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Kohle und Kumpel

Detlef Spahn und Klaus Adamsky haben mehr als ihr halbes Leben unter und über Tage verbracht. Ihre Dönekes geben sie gerne weiter – bei einer Führung durch die Zeche Zollverein

So schließt sich der Kreis: Die Bergmänner Detlef Spahn und Klaus Adamsky kennen auf der Zeche Zollverein jeden Winkel. Bis zur Stilllegung 1986 waren sie dort beschäftigt – Spahn über Tage in der Kohlenwäsche, Adamsky unter Tage. Heute führen sie Besucher durch den Denkmalpfad „Zollverein“, der von der NRW-Stiftung unterstützt wird und pünktlich zum Kulturhauptstadt-Jahr 2010 mit einem neuen Bespielungskonzept wiedereröffnet wurde. Er umfasst die Übertageanlagen Schacht XII,1/2/8 und die Kokerei.

Der letzte „Diensttag“ war ein Dienstag: Am 23. Dezember 1986 wurde die Zeche Zollverein stillgelegt. Detlef Spahn, der damals in der Kohlenwäsche über Tage tätig war, erinnert sich noch sehr genau an diese besondere Schicht: „Um 24 Uhr haben wir die Wäsche abgesetzt, die ganze Mannschaft saß noch einmal beisammen. Wir haben in die Runde gefragt: Auf welche Zeche wirst du verlegt? Das waren traurige Weihnachten.“

Gästeführer

Detlef Spahn ist heute 70 Jahre alt,sein ganzes Leben wohnt er in derBergarbeiter Kolonie im Essener Norden– keine 100 Meter von Zollvereinentfernt. Den strukturellen Wandelvom leistungsstärksten Steinkohlebergwerkder Welt zum Unesco-Welterbe hat er stets mitverfolgt.Vor drei Jahren ist er an seinen altenArbeitsplatz zurückgekehrt: alsGästeführer im Denkmalpfad. Mitgebrachthat er seinen ehemaligenLehrling und heute bestenFreund, Klaus Adamsky. „Soschließt sich der Kreis. Wirsind wieder hier“, sagtAdamsky. Beide führenBesuchergruppen allerAltersklassen durchden Denkmalpfadund haben dabeiviele einzigartige Anekdoten („Dönekes“,wie der Bergmann sagt) ausihrem Berufsalltag auf Zollvereinim Gepäck.

Über Tage

Der Denkmalpfad „Zollverein“ umfasst die Übertageanlagen Schacht XII und die Kokerei der 1932 in Betrieb genommenen Zeche. „Der Pfad zeigt den Weg der Kohle über Tage, angefangen bei der Aufbereitung über die Verladung bis hin zur Verkokung“, erklärt Thorsten Seifert, der den Denkmalpfad entwickelt hat. Dabei wirkt alles so als wäre die letzte Schicht erst gestern gewesen: In der Schlosserei liegt noch das originale Werkzeug herum, Staub wird aufgewirbelt und es riecht nach Arbeit. „Mit Hilfe von Animationen machen wir die Maschinen kurzzeitig wieder lebendig“, so Seifert. Die Besucher erfahren bei den Führungen außerdem, unter welchen Bedingungen die Bergleute unter und über Tage gearbeitet haben.

„Dönekes“

Als langjährige Beschäftigte der Zeche Zollverein haben Detlef Spahn und Klaus Adamsky an vielen Stationen des Denkmalpfades bereits selbst gearbeitet. Spahn begann1960 seine Ausbildung zum Schlosser. Sein Bruder, Vater, Großvater und Urgroßvater waren ebenfalls „Zollvereiner“. Eine Wahl hatte er daher nie: „Es hieß immer nur: Gehste auf die Zeche, haste Arbeit!“ Doch seine Berufswahl hat er nie bereut: Auch wenn die Arbeit hart, dreckig und mitunter gefährlich war, auf seine „Kumpel“ konnte er sich immer hundertprozentig verlassen: „Die Solidarität innerhalb der Mannschaft war einzigartig. Jeder half jedem. Das hat sich bis heute nicht geändert.“ Nach der Stilllegung von Zollverein arbeitete er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2000 auf der Zeche Hugo in Gelsenkirchen. Auch der 17 Jahre jüngere Klaus Adamsky wurde in eine Bergmannsfamilie hineingeboren. Seine Eltern kamen nach dem Krieg ins Ruhrgebiet, als Arbeitskräfte für den Wiederaufbau benötigt wurden. Klar, dass auch Adamsky mit 14 Jahren seine Ausbildung auf dem „Pütt“ begann. Nach seiner Bundeswehrzeit arbeitete er ausschließlich unter Tage – bis 1981 auf Zollverein. Es folgten die Zechen Nordstern und Consolidation in Gelsenkirchen sowie Westerholt in Herten. „Immer wenn ein Bergwerkstill gelegt wurde, musste ich wieder ganz von vorne anfangen“, erzählt Adamsky.

Zechen-Sanitäter

Heute, mit 53 Jahren, ist er längst„kein Fall für die Couch“, wie er gerne sagt. Viel lieber gibt er das Erlebte, die vielen lustigen, aber auch dramatischen Püttgeschichten, an die Besucher des Denkmalpfades weiter. So erzählen die Kumpel gerne davon, wie sich 20 Bergleute nach der Schicht in der Dusche gegenseitig den Kohlenstaub vom Rücken geschrubbt haben. Oder sie berichten aus ihrem Leben in der Kolonie mit den vielen Schrebergärten und den Tauben, die ihre Väter gezüchtet haben. „Wir haben als Kinder immer am Rande des Zechengeländes Fußball gespielt“, erinnert sich Adamsky. „Wenn sich jemand beim Pöhlen verletzt hatte, sind wir immer zum Zechen-Sanitäter gegangen und nicht zum Arzt.“

Viele gemeinnützige Projekte in Nordrhein-Westfalen werden mit Lotterie-Einnahmen unterstützt. Neben dem Denkmalschutz erhalten Sport, Wohlfahrt, Gesundheit, Naturschutz und Kultur über das Land Gelder, die von Westlotto erwirtschaftet werden

Öffentliche Führungen:

Schacht XII: Montag bis Freitag: 11, 14 und 16 Uhr; am Wochenende und an Feiertagen stündlich von 11 bis 17 Uhr; Dauer: 2 Stunden
Kokerei: Montag bis Freitag:14.30 Uhr, am Wochenende und an Feiertagen11.30 und 14.30 Uhr; Dauer: 2 Stunden
Schacht XII und Kokerei: am Wochenende und an Feiertagen 13:30 Uhr; Dauer 4 Stunden (inkl. Kaffeepause)
Geschlossen: 24., 25. und 31. Dezember
Anmeldung: Tel. 0201 246810 oder denkmalpfad@zollverein.de
www.zollverein.de

Autor:

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