Sinn, etwas zu machen, woran die Mädchen keinen Spass haben. Auf diese Weise haben wir uns an ein Thema herangewagt, von dem man denkt, dass es nur Jungs interessiert. Natürlich darf backen, kochen und schminken nicht fehlen, aber das kann man wunderbar auf einer naturwissenschaftlichen Basis bearbeiten.“
Auf diese Weise soll Wissen aufgebaut werden, das die Mädchen mitnehmen und das sie in Situationen außerhalb des Aposteljugendhauses vielleicht wieder verwenden können. Jede geplante Projekteinheit beschäftigt sich auf diese Weise mit einem naturwissenschaftlichen Gebiet. Im Themenbereich Chemie geht es zum Beispiel um Gerinnung (Wieso wird das Ei in der Pfanne hart?), Temperatur (Wie wird aus einem flüssigen Teig etwas Festes?) oder Säuren (Wo liegt der Unterschied zwischen Rotkohl und Blaukraut?). Im Themenbereich Biologie befasst man sich mit dem eigenen Körper (Was ist Kosmetik?) und Nährstoffen (Wodurch wachsen Pflanzen?).
„Der Ablauf ist fast immer der selbe. Zuerst setzen wir uns zusammen und diskutieren den theoretischen Teil. Um dann herauszufinden, ob wir recht haben, experimentieren wir im praktischen Teil herum“, meint Sultan (10). „Ich bin schon länger hier und es macht mir sehr viel Spass. In der Schule finde ich Mathe richtig toll und vielleicht kann ich später etwas mit Medizin machen.“
Währenddessen ist auch das Backen voran geschritten. Das Mehl, der Zucker und die Butter sind abgewogen, die Eier getrennt und die Schokolade ist in der Mikrowelle geschmolzen. Jetzt noch alles in die Kuchenform geben und ab in den Ofen. Weil es in der Wartezeit natürlich nicht langweilig werden darf, demonstriert Dietrich anhand einer Kerze, eines Glases und einem Schluck Wasser, wieso denn der Teig nun im Ofen nach oben geht. Hierfür schüttet sie Backpulver in das Wasser und lässt die Mädchen beobachten, was passiert. Zu sehen ist deutlich, dass das Wasser-Backpulver-Gemisch anfängt zu sprudeln und beginnt, sich unter Hitzezufuhr auszubreiten. Flüssigkeitszufuhr und der Backvorgang sorgen also dafür, dass Kohlenstoffdioxid entsteht und es bilden sich viele kleine Poren, die eine sichtbare Volumenvergrößerung des Teiges bewirken. Kurz: Der Teig geht auf.
An diesem Punkt ist das Experiment abgeschlossen und jetzt heißt es: Auf den Kuchen, fertig, los. Mit Sahne, Marschmallow-Creme und Schokoladenstreusel schmeckt so ein Schokoladenkuchen doch immer noch am besten.
„Es macht uns Freude, wenn wir sehen, dass die Mädels Spass haben. Und das ist die Hauptsache, denn ohne dem müssen wir gar nicht erst anfangen. Und da soll nochmal jemand sagen, dass Frauen und Technik nicht zusammen passen“, schließt Lydia Kellermanns.
Autor:Kathrin Hinterschwepfinger aus Essen-West |
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