Ein starker Freund aus der Kindheit
Mythos Mecki- Der berühmteste Igel Deutschlands
Jeden Freitag findet bei uns morgens das gleiche Ritual statt. Sobald ich mit den Brötchen, der Tages- und der Fernsehzeitung zu Hause eintreffe, wird die "Mecki-Seite" noch vor dem Frühstück und der Zeitungslektüre aus der Hörzu herausgetrennt und gelesen, ehe sie ins Arbeitszimmer gebracht wird, wo es einen Mecki-Sammelordner gibt, in dem sich die zahlreichen Abenteuer des stacheligen Gesellen aus den letzten 10 Jahre stapeln.
Meine Mecki-Macke ist aber schon viel älter. Zusammen mit dem Teddy waren Mecki und ich in meinen ersten Lebensjahren unzertrennlich.
Leider hat der Steiffigel meine Zuneigung nicht überlebt. Seine Nase diente mir lange als Schnullerersatz bis sie abgekaut war und später wurde das Kuscheltier im Kinderzimmer als Wurfgeschoss auf meine Geschwister missbraucht, was ihm den Rest gab.
Heute bereue ich es natürlich, dass es den Ur-Mecki im Gegensatz zum Ur-Teddy nicht mehr gibt. Dank einer bekannten Versteigerungsplattform kam ich jedoch an Ersatz. Und auch die Geschichten, die mir meine Oma vorgelesen hat, bekommt man heute noch im Original oder als Nachdruck problemlos.
Mecki ist jedoch weit mehr als ein Stück Nostalgie aus den 50er/60er Jahren. Er ist ein starkes Stück Geschichte der Bundesrepublik, das im Bekanntheitsgrad und an Beliebtheit sicher manche(n) Politiker/in , Schauspieler/in oder Sänger/in aus jener Zeit übertreffen dürfte. Im Bonner Haus der Geschichte hat man ihm deshalb eine eigene Ecke gewidmet.
Er ist auch weit mehr als das damalige Maskottchen und Erkennungszeichen der Hörzu, wo er seit 1949 bis heute ohne Unterbrechung seinen wöchentlichen Auftritt hat. Wenn es das Wort damals gegeben hätte, träfe der Begriff Merchandise-Figur als Artikelbezeichnung wohl am ehesten zu. Die Firmen Steiff und Goebel sicherten sich neben der Hörzu die Vermarktungsrechte.
Doch was macht den Mecki trotz seiner eher biederen Erscheinung bis heute so beliebt?
Sein Bäuchlein und seine altmodische Kleidung entsprechen so gar nicht dem Zeitgeschmack. Aber Mecki ist clever.
Der Ursprung der Figur liegt wahrscheinlich im Märchen vom Hasen und dem Igel der Gebrüder Grimm aus dem Jahre 1843, wo der Igel, der schon dort für den kleinen bodenständigen Mann steht, den vornehmen und hochnäsigen Hasen zusammen mit seiner Frau überlistet.
Auch wenn man die Themen um den Mecki in den Comicerzählungen stets der Zeit anzupassen versuchte, ist er bis in die Gegenwart der ruhige und unerschrockene Optimist, der nie um eine kluge Lösung bei den Abenteuern , die er zu bestehen hat, verlegen ist.
Ich bin voll bei Thomas Senne , wenn er behauptet, dass Mecki die Souverenität und Ruhe ausstrahlt, die heute in der Politik abhanden gekommen ist. (Anm.: Weil viele Politiker/innen Meckis Sicht des kleinen Mannes nicht mehr nachvollziehen können/wollen.)
Auf der anderen Seite sollte man Meckis Abenteuer nicht nur als humorvolle Unterhaltung abtun.
Gerade die älteren Mecki-Geschichten müssen als als ein Stück Zeitgeschichte rezipiert werden. "Diese starke Zeitbezogenheit ist es dann auch, die eine „naive“ Lektüre unmöglich macht. Unsere Einstellungen zu fremden Kulturen, ethnischen Fragen haben sich ebenso gewandelt wie unsere Sicht auf Geschlechterrollen, sozialen Hierarchien etc. Im Abstand von 60 oder 50 Jahren merken wir, wie fremd uns die Generationen unserer Eltern und Großeltern geworden sind." (Wikipedia)
Und wenn ich heute das ehemalige Kuscheltier aus meiner Kindheit an seinem Platz in meinem Bücherregal anschaue, müssen wir beide grinsen, in dem Wissen, dass wir uns seit der frühesten Kindheit nie wirklich getrennt haben.
Nachtrag:
Gerade habe ich in der neuesten Hörzu gelesen, dass ein neuer Zeichner (Sascha Wüstefeld) für Meckis nächsten Lebensabschnitt verantwortlich sein wird.Einiges soll sich mal wieder ändern.
Hauptsache Mecki bleibt der Alte und seinem Erfolgsgeheimnis treu:
"Immer neugierig zu sein auf alles, immer frisch zu denken. Jung zu bleiben und sich selber treu," (Hörzu vom 28.1.2022)
Autor:Bernd Dröse aus Essen-West |
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