Auch im alten Rom gab es Fakes

Mit "Varus" in Haltern auf dem Römertag
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Kaum zu glauben, aber warum wird den Überlebenden der Varusschlacht im Teutoburger Wald die Rückkehr nach Italien verboten? (Dio22) Gründe dafür können eigentlich nur in einem ungeheuren Skandal bestehen, der aber nicht in die in die Öffentlichkeit durfte.

Sürmisches Herbstwetter, dicht stehende Urwaldbäume, unpassierbare Wege durch Sümpfe gelten bis heute als Gründe für den Untergang der Varuslegionen.auf dem Urwaldmarsch ins Winterquatier, und auch nnicht zu vergessen die Hinterlist des Arminus was der Historiker Cassius Dio-  übrigens als einziger röm. Historiker - anschaulich schildert. Klingt auch sehr plausibel, deckt sich aber überhaupt nicht mit den anderen Historikern vor allen Dingen denen unmittelbar nach der Schlacht. Sein Bericht stammt nämlich erst aus dem 3.Jhrt. n.Chr. also 200 Jahre nach der Schlacht. Er gibt unumwunden zu, ausschließlich aus Senatsakten des Kaisers Augustus zu zitieren, deren Wahrheitsgehalt er ausdrücklich nicht überprüfen kann.

Von Tacitus erfahren wir etwas ganz anderes, etwas viel authentischeres, er zitiert nämlich Zeitzeugen, die Germanicus, Enkel des Augustus, 6 Jahre später auf das Varus-Schlachtfeld begleiten. Erwill die Reste der Gefallenen würdig bestatten, aber statt sie kilometerlang verstreut im Urwald zu finden, wie nach Dio zu erwarten gewesen wäre, findet Germanicus sie ganz umschrieben in einem Lager und zwar in dem des Varus („Prima Vari castra“) , auf dessen „campus* (Versammlungsplatz) und jetzt wird es geradezu abenteuerlich, die Reste aller drei(!) Varus-Legionen verstreut liegen. 

Das bedeutet, die Legionäre hatten das Lager gar nicht verlassen (Tac. Ann I, 61). Sie waren also nie auf einem Marsch gewesen, allerhöchstens hinterher durch die Wälder geflohen. Von Überlebenden erfährt dann Germanicus, Varus hätte vorher auf einer Tribüne Gericht gehalten, auf der Arminius dann später die geraubten Feldzeichen verhöhnt habe. Dies deckt sich auffallnd gut mit den Darstellungen der Historiker Florus und Velleius Paterculus (Offizier und Zeitzeuge),, der mit Dio nicht das Geringste zu tun hat. Das Lager muß also von Innen her erobert sein, was Prof Ranke und Höfer für viel wahrscheinlicher halten als die Schilderung des Dio, der weder vom Lagerverlust, der Kapitulation noch von der Desertion der Reiterei etwas wissen will, Ereignisse, die aber für Römer absolut skandalös und unzumutbar waren und auf keinen Fall bekannt werden durften. Sie hätten den unsterblichen Ruhm des ehrgeizigen Kaisers sicher schwer beschädigt.

„Drei Legionen vernichtet, das Lager geraubt“

Aber wie ist das Unmögliche abgelaufen: Varus wollte als Krönung seiner Militärkarriere aus Germanien endlich eine römische Provinz machen und römisches Recht einführen. Dabei inszeniert er sich als leidenschaftlicher Prätor (Oberrichter), er spricht Recht,als wäre er auf dem Forum in Rom.(Velleius II,117ff.) Darin wittern die Germanen ihre Chance und beschäftigen ihn den ganzen Sommer über mit einer Unzahl von meist erfundenen Querelen. Immer mehr Zuschauer gelangen so nach und nach zu den Prozessen ins Lager. Noch dazu waren die Legioäre gar nicht gerüstet geschweige denn in Alarmbereischaft, so groß war die Unbedarfheit und Leichtgläubigkeit des Varus..

Die Legionen waren sogar im „Dienstfrei“

Er hatte sogar nichts Böses ahnend  die Germanen im Herbst zum jährlichen Konvent in sein Lager einberufen.. Trotz eindeutiger Warnungen gibt er sogar seinen Legionären
„Dienstfrei“ („legiones vacuas“, Tacitus Ann II,46), vielleicht weil Kaiser Augustus Geburtstag (23.September) hatte. Das Ruf des Herolds zur Eröfffnung des Konvents ist das verabredete Zeichen zum Losschlagen für die Aufrührer.

Die Gerichtstribüne, auf der Varus völlig ohne Argwohn präsidiert, wird gestürmt, sein Offizierschor niedergemacht. Die ungerüsteten und jetzt führerlosen Legionäre rennen ziellos einer immer größer werdenden Masse von Germanen ins Messer, die durch die geöffneten Lagertore hereinströmen. Florus bringt es kurz und bündig auf den Punkt: „castra rapiuntur“, das Lager wird geraubt. Varus stürzt sich nach dreitägiger Belagerung ins Schwert, nachdem ihm die Köpfe der Gefallenen an Lanzen über den Wall gezeigt werden. Seiner halbverbrannte wird der Kopf abgeschlagen, der gelangt über Marobodus nach Rom.
Die Reste dieses Szenario findet Germanicus

nun 6 Jahre später bei seinem Besuch im Varus- Lager vor. Voller Trauer bestattet er dort die Knochen der drei Varus-Legionen in einem Hügelgrab (Tumulus), das allerdings sofort nach seinem Abzug wieder zerstört wird. Auf eine Wiederherstellung verzichtet er! Das macht die Suche nicht leichter, jedenfalls ist es nicht Kalkriese gefunden worden.

Der Germanienkenner Tiberius, Nachfolger des Kaisers Augustus verlegt die Grenze zurück an den Rhein! Nach einer wohl einer Schlacht am „Angrivarier Wall“ im Jahr 16 beordert Tiberius Germanicus von seinem Rachefeldzug zurück. Das Abenteuer „Germania inferior“ als römische Provinz ist zu Ende. Aber Augustus ist es immerhin gelungen mit einer Schönfärbung der „Schlacht im Teutoburger Wald“ seine Ehre zu retten –was ihm bis heute gelungen ist!

Helmut Förster, Jan 2018

Autor:

Dr. Helmut Förster aus Essen-West

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