Wolfgang Neukirchner gestorben: Er war der heimliche Erfinder von Heino und schrieb über 200 Schlagertexte
Die GEMA hat vor wenigen Tagen eines ihrer erfolgreichsten Mitglieder verloren. Am 16. Oktober verstarb im Alter von fast 94 Jahren der Bredeneyer Wolfgang Neukirchner. Über 200 Liedtexte, darunter Hits wie „Blau blüht der Enzian“ von Heino, „Schaffe, schaffe Häusle baue“ von Ralf Bendix oder „Es gibt kein Bier auf Hawaii“ von Paul Kuhn, entstammten seiner Feder.
Wolfgang Neukirchner kam am 20. Dezember 1923 in einer Musikerfamilie zur Welt. Sein Vater war Kammermusiker, seine Mutter klassische Sängerin. Nach vier Jahren Volksschule wechselte der kleine Wolfgang aufs Gymnasium, die Bredeneyer Goetheschule, studierte später Jura in Bamberg. Er lernte Flöte wie sein Vater, brachte sich später selbst Gitarre bei, entwickelte seine Liebe zum Jazz und Blues und gründete eine Musikgruppe, die „Band ohne Namen“. Nach dem Krieg, als Jurastudent, spielte er in einem Hochschulorchester und vertonte Texte von Walther von der Vogelweide und Goethes „Erlkönig“-Ballade – als Swing-Nummern.
Jurist mit dem Motto „Morgens richten, abends dichten“
Drei Jahre zog er mit dem Studentenkabarett „Die Amnestierten“, in dem Ursula Noack (später Münchner Lach- und Schießgesellschaft)und Hanne Wieder auftraten, durch die Lande. Erst auf den letzten Drücker beendete er sein Studium und wurde später Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen. „Ich bin eben nur ein halber Bohemien, zur anderen Hälfte bin ich ein Spießbürger“, meinte er. Unter dem Motto „Morgens richten, abends dichten“ gestaltete er sein produktives Doppelleben, komponierte Songs auf einer Heimorgel.
Über Ralf Bendix, Schulfreund aus Bredeneyer Tagen, der eigentlich Karl-Heinz Schwab (Dr. rer. pol.) hieß und hauptberuflich Filialleiter einer amerikanischen Fluggesellschaft in Düsseldorf war, kam er ins Schlagergeschäft. 1964 schrieb Neukirchner für seinen Freund Bendix etwas Bodenständiges. „Schaffe, schaffe, Häusle baue“ ist bis heute die heimliche Nationalhymne der Schwaben geblieben. Unter dem Motto „Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps“ verschanzte sich der korrekte Richter beim Texten hinter den Pseudonymen Sigi Mahr und Josua Röckelein, gemeinsam mit dem Komponisten und Arrangeur Erich Becht hinter dem Pseudonym Adolf von Kleebsattel. An die 200 Lieder sind entstanden u. a. für Udo Jürgens („Peppino“ und „Frag mich nie, was Heimat ist“), Bobbejaan („Ich steh an der Bar und ich habe kein Geld“), Gitte, Rex Gildo oder Cliff Richard. Seine größte Kunstfigur aber wurde Heino. Der tingelte damals mit Seemannsliedern ähnlich wie Freddy durch die Lande, bekam aber vom Autorenteam Becht/Neukirchner ein neues Image, das ihm zum absoluten Durchbruch verhalf. „Karamba, Karacho, ein Whisky“, „Carneval in Rio“ und natürlich das Enzian-Lied (1972 insgesamt 15 Wochen in den Top Ten) belegen das.
Auch nach der Karriere gab es private Sessions mit Paul Kuhn
Mit Ralf Bendix, der am 1. September 2014 verstarb, traf Neukirchner sich noch zum 50-jährigen Abi-Jubiläum in Bredeney. Die Zusammenarbeit mit Heino endete 1988. Kurz darauf zog sich der dichtende Richter aus dem Musikbusiness zurück, hielt aber immer noch mit Paul Kuhn privat die eine oder andere Session ab. Zu dessen größtem Hit wird noch immer fleißig geschunkelt und gesungen. Bier gibt es schon seit 1889 auf Hawaii. Aber seit dem Hit aus Essen glaubt das kein Mensch.
Text: Klaus Pelizäus (Teile aus dem Musenlust-BLOG „Wolfgang Neukirchner im Portrait“ von Claudia Karner.)
Autor:Lokalkompass Essen-Süd aus Essen-Süd |
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