"Let's get over" - Vernissage in der Notkirche

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Vor wenigen Tagen fand die Vernissage der Ausstellung „Let’s get over“ des afrikanischen Bildhauers und Druckgraphikers Jems Robert Koko Bi in der Notkirche in Frohnhausen statt. Der 1966 in Sinfra, Elfenbeinküste, geborene Künstler bekam nach dem Studium der Spanischen Geschichte und Kunst in Abidjan im Jahr 1997 ein DAAD Stipendium und setzte seinen Weg als Meisterschüler bei Professor Klaus Rinke an der Kunstakademie Düsseldorf fort. So wurde ihm nach kurzer Zeit klar, dass es „nichts anderes gibt als Künstler zu sein“. Kurz darauf zog Koko Bi nach Essen-Werden, wenig später dann nach Rüttenscheid, wo er bis heute lebt. Den Kunstpreis der Evangelischen Kirche in Essen erhielt er im Jahre 2005. Daraufhin konnte man einige seiner Werke in der Marktkirche bewundern. Desweiteren gibt und gab es viele unterschiedliche Ausstellungen Koko Bis in Essen, Frankreich, Marokko und auch in Mailand mit verschiedenen Themen.
Seine Inspiration für die Werke dieser Ausstellung holte er sich im Odenwald, in dem er sich drei Monate eine Auszeit nahm. Eine große Rolle dabei spielte seine Heimat, die Elfenbeinküste. Koko Bi erinnerte sich an die vielen Probleme, Kriege, Missstände, die es dort immer noch zu lösen gilt. Er war der Meinung, man könne sich dort nicht erholen, weshalb er sich diese Auszeit nahm. Das alles sei, wie er selbst sagt, eine „Challenge“ für ihn gewesen – einfach mal Abstand von diesen Problemen dazu bekommen.
Diesen Abstand spiegelt schon der Name der Ausstellung wider: „Let’s get over it“
Und auch die einzelnen Werke stellen es dar. Unter anderem zierten abstrakt aber auch realistisch dargestellte, laufende Füße aber auch andere teils verfremdete Körper zierten die Notkirche. Ringsherum waren alle Sitzplätze belegt, viele Besucher mussten stehen. Manche hatten sogar die weite Reise aus Afrika oder die weniger weite aus Brüssel oder Berlin angetreten, nur um an diesem Tag bei Koko Bis neuester und der 82. Ausstellung der Notkirche dabei zu sein.
Eröffnet wurde die Vernissage von zwei Gitarristen, einer der beiden Abraham Koko Bi, mit dem Song „How to save a life“ von der Band The Fray. Anschließend hielt Pfarrer Werner Sonnenberg die Eröffnungsrede. Unter anderem bezeichnete dieser den seit 13 Jahren in Deutschland lebenden Koko Bi als „Brückenbauer zwischen zwei Kulturen“, der mit seinen Werken nicht nur Kunst für Deutschland sondern auch für seine Heimat Afrika erschaffe.
Übergeben wurde das Wort dann an Jems Koko Bi persönlich, der einige Worte an den verstorbenen Dieter Krause, ein Freund, der ihn vor allem in künstlerischen Angelegenheiten unterstützt hatte und bei vielen vorigen Veranstaltungen dabei gewesen war, richtete. Außerdem gab es eine Gedenkminute.
Weiter ging es mit der Anführung der Arbeiten durch Dr. Katharina Barbara Lepper, ehemalige Kustodin am Wilhelm Lehmbruck Museum in Duisburg. Sie kennt Koko Bi bereits seit 17 Jahren, lernte ihn noch in Abidjan kennen, und freute sich nun natürlich besonders die Einführung durchführen zu dürfen. Unter anderem ging Lepper darauf ein, dass die Region, aus der Koko Bi kommt, Holz als das natürlichste Material ansieht. Historisch gesehen sei Holz ebenfalls eines der wichtigsten Materialien. Einer von vielen Gründen, weshalb er genau dieses Material für seine Arbeiten auswählte. Der Baum sei außerdem das Bild des Menschen, denn er habe ebenfalls Füße, einen Kopf und ein Leben.
Desweiteren las sie einen Text über weitere Gedanken des Künstlers vor. So hoffe er, dass „die Zeit kommt, in der er eine Blume schnitzen darf“. Bis jetzt sei dies aber noch nicht eingetroffen. Lepper äußerte aber, diese Ausstellung sei ein erster historischer Schritt in die richtige Richtung.
„Ich sitze in einem Baum tief im Odenwald, fast unerreichbar, mit geht es gut.“ – Dieses Zitat Koko Bis, so Lepper, „stellt den Lebensbaum als Identität, als Haus dar“ und verdeutliche noch einmal die Verbundenheit des Materials mit dem Künstler.
Auch die Vorstellung der Werke selbst beeindruckte die Zuhörer sichtbar. So hatte Koko Bi unter anderem vier Pfeiler mit einigen darauf sitzenden schwarz verbrannten Menschen aus Holz erschaffen. Die Pfeiler sind aus Eiche, die Menschen aus leichterem Holz gemacht, damit das leichtere Holz verbrennt und nicht die Eiche. Wichtig sei dabei die unregelmäßige Form der Pfeiler, und dass die Menschen darauf sitzen, also den Boden unter ihren Füßen verloren haben. Koko Bi arbeite außerdem sehr gern mit Eichenholz, obwohl oder gerade weil es nicht das Holz aus seiner Heimat ist. Hier wird die Verbindung der beiden Kulturen erst richtig deutlich.
Ein weiteres Werk ist der abstrakt dargestellte Thron, der sehr erhöht und dysfunktional ist. Geht man um ihn herum, sieht man, dass er sehr instabil aussieht.
Vor dem Thron aufgebaut ist eine weitere Figur – ein Körper, ein „auseinandergerissener“ Mensch ohne Kopf. Einige Hölzer, die in diesem Werk verarbeitet wurden, sind schadhaft. Diese wurden bewusst verwendet.
Abgesehen von diesen Arbeiten kann man weitere Beinpaare bewundern, die den Namen der Ausstellung zur Geltung bringen. Sie laufen, laufen weg. „Wenn es ein Feuer gibt, soll man auch nicht da bleiben. Man soll Abstand nehmen“, so Koko Bi. Eben das sollen die Fußskulpturen ausdrücken – Abstand zu nehmen.

Autor:

Lisa Scheidat aus Essen-Nord

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