Schöne alte Männerwelt (Ein Neujahrsmärchen)
Jedes Jahr und jeden Tag neu erzählbar
Wenn alle Männer allen Frauen zum Auftakt des neuen Jahres ein hochwillkommenes „Geschenk“ hätten machen wollen, hätten sie das durch Abschaffung einer himmelschreienden Ungerechtigkeit zur Heilung einer alten Wunde bewirken können. Denn nichts wird den Frauen von den Männern so sehr vorenthalten wie die „Gleichstellung der Frau“.
Das Grundgesetz legt in Artikel 3 fest: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“
Seit Inkrafttreten dieses Gesetz wurde kaum eine Bestimmung derart mit Füßen getreten wie diese. Der Begriff „Frau“ kommt beim Grundgesetz ansonsten nur in Artikel 12a, Absatz 4 vor: „Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an zivilen Dienstleistungen im zivilen Sanitäts- und Heilwesen sowie in der ortsfesten militärischen Lazarettorganisation nicht auf freiwilliger Grundlage gedeckt werden, so können Frauen vom vollendeten achtzehnten bis zum vollendeten fünfundfünfzigsten Lebensjahr durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu derartigen Dienstleistungen herangezogen werden. Sie dürfen auf keinen Fall zum Dienst mit der Waffe verpflichtet werden.“
Die Männerwelt ist eine Welt für sich und beharrt darauf, den Frauen eine besondere Art von „Frauenwelt“ zuzuweisen, in der die Ausbeutung des weiblichen Geschlechts Triumphe feiert. Auf die Stadt Essen gemünzt ein O-Ton von unbestreitbar höchst fachlicher Seite: „Vergleicht frau die Gehälter der Verantwortlichen (Männer) bei den Töchterbetrieben der Stadt Essen mit denen der Verantwortlichen (Frauen) in den Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit (ist ja immer noch ein Frauenberuf), dann wird einer schon etwas schlecht. Die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst lassen wenig Spielräume, wenn man/frau z.B. AlleinverdienerIn ist und eine Familie ernähren muss... – vergleicht man das Einstiegsgehalt einer/s SozialarbeiterIn mit anderen, deren Studiendauer gleich ist, kommt wenig Freude auf. Es sieht ganz so aus, dass es hier auch einen unmittelbaren Zusammenhang zu den sinkenden Zahlen männlicher Studierender in den Studiengängen Sozialer Arbeit gibt (oder dass plötzlich mit höheren Gehältern für Männer geworben wird, damit sie Erzieher werden). Und auf dem Hintergrund der Einsparungen/Kürzungen der Stadt Essen bei den Zuschüssen für Soziale Arbeitsfelder wirken Gehaltserhöhungen in dieser Art für die Geschäftsführer der Gesellschaften sehr merkwürdig…“
Hier muss erst einmal angemerkt werden, was es mit „Töchterbetrieben“ auf sich hat. Diese fielen und fallen ja nicht vom Himmel, sondern wurden von den „Machthabern“ der Stadt, dem Rat, gutgeheißen, und zwar von jenen Kräften, die im Rat das Sagen haben, von den Parteien. Diese sind also letztendlich verantwortlich, wenn Dienstleistungen, zu denen Fachbehörden den notwendigen Sachverstand besitzen oder entwickeln müssten, herausgelöst und extra gegründeten privatwirtschaftlich geführten Unternehmen zugewiesen wurden. – Warum eigentlich? – Einen Hauptgrund mag man darin argwöhnen, dass in der Privatwirtschaft die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst nicht gelten und daher die Gehälter frei festgelegt werden können. Diese dann oft wesentlich und manchmal unverschämt hohen Gehälter kommen dann kaum jemandem zugute, der zu den Parteien kein sonderlich herzliches Verhältnis aufgebaut hat.
Die alte Leier von der Selbstbedienungs- und Abgreifmentalität sowie von der kreativen Schaffung von Pfründen bei den Parteien braucht man jetzt nicht zu zupfen. Sie ist und hat ausgeleiert, ohne deshalb unwahr zu werden oder an Gewicht zu verlieren.
So gab es etwa für die Ausgründung einer GSE – Gesellschaft für Soziale Dienstleistungen Essen mbH – keinen zwingenden und unabweisbar notwendigen Anlass (besondere Rechtskonstellationen einmal dahingestellt). Es ist nicht einzusehen, dass die Stadt Essen nicht selbst über eine Fachabteilung eine entsprechende Unternehmung mit einer großen Anzahl von etwa 1.000 Mitarbeitern – unter Umständen in separaten Baulichkeiten – hätte veranstalten können. In einer Bilanz für das
Geschäftsjahr 2007 mit einem Bilanzvolumen von 6,4 Milliarden Euro für die Stadt und rund 100 Millionen Euro für die GSE wird die GSE wie ein Betriebsteil der Stadt Essen selbst aufgeführt. Die Stadt Essen ist an der GSE mit 90 Prozent beteiligt, wogegen die verbleibenden und gemeinschaftlichen 10 Prozent für die Wohlfahrtsverbände AWO, Caritas, Diakoniewerk, DPWV und das DRK eher wie ein Feigenblatt wirken. Weil aber die GSE als privatwirtschaftliches Unternehmen aufgezogen wurde (finanziert vom Landschaftsverband), war es möglich, jetzt in der Zeit höchster Finanznöte mit der Zustimmung des Aufsichtsrates – darin auch Wilhelm Maas (CDU), Elisabeth Potthoff, Christine Müller-Hechfellner (beide Grüne), Karlheinz Endruschat und Karla Brenneke-Roos (beide SPD) – ein Geschäftführergehalt um 49 Prozent (neunundvierzig!) auf rund 150.000 Euro anzuheben, was 36 Prozent mehr sind als das Stammkapital der Gesellschaft. (Allein der Erhöhungsbetrag würde ausreichen, einem bedürftigen Menschen zehn Jahre lang die Grundsicherung zu leisten.) Dass diese Gehaltserhöhung, die sich auch auf die späteren Pensionsbezüge drastisch auswirken wird, als „Skandal“ wahrgenommen wird, mag nicht verwundern. Das ist auch den „Spezialdemokraten“ außerhalb von Essen bei „Pro Herten“ sauer aufgestoßen (ab Seite 55). Interessant mag nun auch sein, sich einmal den Beteiligungsbericht 2011 der Stadt Essen mit seiner Seite 3 näher anzusehen.
Wenn jetzt zu lesen ist, dass als Nachfolger für einen der GSE-Geschäftführer der jetzige GSE-Prokurist Heribert Piel (CDU), früher Geschäftsführer der CDU Fraktion im Rat der Stadt Essen, schon feststehen soll, kann man sich kaum gegen die Vermutung wehren, dass solche Ausgründungen vor allem auch dem Zweck dienen, Zuständigkeiten einer Kommune zu exportieren und „verdienten“ Parteifreunden (vorzugsweise aus dem Männerclub) üppige Pfründe außerhalb der Tarifverträge für den öffentlichen Dienst zuzuschanzen. Fragt sich aber, um zum Thema zurückzukehren, nach welchen Tarifen zum Beispiel die rund 1.000 Mitarbeiter der Gesellschaft für Soziale Dienstleistungen Essen bezahlt werden, unter denen wiederum das weibliche Geschlecht zahlreich vertreten ist. Der jährliche „Personalaufwand je Mitarbeiter“ liegt bei 43.648 Euro, also um rund 3.000 Euro niedriger als das, was der Geschäftsführung allein als Erhöhung des Gehaltes genehmigt wurde. Das monatliche Gehalt würde bei den Mitarbeitern durchschnittlich 3.637,33 Euro betragen, wobei die Frage nicht beantwortet ist, ob das auch auf die weiblichen Kräfte zutrifft. (Ausführliche Daten zu den Betrieben findet man im Bericht des Geschäftsbereiches 5 „Jugend, Bildung und Soziales“ der Stadt Essen HIER.)
Mithin:
Politik scheint die Kunst zu sein, Ersehntes zu versprechen, Unzumutbares zu liefern und trotzdem wiedergewählt zu werden, nachdem man Versprechen gebrochen und die Wähler mit neuen Versprechen wiederum erfolgreich eingelullt hat. Wie anders wäre es sonst zu erklären, dass den Frauen ein hochheiliges Versprechen sogar aus dem Grundgesetz noch nicht eingelöst wurde?
Und:
Warum nehmen die Frauen das immer und immer wieder hin und lassen sich sogar von Frauen in Ministerpositionen auf den Arm nehmen?
Was ist an der schönen alten Männerwelt so „schön“, dass man ihre Ausbeutung der Frauen wie schicksalhaft erduldet?
Autor:Manfred Schuermann aus Essen-Ruhr |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.