Urknall im Halbachhammer
Niemand ahnt, dass sich in einem romantisch gelegenen Fachwerkhaus am Kesselbach, einer der größten hölzernen Saurier des frühen Industriezeitalters verbirgt. Das Monstrum ist nicht etwa eingemottet, es lebt und wie. Wenn es seine gewaltige Tatze hebt, und dann auf den Amboss knallen lässt, zittert die Erde wie im Jurassicpark, wenn der Thyranosaurus rex naht. Der Emscher- Genossenschaft ist es nach gewaltigen Erdarbeiten gelungen, das Tal zwischen Margaretenhöhe und Südwestfriedhof in eine idyllische Bachlandschaft zu verwandeln, wie Richard Wagner sie sich als Kulisse für seine Oper „Rheingold“ gewünscht hätte, eine stilechtere Schmiede für Siegfrieds berühmtes Schwert ist kaum vorstellbar. Tatsächlich lodert in einer gemauerten Esse ein mächtiges Holzkohlenfeuer, um das Eisen zum Glühen zu bringen und damit schmiedbar zu machen. Angefacht von einer steifen Briese aus einem Kessel so groß wie eine Dampflok, in den zwei riesige wassergetriebene Blasebälge so viel Luft pusten wie in eine mittlere Kirchenorgel.
Mit Zangen wie aus einer Zyklopenzahnarztpraxis bugsiert ein Hobbyschmied nur mit Hephaistos vergleichbar den Rohling unter den Hammer. Doch er kann noch mehr, er outet sich so nebenbei als akademischer Allrounder. Nicht nur metallurgisch und hydrotechnisch bewandert, sondern mit der Physik im allgemeinen und insbesondere mit der Astrophysik bestens vertraut. Denn es gilt nicht nur einen Schalter umzulegen, um den Hammer elektrisch zu starten, er kann es auch mit zwei großen Wasserrädern, angetrieben aus einem sorgsam vom Kesselbach gespeisten Stausee, den er übrigens Treibholzfrei halten muss.
Der Halbachhammer ist die Kinderstube unserer Eisen- und Stahlindustrie- live, wo es unseren Urgroßvätern gelang, mit vollem Körpereinsatz die elementaren Naturkräfte gekonnt zu bändigen. Der urige dumpfe Knall des Halbachhammers klingt wie ein fernes Echo aus jener Zeit.
Und man fragt sich, was geht schon voran in der Menschheitsgeschichte ohne einen richtigen Knall, und das nicht nur in unserem Ruhrgebiet. Auch in der modernen Kosmologie, dem Hobby unseres Schmiedes, beginnt die Entstehung des Universums bekanntlich mit einem Knall, dem Urknall und aberwitzigen Temperaturen. Im Prinzip eine gigantische Schmiede. Ohne Feuer wäre auch heute noch unsere ganze Technik eine lahme Ente, vom Heizungskessel bis zum Düsenjet. Und was wäre aus dem Pott ohne Feuer und Wasser geworden? Nun alles braucht eben seine Zeit, und Gottes Mühlen mahlen bekanntlich langsam. Vielleicht wird der romantische Halbachhammer noch einmal als Ideenschmiede gebraucht!
Autor:Dr. Helmut Förster aus Essen-West |
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