Lingual-Prothetiker unter sich

Buchstaben kann man verdrehen.

Vor einigen Jahren durfte ich einem Lingual-Akrobaten zuhören: Wiglaf Droste.
Ein Meister des Wortes mit seinem unbestechlichen Sarkasmus und voll von voyeuristischer Lebensweisheit. Solchen Menschen begegnet man viel zu selten.

Ich stoße immer wieder auf solche, die ich gern als Lingual-Prothetiker bezeichne. Sie möchten gern, doch können nicht so recht.
Die deutsche Sprache samt ihrer zungenbrecherischen Satzfüller, die so auditiv beeindrucken kann, sollte vorsichtig angewendet werden.
Der Lingual-Prothetiker benutzt unbeschwert und ungeachtet aller Gesetze, Euphemismen und Fremdwörter.
So ging mein Onkel Pit, Gott hab ihn selig, regelmäßig zum "Europäer", wegen der schmerzenden Gelenke. Ich weiß nicht, ob dem Orthopäden diese unflätige Bezeichnung seines Berufsstandes bewußt war. Er war auch derjenige, der zu einer "Computerterrorgrafie" bestellt wurde, jedenfalls versuchte er uns das Glauben zu machen. Die Computertomographie ergab glücklicherweise keine schwerwiegende Erkrankung. Er ist mit 89 Jahren friedlich eingeschlafen.

Intrige im Kindergarten

Meine Freundin Irene versucht sich auch immer mal wieder in Benutzung von Worten deren Ursprung ihr unbekannt sind. Sie intrigiert gerne. In einem feurigen Plädoyer hat sie mir erklärt, wie wichtig es ist, behinderte Kinder in die von ihr zu betreuenden Blagengruppe im Kindergarten, aufzunehmen. "Auch solche Kinder müssen intrigiert werden, sagt mein Chef!" Ich ignoriere still.

Eines Tages erklärte ich ihr, ich würde stark olfaktorisch warhnehmen, meine Nase würde mir schon sagen, ob ich jemanden riechen kann oder nicht. "Ich bin auch mehr oblifaktorisch..." kam zur Antwort.
Ein ehemaliger Kollege, nennen wir ihn Fritz, erbostete sich, dass ein anderer Kollege, Hans, sich in seinen Arbeitsbereich einmischte: "Das ist mein Tresor" - fuhr er in an. Sein Grenzen zu seinem "Ressort" waren wohl eher schwammig.
"Ich wollte Sie nicht in die "Patrouille" bringen, parlierte sein Gegenüber. "Sie sind ja immer schon so "resistent" gewesen - holte Fritz zum Gegenschlag aus, ich nehme an er meinte "renitent". Im Geiste spann ich das Gespräch weiter: "Und sie nicht gerade eine "Konifere" auf ihrem Gebiet. Leider tat mir Hans nicht den Gefallen.

Andi, Lothar und Olaf können es auch

Immer wieder gerne werden ja unsere Fußballhelden zitiert: Sie nehmen an Benefiz-Fußballspielen teil, für "karikative Zwecke", ein wahrlich bildlicher Spendenaufruf - gemeint sind aber karitative Zwecke.
Andi Möller sprach von der "Deprimierung" die ihm widerfahren ist und selbst Günter Netzer hat sich mit dem Auspruch: "Im Mittelfeld gibt es eine Konversation von Spielern" nicht mit Ruhm bekleckert.
Zum Glück hatte Olaf Thon den Gegner nur leicht "retuschiert". Unkenntlich wurde er dadurch aber nicht.
Was solls - es wäre eine ungeheure "Syphilisarbeit" alles und jeden zu korregieren.

Autor:

Beatrix Gutmann aus Essen-Süd

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