Zu Unrecht oft übersehen
Die Bergbauplastik "Steile Lagerung"
Gemütlich ist anders. Die meisten Leute hetzen über den Europaplatz in Richtung Südseite des Hauptbahnhofs und Innenstadt oder von dort zurück in ihre Büros. Gerade an einem stürmischen und regenerischen Tag bietet die fast nackte Betonplatte, die die A40 deckelt , keinen Schutz vor den Unbillen des Wetters. Von dem spärlichen Grün geht ebenfalls nichts Anheimelndes aus.Kaum jemand registriert die Bronzeplatik "Steile Lagerung" von Max Kratz, die man 1989 an diesem unwirtlichen Ort platziert hat.
Auch den auswertigen Gästen der Stadt fällt sie offenbar an dieser Stelle kaum auf.
"Monument you usually just pass by", heißt es bei tripadvisor.
Ehe man die aus 60 einzeln gegossenen Bronzeteilen zusammengesetze Skulptur dort aufstellte, hatten die Verantwortlichen offenbar selber Zweifel am geplanten Standort und ließen ein Sperrholzmodell der Plastik am Kennedyplatz auf seine Außenwirkung überprüfen. Sie entschieden sich 1989 dennoch gegen den vermeintlich attraktiveren Ort im Zentrum der City und für den etwas abgelegenen Platz an der "Freiheit".
Dort bildet die "Steile Lagerung" des Düsseldorfer Bildhauers Max Kratz einen starken Kontrast zu den Bürohochhäusern in der unmittelbaren Umgebung und weist gerade an dieser Stelle auf den Strukturwandel Essens von der einst größten Bergbaustadt Europas zur Dienstleistungs- und Verwaltungsstadt hin.
Auch inhaltlich ist das Kunstwerk umstritten. Von "bergmännisch eine Katastrophe" und "vordergründiger Bergbauromantik" bis zu "Bergbaukitsch" fallen die negativen Beurteilungen aus. Dabei sollten die kohleschwarzen Figuren eine Würdigung und Dank an die Bergleute für deren schwere Arbeit unter Tage darstellen. Doch in der nachgestellten Szene im Flöz, wo die Kumpel mit Hammer und Pickel dicht gedrängt die Kohle abbauen, erkannten selbst viele ehemalige Bergleute ihren einstigen Arbeitsplatz mit seinen Arbeitsbedingungen kaum wieder.
Aber wenn Kunst zum Nachdenken und Diskutieren anregen soll, haben Standort und Plastik ihre Funktion voll erfüllt.
In dem lesenswerten Buch "Essen entdecken - 100 besondere Orte" von Vera Eckardt und Frank Stenglein wird das Bergbaudenkmal gleich als dritter besonderer Ort in der Stadt vorgestellt und hat dort zwischen Münsterkirche und Baldeneysee einen würdigen und passenden Standort gefunden.
In der Kunst, in der Politik und bei der Aufstellung der Fußballnationalmannschaft kann man es eben nicht jedem recht machen. ;-))
Autor:Bernd Dröse aus Essen-West |
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