„Nicht jammern - sondern machen!“ - Sport mit Beinprothese - Mike Schmitz zeigt, wie es geht
Mike Schmitz aus Bredeney, 47 Jahre jung, kaufmännischer Angestellter und seit 27 Jahren Träger einen sogenannten Beinprothese. Bei einem Motorradunfall verlor der damals 19jährige sein rechtes Bein und musste fortan auf einem Bein durchs Leben gehen. Dass ihm das bis heute mehr als gut gelungen ist - davon konnte sich der Süd Anzeiger bei einem Gespräch überzeugen. Getroffen haben wir Schmitz an der Regattastrecke am Baldeneysee - einer seiner Trainingsstrecken…
VON JULIA COLMSEE
Sie haben richtig gelesen: Trainingsstrecke. Denn Schmitz hat seit einer Zeit den Laufsport für sich entdeckt! „Das geht jetzt!! 24 Jahre habe ich eine sogenannte mechanische Beinprothese getragen - da war an viele Dinge überhaupt nicht zu denken. Lange Strecken zu laufen ging nicht wirklich oder Radfahren - das funktionierte auch nicht! Und ganz abgesehen davon: man sah es halt auch beim Laufen!“
Dementsprechend sei er viele, viele Jahre überhaupt nicht sportlich aktiv gewesen. „Ich war ein richtig fauler Sack“, lacht der 47jährige. Bis er vor drei Jahren sein erstes elektronisches Bein bekam. Jede Menge ausgeklügelte Technik und Mikroprozessoren unterstützen in diesen neuen „High-Tec-Beinen“ den Nutzer und versuchen das normale Gehen nachzustellen. „Man kann dann plötzlich Dinge, die man seit Jahren so nicht mehr geschafft oder sich so nicht mehr getraut hat. Da hatte ich schon Tränen in den Augen!“ Treppen steigen oder einen Abhang hinunter zu gehen - was für die meisten Menschen unspektakulär erscheint, ist für die Nutzer einer Beinprothese lange noch nicht selbstverständlich. „Ich musste natürlich in einer speziellen Kur das Laufen mit dem neuen Bein lernen und üben - plötzlich war alles anders - wieder einfacher!“
Auch sportliche Aktivitäten waren wieder möglich - Schmitz stieg seit langen Jahren mal wieder aufs Fahrrad. „Das ging! Und es hat mir unglaublich Spaß gemacht - ich habe mir unterschiedliche Trainingsstrecken zurecht gelegt und bin immer längere Strecken gefahren - ein tolles Gefühl!“
Doch das war noch nicht alles - Mike Schmitz wollte auch laufen! „Früher habe ich immer meine Frau angestubst: Schau mal- da kommen wieder diese Spinner mit den Stöcken! Heute sehe ich das ganz anders - heute gehöre ich selber dazu!“
Langsam fing er an - und steigerte sich kontinuierlich! „Man darf ja nicht vergessen: Ich muss auch mit dem neuen Bein 50 Prozent mehr Energie aufwenden, als ein normaler Läufer! Da geht einem schon ganz schön die Pumpe. Aber Training ist alles - ich wurde immer schneller.“ Im April des vergangenen Jahres war es soweit - Schmitz meldete sich für einen ersten offiziellen Walking-Lauf an - in Überruhr. „Ich habe natürlich erstmal nachgefragt, ob die mich überhaupt nehmen… Das war aber überhaupt kein Problem. Aufgeregt war ich sehr - ob ich da wohl mithalten kann?“ Er konnte, absolvierte den Lauf nicht nur souverän, sondern erreichte auch eine überaus beachtliche Zeit. „Ich war zweiter in meiner Altersklasse - und wirklich überwältigt!“
Im Oktober des vergangenen Jahres bekam Schmitz erneut ein neues Bein - das sogenannte Genium X3. „Dadurch hat sich meine Lebensqualität noch einmal verbessert. Mit dieser Beinprothese kann ich starke Gefälle laufen, Treppen abwärts gehen, aber auch Treppen steigen.“ Und weitere Läufe bestreiten! Beim Lauf in Überruhr ist er natürlich wieder angemeldet (23. April) und ebenfalls für den WDR Walking Day am 29. Mai am Baldeneysee. „Es macht mir einfach unglaublich viel Spaß - und hoffe, dass ich mit meinem Einsatz auch anderen zeigen kann: ‚Du schaffst das‘. Man muss es manchmal einfach nur versuchen und an sich glauben.“
Autor:Julia Colmsee aus Essen-Süd |
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