Slogan auf dem Dach des Handelshofs abgebaut
Essen- eine Stadt auf der Suche nach ihrer Identität ?

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So seltsam hat die Stadt Essen ihre Gäste in den letzten Jahrzehnten noch nie begrüßt. Seit dem 3. Dezember 1950 leuchtete den in- und auswärtigen Besucher*innen 72 Jahre lang vom Hotel Handelshof der Schriftzug " Essen-  Die Einkaufsstadt" entgegen, wenn sie aus dem Hauptbahnhof kamen. Er war  quasi das beleuchtete Tor zur Innenstadt. Dann wurde die Bezeichnung Einkaufsstadt anlässlich des 100 jährigen Bestehens  des Folkwangmuseums     durch Folkwangstadt ersetzt. Doch seit der letzten Woche fehlt jegliche  nährere Bezeichnung der Stadt. Es scheint, als sei Essen  auf der Suche nach einer neuen Identität.

Der oft fotografierte Schriftzug auf dem Hoteldach des Handelshofs  war selbst bereits ein Wahrzeichen. Doch weder technisch noch inhaltlich war er nach den sieben Jahrzehnten  auf der Höhe  der Zeit. Wahrscheinlich ist, dass wir in Zukunft irgendwann eine LED Videoinstallation auf dem Dach des denkmalgeschützten Hotels sehen werden, auf der unterschiedliche Begrüßungsbotschaften platziert werden können. Ob diese den Kern der Essener Eigenarten so treffen  wie  der inzwischen überholte Begriff Einkaufsstadt, darf bezweifelt werden.  Videowände leuchten uns inzwischen an jeder Straßenenecke entgegen. Sie sind ebenso austauschbar und beliebig wie die Werbebotschaften, die auf ihnen propagiert werden.

Am 12. und 13. Dezember wurden die Buchstaben des Slogans "Die Folkwangstadt" demontiert und zur Einlagerung ins Ruhrmuseum transportiert. Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes  museal und sollen dort einmal Erinnerungen wecken.
Es fehlt zur Zeit eine  charakteristische Benennung für die Besonderheiten der Stadt. Gibt es die im Moment überhaupt? Die Großbaustelle zwischen Hauptbahnhof und Hotel scheint symptomatisch für den Zustand unserer Heimatstadt . `In welche Richtung wird sich Essen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten entwickeln?´, fragen sich viele Bewohner*innen  besorgt.
Sie, die Einwohner der Stadt, wurden vor 3 Jahren aufgefordert, selbst einen Slogan für die Lichtinstallation auf dem Handelshof vorzuschlagen.  "Essen-Willkommen" und "Essen- Voller Energie" waren damals die Favoriten neben der "Folkwangstadt". Das Herz der Mehrheit  der Essener/innen hat jedoch keine der  Formulierungen erreicht, ebensowenig wie der Schriftzug an der Hauptbahnhofunterführung "Essen- mitten in Europa".
Warum tun wir uns da so schwer? Über Köln gibt es zig Lieder. Über Essen kein einziges, das länger bestehen kann. Und selbst der Kölsche Klüngel ist ein selbstironisches Markenzeichen. Fast jede Stadt hat ein  unverwechselbares  Wahrzeichen. Wenn man nach den Wahrzeichen Essens fragt, sind die Antworten von Auswärtigen viel diffuser: Zollverein, Gruga, Villa Hügel/Krupp, Baldeneysee und Folkwangmuseum laufen sich hier gegenseitig den Rang ab. Oder ist es gerade die gelebte Vielfalt der Bewohner und die Anzahl der vielen kleinen und großen Sehenswürdigkeiten, die Essen so lebens- und liebenswürdig machen? Ich bin gespannt, wie die Marketingexpert*innen der Stadt den Platz unter den Stadtwappen und dem Namenszug mit einem authentischen  Inhalt füllen werden. Bis dahin bleibt die Gästebegrüßung  am Hotel Handelshof eine Baustelle.

Autor:

Bernd Dröse aus Essen-West

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