Drei, zwei, eins...meins!
Fundsachenversteigerung der EVAG
Hand aufs Herz: Wie vergesslich sind Sie? Wie oft hat man nicht schon mal einen Regenschirm, eine Jacke oder die eine Mütze in der Bahn oder im Bus liegenlassen? Vor allem, wenn die Umsteigezeit knapp oder das Gedränge groß ist?
Das ist ärgerlich, doch zum Glück gibt es viele ehrliche Finder, die diese Dinge im Fundbüro der EVAG abgeben. Dort liegen sie dann eine gewisse Zeit und warten auf ihre Besitzer.
Aber: Längst nicht alles wird abgeholt. Um das Lager zu räumen und Platz für neue Sachen zu schaffen, versteigert die EVAG deshalb jährlich diese liegen gebliebenen Fundsachen. Hier haben dann Schnäppchenjäger die Gelegenheit, gute Sachen günstig zu ergattern.
Seit nunmehr 30 Jahren schon kommen Wertsachen und andere Gegenstände unter den Hammer, die in den öffentlichen Verkehrsmitteln liegen geblieben sind. Früher war die Versteigerung in Rüttenscheid, seit fünf oder sechs Jahren wird sie nun auf dem Gelände der Spedition Klauenberg im Essener Westen veranstaltet.
Um 09:00 Uhr morgens ist Anpfiff. Dann öffnet sich nämlich das große eiserne Schiebetor und die interessierten Schnäppchenjäger, die sich schon eine halbe Stunde früher eingefunden haben, um sich die besten Plätze zu sichern, strömen in die große Lagerhalle der Speditionsfirma. Zeit, um sich großartig umzusehen und die Ware zu sichten gibt es nicht, es geht sofort los. Aufgebahrt zu Türchen und in Mengen liegen die Fundsachen auf den Tischen und warten darauf, den Besitzer zu wechseln. Auf den ersten Blick sieht man ein Meer aus Taschen, gefüllt mit Kleidung, Socken und Schals. Weiter hinten erahnt man einen Berg aus Regenschirmen. Der Rest ist noch nicht definierbar.
Die liegengebliebenen Sachen werden zuerst in das Fundbüro der EVAG gebracht. Dann bleiben sie dort mehrere Monate, dass der Eigentümer die Chance hat, sie abzuholen. Nach dieser Zeit werden sie im Lager der EVAG eingelagert, bis die nächste Versteigerung ansteht. Hierfür werden sie gelistet und sortiert: Gute und funktionstüchtige Ware kommt unter den Hammer, schlechte und kaputte Ware wird ausgemustert. Dann werden Taschen mit Kleidungsstücken gepackt, Regenschirme zu Bündeln gebunden und Handys zu Hauf in Plastiktüten gesteckt. Ein Versteigerungshelfer nimmt immer drei oder vier Taschen auf einmal. Das können Rucksäcke, Umhängetaschen, Beutel, Sport-, Damen- und Kindertaschen oder schnöde Einkaufstaschen sein. Auch Markenware von Convers, Adidas oder Puma ist dabei, was das Anfangsgebot von meist einem Euro dann doch etwas höher ansetzt. Im Schnitt wird ein Bündel Taschen für zehn bis 20 Euro an den Mann oder die Frau gebracht.
Das Prozedere ist erwartungsgemäß einfach: Eine Person ruft ein Anfangsgebot, die anderen bieten höher oder auch nicht. Nach dem weltbekannten Ausspruch „ Zum ersten...zum zweiten...und zum dritten“ wechselt die Ware den Eigentümer, aber nur gegen sofort Bares. So gehen im Stechschritt zunächst die gepackten Taschen und dann die Bündel an Regenschirmen, sprich Stockschirme, Knirpse sowie Gehstöcke, über den sprichwörtlichen Tresen. Das dauert erwartungsgemäß eine gewisse Zeit: Nach gut drei Stunden ist dann endlich die „Massenware“ versteigert und die interessanteren Dinge kommen zum Vorschein.
Begonnen wird hier wieder mit zunächst leichter Kost: Vier Pakete Katzenstreu, Schlafsäcke oder Kinderspielzeug. Überraschungen inklusive: Ein Instrumentenkoffer ist unter den etwas „unspektakuläreren“ Sachen. Aber nur solange, bis der Auktionator in das Innere des Koffers schaut. Da er das Anfangsgebot dann auf 20 Euro ansetzt, lässt vermuten, dass sich doch etwas wertvolles darin befindet. Und tatsächlich: Der glückliche Gewinner kann sich über eine sehr gut erhaltene Kindergeige freuen, deren Wert vermutlich um einiges über der Ersteigerungssumme liegt.
Im Anschluss wechselt dann auch noch ein neuer Nadelstreifenanzug den Besitzer. Auch ein Motorradhelm, ein Navigationsgerät, ein Gehstock mit Elfenbeingriff, eine Kaffeemaschine und ein Skateboard werden noch an den Mann gebracht.
Bei manchen Dingen fragt man sich wirklich, wie solche wertvollen Sachen vergessen werden können. Aber ein Sprichwort besagt, dass Fehler nur dumm sind, wenn andere sie machen. Und ganz ehrlich: Ohne vergessliche Menschen, gäbe es diese Art der Schnäppchenjägerei gar nicht.
Der Erlös aus der Versteigerung kommt übrigens einer Stiftung zu Gute.
Autor:Kathrin Hinterschwepfinger aus Essen-West |
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