Umbra-Kunstfabrik - nur Produkt einer Traumfabrik?

Umbra-'Kunstfabrik' wie ohne jedes Leben
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(Achten Sie am Schluss auf den Hinweis zur Fortsetzung)

Über die "Umbra-Kunstfabrik" wurde mehrfach an dieser Stelle berichtet. Es sah und sieht bislang ganz so aus, als würden vor allem konkurrierende Verbände sich weigern, dieses Sozialprojekt zu unterstützen. Das Projekt sieht vor, Ex-Inhaftierte und von Straffälligkeit Bedrohte für- und vorsorglich zu unterstützen. Das soll vor allem durch die Heranführung an "Kunst" geschehen, was auch immer ein Laie darunter verstehen mag und oft wohl missversteht.

Getragen wird die "Kunstfabrik" von einem eingetragenen Verein. Dieser wurde gegründet und wird maßgeblich geleitet von Reimund Neufeld. Neufeld lebt "ganz in Anlehnung an Joseph Beuys´ Kunstauffassung der „sozialen Skulptur“ ... den künstlerischen Traum ... als eine Art Vision" und "möchte mit „besonderen Menschen besondere Kunst“ entwickeln". Er wagt dabei einen "Vervielfältigungs- und Massenverbreitungs-Gedanken" und meint, "dass eine solche Kunst, die beunruhigen, bewegen und verändern will und Gutes dabei im Schilde führt" und "massig verbreitet werden soll", andere Menschen dazu bewegen sollte, ein entsprechendes Projekt vor allem finanziell zu fördern, um dessen Bestand zu sichern.

Die "Umbra-Kunstfabrik" in Essen, die derzeit in einem ehemaligen Pfarrhaus an der Martin-Luther-Straße in Essen-West Unterschlupf fand, ist allerdings die zur Zeit letzte Station auf einer Traumstraße, die ganz anders anfing. Neufeld hatte sich Mitte des vergangenen Jahrzehnts zunächst literarisch versucht und dabei ganz besonders den Strafvollzug für Frauen im Auge: "Das Buch „Ich muss zurück ins Rattenloch“, das ich mit den inhaftierten Frauen erarbeitet habe, war eine erste Auseinandersetzung mit dieser Thematik." Aber: "Zeitgleich entstanden erste Bestrebungen ein Künstlercafé oder ein Künstlerhaus in Berlin zu etablieren, wo meine beiden erwachsenen Töchter Kunst studierten. Eine „sozialarbeiterische“ Ausrichtung war dazu auch hier schon angedacht..."

Daraus wurde dann nichts. Monate später "verschlug" es Neufeld nach Sachsen. Dort hatte er "ein altes, leerstehendes Rittergut ausfindig gemacht, das äußerst kostengünstig zu haben war". Also machte er sich daran, die Gründung eines "Künstlerhauses mit „sozial(arbeiterisch)er“ Ausrichtung voranzutreiben". Doch nach "drei Jahren schließlich bekam die Gesamt-Finanzierung, die sich aus Eigenmitteln, Fördergeldern und zugesagtem Bank-Darlehn zusammensetzte, eine Schieflage." Neufeld: "Der Traum vom Schloss als Künstlerhaus platzte schließlich im Frühjahr 2010 bei einer letzten großen Verhandlungsrunde zusammen mit Politikern, Förderern und Bankern." Die Bankenkrise war wohl schuld und hatte kalte Füße verursacht.

"Nach so einer langen Entwicklungsphase unseres Projektes aufzugeben, kam nicht in Frage, und wieder durch einen Zufall kamen wir dazu, „Plan B“ im Ruhrgebiet umzusetzen", bekundet Neufeld. Die "Idee, eine der vielen leerstehenden Kirchen zur Umnutzung für ein Künstlerhaus zu gewinnen, entstand aus dem Anspruch heraus, dass das Objekt für ein Künstlerhaus eine „attraktive Besonderheit“ darstellen sollte." Verhandlungen mit den Katholiken scheiterten, aber "im Sommer 2011 war es dann schließlich soweit: Mit der evangelischen „Luther-Kirchengemeinde“ in Essen-Altendorf wurden wir handelseinig. Das leerstehende Pfarrhaus ist seit September 2011 „Basisstation“ der UMBRA kunstfabrik e.V. und die vielfältigen Räumlichkeiten des angrenzenden „Lutherhauses“, sowie die „Lutherkirche“, stehen uns hier temporär für Veranstaltungen zur Verfügung."

Essen ist also eher ein Zufallstreffer, weil es mit dem Rittergut, mit dem "Traum vom Schloss als Künstlerhaus" nicht klappte. Doch der Traum könnte auch in Essen bald ebenfalls ausgeträumt sein, weil potentielle Förderer mit entsprechenden Finanztöpfen sich zieren, der "Kunstfabrik" etwas abzugeben. Der Geschäftsführer eines im Ruhrgebiet breit vertretenen Verbandes, der allerdings ungenannt bleiben will: "Wir wollten uns vor einiger Zeit vor Ort überzeugen und fanden nur ein verwahrlostes Grundstück vor, auf dem sich kein Leben regte. - Frei heraus: Wir waren geschockt!"

Den Schock kann man nachempfinden. An mehreren Tagen wurde versucht, Leben auf dem Grundstück und in der "Kunstfabrik" zu entdecken. Vergebens. Üppig gedeiht um das ehemalige Pfarrhaus nur das Unkraut. Und ein "Kunstobjekt" gammelt vor sich hin, von dem es einmal hieß: "...in stundenlanger gemeinsamer, schweißtreibender Plackerei wächst ein wunderschöner, weicher Sitz, wohlig wie ein Himmelbettchen." Müll am Hintereingang. Selbst zum Haupteingang hin - im Sichtfeld eines jeden Besuchers - versammelt sich Weggeworfenes: Ein blauer Kasten, ein Drahtkorb mit leergetrunkenen Flaschen, in denen jetzt Spinnen und Käfer hausen.

Die gesamte Rasenfläche um die "Kunstfabrik" herum ist übersät mit Wildwuchs. Von all den helfenden Händen, die eigentlich an etwas Pflege interessiert sein müssten, schon seit vielen Wochen und Monaten keine Spur. Dass sich auch der Geschäftsführer eines Verbandes, der vor allem finanziell fördern soll, daran stößt, muss nicht wundern. Und: "Ich war ja nicht der Einzige vor Ort. Da waren auch andere, die nur die Hände über dem Kopf zusammen schlugen." - Geht es dem "Kunstfabrik"-Verein nur ums Geld? - "Das will ich so nicht sagen. Was wir jedoch an Substanz vorfinden, sowohl rechtlich wie auch dinglich, reicht uns nicht für eine Förderungswürdigkeit. Wir haben auch keinerlei Förderung verbindlich zugesagt. Dazu würde ein Vertrag gehören, den es nicht gibt. Den gibt es auch bei anderen nicht."

So wird es wohl sehr schwierig werden, in einer Zeit von Schul-, Schwimmbad- und Bürgerhausschließungen, angesichts auch des notwendigen Ausbaus von Kindertagesstätten, Geld für ein Projekt locker zu machen, dass außer etwas Presserummel kaum etwas unter Beweis gestellt hat. Dass Angela Merkel bei einem Wettbewerb die "Kunstfabrik" gelobt hat, besagt wenig. Die Politik giert gern nach Aushängeschildern (https://www.startsocial.de/wettbewerb und https://www.startsocial.de/presse). Und während beim Wettbewerb der Kanzlerin die vorderen Plätze mit einigen tausend Euro prämiert wurden, rangierte die "Kunstfabrik" auf den hinteren Rängen. Neufeld bedauerte deshalb: "Fahrtkosten, sowie Kosten für eine Übernachtung in Berlin wurden leider nicht erstattet."

So mag die "Umbra-Kunstfabrik" tatsächlich in den letzten Zügen liegen. Das einzige Leben auf dem Grundstück scheint gegenwärtig von einem georgischen Geiger auszugehen, der auf der "Künstler"-Seite der "Kunstfabrik" im Internet (http://www.umbra-kunstfabrik.de/Kunstler/ivane) das ehemalige Pfarrhaus als seine feste Adresse angibt. An anderer Stelle im Internet hält er seine Dienste feil: "Ich biete Geigenunterricht für Anfänger und Fortgeschrittene. Probestunde kostenlos.Bei Interesse, melden Sie sich, bitte, per E-Mail: vanovio@yahoo.com". Das Honorar für seinen Februar-Auftritt bei den Wirtschaftsjunioren in Essen, "ermöglicht durch die UMBRA Kunstfabrik, vor allem deren Initiator Reimund Neufeld", kann kaum weit gereicht haben. Die Frage ist aber, was an diesem Geiger den "Künstler" ausmacht, der für eine Resozialisierungsarbeit in der "Kunstfabrik" unerlässlich ist. Reimund Neufeld war zur Beantwortung von Fragen zu keinem Zeitpunkt zu erreichen.

Autor: Manfred Schürmann

Quellennachweis: u.a. Seiten unter http://www.umbra-kunstfabrik.de/ - http://www.startsocial.de/presse
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Es wird nachgetragen, dass sich das Grundstück am 23.8.2012 teilweise aufgeräumt zeigte, jedoch noch viel zu tun bleibt. Im vorderen Bereich wucherte es weiterhin.
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Die unerfreuliche Fortsetzung dieses Berichtes:

Umbra-Kunstfabrik - Ende einer ‚Geisterfahrt’?
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Autor:

Manfred Schuermann aus Essen-Ruhr

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