Essen-Frohnhausen: Kein Markt für eine Halle?
Über das Für und Wider wird zu streiten sein
Dieser Betrachtung liegen eigene Erlebnisse auf Märkten in folgenden Städten zugrunde (alphabetisch aufgezählt): Alcudia, Alicante, Altdorf, Amsterdam, Bad Oldesloe, Berlin, Deauville, Dorsten, Eisenach, Endingen, Epinal, Essen, Freiburg, Gotha, Grenoble, Hamburg, Hannover, Lüttich, Lyon, Malaga, Marseille, Metz, Milano, Nancy, Paderborn, Paris, PMI, Preetz, Salzburg, Santa Magdala, Soest, Soller, Turin, Valenciennes, Venlo, Wien und andere…
Damit dürfte für eigene Erfahrungen ein weites Spektrum verschiedener Märkte unter verschiedenen nationalen und kulturellen Bedingungen abgedeckt sein.
Ein Markt in Nancy (Bild: Tourisme Nancy)
In der Regel handelt(e) es sich dabei um offene Märkte unter freiem Himmel. Dabei ist auffällig, dass in südlichen Ländern mit entsprechend höheren Temperaturen eher die Non Food-Waren wie etwa Textilien unter freiem Himmel angeboten werden, verderbliche Lebensmittel dagegen – insbesondere Frischfisch, verschiedene Fleischsorten aus frischen Schlachtungen – häufig in Markthallen, wo sie vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt sind. Die Tage und Tageszeiten, zu denen diese Märkte abgehalten werden, sind recht unterschiedlich und reichen regional angepasst von täglichen Märkten respektive täglich beschickten Markthallen bis zu nur einmal in der Woche abgehaltenen Märkten. In Küstenorten findet man die Angebote frischer Fänge sowohl direkt im Hafen unter freiem Himmel wie auch in Hallen, die reine Fischmärkte sind. (In Essen gibt es übrigens in einer großen Halle ein „FRISCHE PARADIES“ mit allen erdenklich FOOD-Angeboten bis hinauf zum schieren Luxus.)
Auffallend ist, dass auf zahlreichen Märkten in Europa zum baldigen Verzehr bestimmtes Geflügel noch lebend gehandelt wird, also mit dem Gefieder weg geht, das von den Käufern irgendwann selbst verarbeitet wird. Das hängt mit kulturellen Traditionen zusammen und trifft insbesondere auf ländliche Regionen zu oder auf Städte mit einem weiträumigen ländlich geprägten Umfeld, in dem auch noch viel Agrarwirtschaft zu finden ist. Die Käufer können das lebende Federvieh dann noch tagelang „ohne Kühlung aufbewahren“ und nach der Schlachtung wirklich frisch in den Topf bringen.
Übertragbarkeit begrenzt
Bezogen auf den Frohnhauser Markt
und die Forderungen einer Umgestaltung – insbesondere der Errichtung eine Markthalle – lässt sich aus den Erfahrungen auf zahlreichen anderen Märkten im In- und Ausland ableiten:
Eine geschlossene Halle würde den reinen „Platz“-Charakter des Frohnhauser Marktes signifikant aufheben. Es entstünde der Eindruck eines Gebäudes, das die überwiegende Zeit der Woche (4 Tage) ungenutzt und vielleicht sogar störend nur dastünde. Dem könnte man entgegen wirken, indem man die Abschlüsse zu den Seiten als transparente Schiebewände gestaltet, die sich so bewegen lassen, dass sich die Halle zum größten Teil als offen darstellt und den Blick nach innen ermöglicht. (Das muss jetzt nicht näher dargestellt werden.)
Mit einer solchen Halle wäre den Händlern und wohl auch den Besuchern des Marktes sicherlich gedient. Möglicherweise würden sich auch deutlich mehr Händler als jetzt für diesen Markt interessieren und ihn dadurch für mehr Besucher interessant machen. Doch bleibt die Frage, was in der Zeit stattfindet, in der die Halle nicht für Marktzwecke genutzt wird.
Unter dem Dach der Halle könnte sich außerhalb der Marktzeiten ein wettergeschützter Spielplatz anbieten, der als solcher jedoch auch eine besondere Attraktivität aufweisen müsste, um mehr als bislang der leer wirkende Frohnhauser Markt von den Kindern und Jugendlichen auch angenommen zu werden.
Eine „eierlegende Wollmilchsau“?
Eine Halle könnte sich durch ihre Bauhöhe jedoch als Hemmnis hinsichtlich anderweitiger Nutzungen erweisen. Eine übliche Kirmes dürfte durch die Höhe mancher Fahrgeschäfte nur sehr eingeschränkt möglich sein. Allerdings entsteht für eine kleine Kirmes, die speziell für Kinder attraktiv sein mag, kein Hindernis. Im Gegenteil: Eine Kirmes, welche durch eine Halle gegen unangenehmes Wetter weitgehend geschützt ist, könnte sogar eine besondere Anziehungskraft ausüben und überdurchschnittlich zahlreich Publikum anlocken. Insofern könnte Frohnhausen durch eine solche Halle sogar ein herausragendes Merkmal gewinnen, das als „Allzweckhalle“ in dieser Form Seinesgleichen weit und breit vergeblich suchen lässt.
Es scheint grundsätzlich nichts gegen eine Markthalle zu sprechen, sofern eben nicht nur die Abhaltung eines komfortableren „Marktes“ als Zielsetzung im Vordergrund steht. Es müssten schon weitere Verwendungen hinzukommen, die eine Investition wirklich lohnend erscheinen lassen. Die Nutzung als Spielplatz wäre eine weitere, doch dürfte sie für sich allein nicht ausreichen. Es sollte dann auch angestrebt und verwirklicht sein, den Frohnhauser Platz als „Begegnungsstätte“ interessant zu machen. Dazu könnte gehören, an geeigneter Stelle Sitzgelegenheiten (etwa nahe dem Brunnen) zu schaffen sowie auch eine Bewirtungsmöglichkeit, die zudem an Markttagen eine Bereicherung darstellen mag.
Eine Unterkellerung des Marktes für Parkmöglichkeiten wäre eine Übertreibung, weil generell auch an Folgekosten gedacht werden muss. Die Folgekosten bei nur Errichtung einer Halle wären wahrscheinlich nur so hoch, dass sie sich bei einer Nutzung über reine „Markt“-Veranstaltungen hinaus auch aus üblichen Gebühren auffangen ließen. Bei einer Tiefgarage würden die Folgekosten jedoch so hoch ausfallen, dass durch deren relativ geringe Nutzung – vorwiegend nur an Markttagen und für die Besucher verteuernd – eine Deckung durch Parkgebühren kaum zu erwarten sein dürfte.
Keine Kostenfalle
Von großer Bedeutung mag sein, wie eine solche Halle gestaltet wird, damit sie nicht als „Klotz“ mehr stört als erfreut. Sie müsste in gewisser Weise „luftig“ wirken, damit der jetzige Charakter des Platzes weitgehend erhalten bleibt. Das ist auch den umgebenden Häusern geschuldet, die teilweise als Baudenkmal geschützt sind und optisch nicht begraben werden sollten. Auch wenn gerade kein Markt oder eine andere Veranstaltung stattfindet, sollte das Bauwerk in etwa eine „Augenweide“ sein, sehr transparent erscheinen und bei nahezu völlig geöffneten Seiten einen guten Durchblick gewähren. Details müssen hier und jetzt nicht eingehend erörtert werden, da es nur um Grundsätzliches geht. Eine Halle nur zum Schutz der Händler und Marktbesucher gegen lästige Witterungseinflüsse wäre Unsinn und von den Kosten her nicht vertretbar. Eine solche Halle müsste sich durch einen weitergehenden „Mehrwert“ für die Bürger und die Stadt bezahlt machen, also etwa auch als Festhalle für Veranstaltungen, die sonst ihren Weg nach Frohnhausen niemals gefunden hätten; so zum Beispiel auch für Konzert-, Sänger- und Tanzveranstaltungen, (Laien-)Theateraufführungen, Bürger- sowie Jubiläumsfeste oder Ähnliches und anders ausgedrückt: für „Leben inne Bude“! – Es mag durchaus sein, dass eine Halle auf dem Frohnhauser Platz bei entsprechendem Marketing und durch weitere Belebung von Händlerseite eine besondere Art von „temporärem EKZ“ mit speziellem Flair ergeben kann. Geschicktes Marketing und fleißige PR-Arbeit wären Voraussetzungen dafür, dass eine solche Halle für den gesamten Stadtteil Frohnhausen auch zu einem Prestige-Gewinn werden könnte. Auf bloße Mundpropaganda dürfte man sich nicht verlassen.
Natürlich mag man argwöhnen, dass bei vermehrter Nutzung des Frohnhauser Platzes in einer Halle auch für nicht gerade lautlose Events gerade jene Bürger den „Aufstand gegen Lärm“ wagen, die gegenwärtig mit dem Gedanken an eine „Markthalle“ sympathisieren. Das wird wohl so werden im Falles des Falles.
Doch eine besondere Schwierigkeit, die es zu überwinden gälte, ist das, was sich jeder in verschiedener Weise unter „Halle“ vorstellt. Es wird nur etwas sein, das aus Lebenserfahrung im Gedächtnis verankert ist; also bei jedem etwas anderes. Hier kann es jedoch nur um etwas gehen, das es noch nicht gibt. Insofern müsste erst einmal ein Entwurf her, der davon eine Vorstellung vermittelt.
Sonz wirtat nix mit ne ohrntliche Diskusjohn...
Interessant in diesem Zusammenhang die Bemerkung eines Vertreters der Stadt Essen: „Das, was sie haben, wissen sie nicht zu pflegen, und dann soll sogar etwas Neues her, mit dem sie dann auch wieder nicht umzugehen wissen. Ich höre immer wieder Worte und sehe keine Taten. – Soll alles die 'Obrigkeit' richten? Sind wir eine 'Wundertüte'?“
Berichtet wird andererseits, was der Bezirksbürgermeister Klaus Persch zu seinem „Traum“ erzählt haben soll: „Eine bessere Anbindung der Marktfläche zum Westpark. Eine Tiefgarage unter der Marktfläche, um auch die Parksituation im Umfeld des Marktplatzes zu entlasten. Ideal wäre auf dem Marktplatz ein Café/Bistro zu errichten. Eine Markthalle oder zumindest eine überdachte Marktfläche. Wie gesagt, nur Träume. Aber wer das Unmögliche erreichen will, muss das Utopische fordern.“
Kann man von solchen „Utopisten“ Realpolitik erwarten? – Vielleicht. – Denn vielleicht weiß der Politiker Persch etwas, das andere nur gerüchtweise aufschnappen mögen. Denn: 2017 (oder so um den Dreh) laufen Fördermittel für den Frohnhauser Markt aus. Glücklicherweise sollen schon ein Einkaufsverband deutscher Kaufleute und ein Discounter bei der Stadt wegen des Grundstücks auf der Matte stehen und verlockende Pläne haben. – Was wird ein leeres Stadtsäckel sagen, wenn es einen lukrativen Deal machen kann...? - Dann mag „Markt“ nur noch als „wertvolles Grundstück“ zählen.
Dann könnte das „Unmögliche“, das dem Politiker als „Utopie“ schwant, Realität werden, und er bekommt seine Tiefgarage und obendrauf seine Halle, eventuell sogar mit Bistro/Café. Dann allerdings eine Halle ohne Markthändler, einen 08/15-Supermarkt.
Leben zurückbringen
Grund zu einer Entkrustung von Denken und Handeln und zur Schaffung von attraktiven Umgestaltungen gibt es auch aus anderen Erkenntnissen: „Nach den Prognosen des LDS wird das Ruhrgebiet im Zeitraum 1998 bis 2015 fast 7 Prozent seiner Einwohner verlieren - das sind mehr als 374.000 Menschen! Besonders problematisch ist dabei der Rückgang der unter 19 jährigen mit über 13 Prozent, bei den 19 bis unter 60 jährigen wird ein Rückgang von über 7 Prozent prognostiziert. Dieser Trend führt zu deutlichen Engpässen auf dem Arbeitsmarkt und dies bereits in den nächsten 15 Jahren. Der sich dramatisch verschärfende Fachkräftemangel könnte sogar zu einer Stagnation des Tertiarisierungsprozesses im Ruhrgebiet führen. Enormer Handlungsbedarf besteht nach Ansicht der Studie auch durch eine mögliche Verschärfung der sozialräumlichen Struktur vieler Ruhrgebietsstädte. Bereits heute zeichneten sich die Folgen mangelnder Integration in einigen Stadtteilen ab. Es könnten sich durch den Vergreisungsprozess zwei parallele Prozesse abspielen: zum einen eine Überalterung der deutschen Wohnbevölkerung in Stadtteilen mit hohem Eigentumsanteil von Deutschen an den Wohnungen, zum anderen eine Umschichtung in der Nationalitätenstruktur vor allem dort, wo bereits Ausländer dominieren und sich Leerstände im Wohnungsbestand auftun. Diesen Herausforderungen kann - so die Studie - begegnet werden, in dem das Ruhrgebiet zu einer „Pilotregion“ erklärt werde.“
Quelle(Klick drauf!)
URALT!(Vor über einem Jahrzehnt geschrieben!) – Oller Tobak! Sage niemand, man habe es nicht längst wissen können!
Man hat das Notwendige „verschlafen“...
Mit anderen Worten: Auch Essen muss etwas tun, um das dauerhafte Verweilen in der Stadt lebenswerter und die Möglichkeiten in den Vororten erlebenswerter zu machen.
Mehr...!(Klick drauf!) – Noch mehr...!(Klick drauf! - Siehe insbesondere den hinteren Teil...)
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Weitere Rahmen-Informationen:
(Vergrößern: In das das Bild klicken!)
Wo man sich aus dem Jahre 1867 ein Prinzip „luftiger Bauweise“ abschauen kann:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/38/Berlin_Markthalle_Hitzig.jpg
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„Burg aus Stein“, die aus heutiger Sicht ein absolutes Unding darstellt:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/21/Berlin_Zentralmarkthalle_1896.jpg
Protz, der früher (1897) Macht und Größe darstellen sollte:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/0e/Berlin_Markthalle_V_Seitenfassade.jpg
Eine alte Halle (mit Flair) in Frankreich:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/77/Halle_Milly.jpg
Eine moderne (Reit-)Halle in Leichtbauweise:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/6a/Uje%C5%BCd%C5%BCalnia_z_zewn%C4%85trz.jpg
Infos zum „Prinzip Halle“:
http://de.wikipedia.org/wiki/Halle_(Architektur)
Nichts davon kommt in Bezug auf den Frohnhauser Markt voll infrage.
Hier dagegen muss das Prinzip „leicht, grazil, transparent, leicht zugänglich“ gelten.
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Der etwa gekürzte Artikel in der Druckausgabe:
(Klick ins Bild!)
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Autor:Manfred Schuermann aus Essen-Ruhr |
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