Tag der Archive in Essen – Ein Blick hinter die Kulissen

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Viele Archive öffneten bundesweit und ließen mehr oder weniger einen Blick hinter die Kulissen zu. Das Stadtarchiv in Essen im Haus der Geschichte organisierte nicht nur eine kurze Führung in das Magazin des Archivs, sondern klärte auch in einer anderen Führung über die Arbeit des Restaurators auf, wo Archivalien so bearbeitet werden, dass sie für die nächsten Jahre weiter bestehen können. Umrahmt wurde das von 10-17 Uhr andauernde Angebot von einem Bücherflohmarkt sowie die Möglichkeit für historische Vereine in ganz Essen, sich an Ständen zu präsentieren. Abgerundet wurde der Tag durch das Angebot der Ahnenforschungsgruppe FAZIT, das ebenfalls sein Archiv öffnete.

Im Magazin befinden sich gut 17 Regalkilometer Platz für Archivalien, wovon 12 Kilometer bereits belegt sind. Mehrere Archivare bekommen Unterlagen von der Stadt Essen und auch von privat. Sie sichten die Eingänge und entscheiden, ob sie dauerhaft, zeitweise oder gar nicht aufbewahrt werden sollen. Sowohl die Archivgesetze als auch die historische Bedeutung entscheiden über die Aufbewahrung. Die älteste Urkunde des Archiv Essen stammt aus dem Jahr 1272 und handelt von dem Verkauf einer Immobilie. Zu erwähnen wären noch die baulichen Eigenschaften des Anbaus an die ehemalige Luisenschule in Essen. Das von den Architekten Frank Ahlbrecht und Hermann Scheidt entworfene, viergeschossige Magazinhaus besteht aus 25 cm Stahlbeton-Wänden und eine Dämmung, welche durch Platten des COR-TEN-Stahls abgeschlossen wird. Der komplette Aufbau ermöglicht eine „natürliche Klimatisierung“. Anstatt einer CO2-Löschanlage wurden vermehrt Brandschutzwände eingebaut und das Magazin in vier Bereiche aufgeteilt. Man möchte verhindern, dass die Archivalien auch bei Schäden von Anlagen mit Flüssigkeiten in Verbindung kommen, ebenso soll die Luftfeuchtigkeit und die Temperatur so stabil wie möglich bleiben. Ein computergesteuertes Belüftungssystem unterstützt dieses Vorhaben.

In der Restaurationswerkstatt werden verschiedene Archivmaterialien auf ihren Zustand überprüft und gegebenenfalls restauriert. Die preußische Buchbindung geschieht mit Fäden anstatt mit Kleber. So weit das möglich ist, werden die Inhalte ebenfalls mit einem bzw. mehreren Fäden gebunden. Die Verwendung von Kleber und Wasser ist nicht gern gesehen. Die Restaurierung von Plänen auf Pergamentpapier wird mit „Japan-Papier“ vorgenommen, deren Fasern bei der Herstellung nicht gehackt, sondern geschlagen werden. Wenn man das Japan-Papier reißt, ragen einzelne Fasern raus. Das ermöglicht das Ersetzen von entstandenen Löchern im Werk und die Stabilisierung der Unterseite des gesamten Planes. Alte Urkunden wurden in der Vergangenheit mit Kleber und anderen Materialien behandelt. Ebenso wurden diese zusammengefaltet, um sie zu transportieren und mit einem, manchmal mehreren Siegeln versehen. Der Kleber und andere Reste werden heute entfernt, indem man in einem Kasten mit Rahmen aus Zedernholz und einer Glasplatte die Luftfeuchtigkeit künstlich erhöht. Das Zedernholz nimmt Feuchtigkeit von der nassen Platte auf und gibt diese nach und nach wieder ab. Die Urkunde ist durch eine weitere Plastikplatte von der nassen Platte getrennt. Das Aufweichen mittels künstlicher Luftfeuchtigkeit verhindert, dass die Urkunde wellig und/oder die Schrifttinte beschädigt wird. Sollte solch eine Führung im nächsten Jahr wieder stattfinden, so empfehle ich den Besuch.

Im ersten Obergeschoss der Luisenschule befanden sich eine Vielzahl von historischen Vereinen aus Essener Stadtteilen. Der „Historische Verein Essen“ stellt seit 1880 die Verbindung zwischen der Stadt Essen und dem Stift Essen her, deren Konflikte in der Reformationszeit Geschichte schrieben. Der Rat der Stadt Essen beschloss außerdem, ein Archiv „Alte Synagoge“ aufzubauen, um so die jüdische Geschichte in Essen lebendig zu halten. Mit etwa 20.000 jüdischen Bewohnern stellte Essen zeitweise die größte jüdische Gemeinde in Deutschland. Aufgelöst wurde die jüdische Gemeinde in der NS-Zeit. Im Archiv befinden sich sowohl Informationen über die allgemeine jüdische Geschichte als auch Daten der jüdischen Familienkunde. Gesammelt wurden außerdem Geschichten und Erlebnisse von jüdischen Auswanderern sowie Schicksale, die in der NS-Zeit endeten. Weitere Vereine beschäftigen sich mit anderen Stadtteilen wie Essen-Horst, Eiberg, Steele, Borbeck und einige mehr.

Die Ahnenforschungsgruppe FAZIT öffnete ebenfalls seine Pforten im Raum 119 und wurde sehr gut besucht. Kurze und informative Gespräche waren trotzdem möglich. Erfreulicherweise waren auch Flyer des „Roland zu Dortmund e.V.“ zu finden.

Im Großen und Ganzen kann ich sagen, dass das Angebot des Stadtarchivs Essen zum Tag der Archive ein reichhaltiges und informatives Angebot war. Auch für Kaffee, Getränke, Brötchen und Würstchen vom Grill wurde gesorgt. Auf eine Wiederholung freuen sich nicht nur die Essener Bewohner.

Autor:

Jörn Diedrichsen aus Mülheim an der Ruhr

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