Israel wiedersehen
Jugendliche aus dem Holsterhauser Wichernhaus bekamen Rückbesuch aus Israel
Die Möglichkeit, nach Israel zu reisen, konnten Jugendliche des evangelischen Wichernhauses in Holsterhausen nun schon mehrmals wahrnehmen. Seit das Jugendhaus 2009 beim Wettbewerb Vision 2025 Fördergelder gewann, lernen Jugendliche zusammen mit Wichernhaus-Leiterin Katrin Müller das Leben von Gleichaltrigen im Geburtsland Jesu kennen. Reisten im vergangenen Herbst elf Neugierige ins Land der Religionen, tausendjahrealter Kultur und extremer Sicherheitsvorkehrungen, rollten nun sechzehn- bis siebzehnjährige Israelis im Reisebus über die Stadtgrenze, um in Essen nicht minder über Ungewohntes und Neues zu staunen.
Die kleine arabische Bergstadt Maghar liegt im Norden Israels, nahe der Golanhöhen, einem ehemals syrischen und seit 1967 israelischen Grenzgebiet. Drusen stellen die Mehrheit der maghar'schen Bevölkerung, mit einigem Abstand folgen Christen und Muslime – Juden finden sich wenige bis keine dort. Einige der knapp 22.000 Einwohner lernten die Essener im Oktober 2016 näher kennen, als sie als Gäste von ihnen aufgenommen, verpflegt und beschenkt wurden.
Deutsche Gruppe flog im Herbst nach Israel
Nun war es an den deutschen Jugendlichen, den israelischen Gästen ihre Heimat vorzustellen und die europäische Kultur näherzubringen. Die war den arabisch-, hebräisch- und englischsprachigen Gästen mitunter fremd, hatten die meisten von ihnen Israel doch noch nie verlassen.
Einige Tage verbrachte die gemischte Gruppe in Berlin. Dort – und später auch in Essen – immer mit dabei war, neben den Ehrenamtlichen Fatima Dia und Tim Kundt sowie Praktikantin Alina Seidel, Shmulik Lahar. Der in einem rumänischen Flüchtlingscamp geborene Israeli ist "so alt wie der Staat Israel selbst", erzählt er. Die Eltern des 69-Jährigen flohen im Zuge des Holocausts aus ihrer ukrainischen Heimat, seine ersten Lebensjahre verbrachte Lahar ausschließlich in Zeltlagern. "Normal", erschien dem Geographen und Historiker, der in Tel Aviv und Harvard studiert hat, das damals, ganz und gar nicht normal das Kämpfen im Sechstagekrieg 1967 in den Golanhöhen, wovon er den deutschen Jugendlichen während der Fahrt durch eben diese im letzten Herbst eindrücklich erzählte.
Viele Male im Jahr ist Lahar in Deutschland. Vor fünf Jahren gründete der mehrfache Vater und Großvater die Organisation I & EYE – Israeli and European Youth Exchanges, um Brücken zu bauen, wie er sagt. "Verschiedenste Leute und Kulturen kennenzulernen, mit ihnen zu sprechen", sagt er, zwischen deutsch, englisch, hebräisch und arabisch hin und her wechselnd, "das ist so wichtig, so verstehen wir die Welt besser, verhindern Rassismus, lernen Toleranz und wertschätzen, was wir bereits haben."
Während der wenigen Tage, die die Gäste aus Maghar in Essen verbrachten, wuchs die Vertrautheit mit der Umgebung von Stunde zu Stunde. Ausflüge zum Gasometer, in einen Hochseilklettergarten, zur Essener Synagoge und ins Rathaus, wo Bürgermeister Rudolf Jelinek mit kalten Getränken und dem Panoramablick aus der obersten Etage im Rathaus wartete, festigten die Beziehungen, die in Maghar zu knüpfen begonnen wurden. Am Ende der Woche bewegten sich die Jugendlichen wie selbstverständlich mit der U-Bahn durch die Stadt, wovon es in Israel nur eine, mittlerweile stillgelegte, gibt.
Ausflüge innerhalb Essens und in die Umgebung
Gewohnt haben die Israelis bei den deutschen Familien, doch gibt es unter den Deutschen einige wenige, die die Schule bereits verlassen haben und allein, mit Partnern oder in Wohngemeinschaften leben. Ungewohnt war auch das nur kurz, schließlich ist "das Alter egal", so Shmulik Lahar, "alle sind Menschen". Deutsche und Israelis, die sich ihre Heimat und ihre Freunde vorstellen, Deutsche und Israelis, die sich ihre Lieblingsmusik vorspielen, Deutsche und Israelis, die abends zusammensitzen, Pizza essen und Karten spielen.
Autor:Julia Hubernagel aus Essen-Süd |
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