Varus, der überlistete Jurist

Germanicus
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Was im Teutoburger Wald wirklich geschah

Es war der Morast: „wo Varus stecken geblieben“, dichtet Heinrich Heine über den Untergang der römischen Legionen im Teutoburger Wald(Cassisu Dio). Doch bei allen anderen römischen Geschichtsschreibern* steckt etwas ganz hinter der Niederlage…

Varus, ein altgedienter Militär aus angesehener Adelsfamilie, verheiratet mit einer Nichte des Kaiser Augustus „…von mildem Wesen, ruhigem Charakter, an Körper und Geist wenig regsam, mehr an das Nichtstun im Lager gewöhnt…“ (Vell. Pat II 117, ff) hatte gerade in Syrien Aufstände mit Massenkreuzigungen niedergeschlagen.                     Reich verließ er das nun verarmte Syrien. Für Augustus war er genau der richtige Mann, um endlich das widerspenstige Germanien zur römischen Provinz (Germania inferior) zu machen.

Arminius
, ein junger Cherusker „von vornehmer Abkunft, persönlicher Tapferkeit, rascher Auffassung und einer genialen Klugheit“ (Vell.Pat,.s.o.) war in Rom militärisch ausgebildet und zum Ritter ernannt. Er sollte Varus als sein persönlicher Adjutant auf dessen heikler Mission nach Germanien begleiten.

In Germanien zeigte Varus dann wenig Fingerspitzengefühl. Rigorose Vorschriften, drastische Steuereintreibungen und unverzeihliche Grausamkeiten sollten ihm Respekt verschaffen. Arminius verliert darüber seine Loyalität, als er zusehen mußte, wie seine Stammesgenossen nicht als Verbündete, sondern als Unterworfene behandelt werden, sogar Menschen seien sie nicht!. Er plant: "... wenn (sie) nicht durch das Schwert unterworfen, dann durch das Recht gefügig gemacht werden könnten.“ (Vell. Pat,s.o.), er will es durch eine strengee Rechtsprechung und harte Strafen durchsetzen. Ein gewagtes Spiel.

Aber die Germanen spielen das Spiel mit, zunächst „… sie führten zum Schein ganze Reihen von erfundenen Rechtshandel“ „…bedankten sich sogar bei Varus,…dass er wähnte, er spräche er als Prätor (Oberrichter) in Rom auf dem Forum Recht…“ (Vell.Pat.II,117ff)

Geschmeichelt verkennt Varus in seiner „Stumpfheit“ (Vell. Pater.,s.o.) die Realität: „Treffend erkannte Arminius, dass niemand schneller überwältigt wird als der, der nichts Schlimmes ahnt, .und daß meistens der Anfang des Unglücks die Sorglosigkeit ist…und er(Arminius) setzt den Zeitpunkt für den Überfall fest." (Vell. Pat. s.o.)
Auch eindeutige Warnungen vor einem Aufstand schlägt Varus in den Wind und hält sie für eine Verleumdung des Segestes (Florus II.30,29 ff), der nämlich die Verbindung seiner Tochter Tusnelda mit Arminius unterbinden will.

Zu der jährlichen Versammlung (Conventus) im Jahre 9 hatte Varus die germanischen Stämme einberufen, um wieder den Oberrichter zu spielen. Zu Beginn des Herbstes begehen die Germanen gleichzeitig die Feier der Tag- und Nachtgleiche. So war es möglich, dass sie sich zahlreich unter den Augen der Römer im Lager des Varus vor seiner Tribüne völlig legal versammeln konnten.

Das Signal des Herolds war das verabredete Signal: „sie griffen …ihn…. unversehens an, als er sie –o Sorglosigkeit!- vor seinen Richterstuhl lud, da brachen sie von allen Seiten herein, das Lager wurde gestürmt.“(Florus, s.o.) Erschwerend kommt hinzu, dass die Legionäre nicht gerüstet („vacuas“** –Höfer) waren, wie Tacitus (Ann II, 46) berichtet und in ihren Unterkünften lagen.
Varus wird auf der Tribüne verletzt, die meisten seiner Offiziere werden getötet. Die Legionäre werden spätestens jetzt alarmiert, finden aber weder ihre Feldzeichen, die mit den Offizieren untergegangen waren. Varus flieht in ein provisorisches Rückzugslager und erlebt dort wie die Germanen die Köpfe seiner Offiziere an Lanzen über den Wall halten (Frontin, II 9,4). Nach drei Tage begeht er Selbstmord. Der Leichnam des Varus wird verbrannt und notdürftig begraben. So etwas ist nur im Lager möglich und nicht im matschigen Urwald. (**nicht „vagas“-umherirrend- Schierenberg)

Germanicus läßt 6 Jahre später auf seinem Rachefeldzug die Überreste zu einem Tumulus aufschichten und zwar „expressis verbis“ von den Gefallen der drei Legionen, die das Lager des Varus ganz offensichtlich nicht verlassen hatten.
Vom schimpflichen Verlust des Lagers, der ruchlosen Desertion der Reiterei und der darauf folgenden schmachvollen Kapitulation eines der beiden Lagerkommandanten, berichtet Dio kein Wort. Dazu muß man schon Velleius, Florus und Tacitus lesen, die sich ergänzend und nicht wiedersprechend, den Lagerraub schildern- für das römische Militär die schlimmste Schande!

Bestätigt wird das Geschehen durch den detaillierten Bericht des Tacitus.
Auf dem Rückweg von der Bestattung der drei Varus-Legionen, trennt sich Germanicus von seinem Legaten Caecina. In dessen Marschlager an den „pontes longi“ löst ein losgerissenes Pferd eine Panik bei den Legionären aus, weil sie einen „Einbruch von Germanen ins Lager“ vermuten, was sie gerade erst bei der Gefallenenbestattung der Varuslegionäre gesehen hatten.

Es ist immer wieder daran gezweifelt worden, wie einer verhältnismäßig kleinen Schar von Germanen die Eroberung eines Römerlagers gelingen konnte. Das ging eben nur durch den genialen Plan des Arminius- einem römischen Insider, der wußte, dass für Germanen ein römisches Lager nur von Innen her zu stürmen ist. Er verstand es, Varus in dem Moment zu überlisten, in dem er sich am sichersten fühlte als selbstherrlicher Oberrichter in seinem Lager.
Überlebende der Schlacht dürfen nicht zurück nach Italien. Warum wohl?

PS Trossangehörige und Nichtkombattanten; Frauen, Kinder und Trompeter, gelingt die Flucht nach Aliso, einem Kastell, das an der oberen Lippe /Paderborn-Schloss Neuhaus) liegt: das bedeutet auch, das Schlachtfeld lag in erreichbarer Entfernung.

*Es sind 12 Quellen (lateinisch und griechisch) in chronologischer Reihenfolge: Ovid, Horaz, Manilius, Strabo, Velleius Paterculus, Frontinius, Tacitus, Sueton, Florus, Ptolemaios, Cassius Dio, Zonaras (und der Grabstein des Marcus Caelius Xanten)
H.F..Feb 2018

Autor:

Dr. Helmut Förster aus Essen-West

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