Multikulti im letzten Lebensabschnitt
Im Seniorenheim „Haus am Sandberg“ in Duisburg leben Menschen aus zehn Nationen unter einem Dach und es überrascht schon beim Betreten: Besucher werden keiner Eingangskontrolle unterzogen. Der Empfang ist nicht besetzt
Das multikulturelle Seniorenheim „Haus am Sandberg“ in Duisburg-Hochheide hat sich Offenheit seit jeher auf die Fahnen geschrieben. Zurzeit wären es übrigens zehn Fahnen, die man vor dem Gebäude hissen könnte. Denn aus so vielen unterschiedlichen Nationen stammen die derzeit 96 Bewohner mit einem Durchschnittsalter von 83 Jahren. Etwa drei Viertel der Bewohner sind deutschen Senioren, die allesamt aus der näheren Umgebung stammen, die übrigen Menschen haben einen Migrationshintergrund. Diese Mischung betrachtet Heimleiter Ralf Krause als ideal. „So funktioniert Integration am besten. Wenn das Verhältnis 50 zu 50 zwischen Einheimischen und Ausländern wäre, würden sich eher Ausgrenzungsprozesse abspielen und zwar von beiden Seiten“, weiß Krause aus langjähriger Erfahrung.
Das Forschungsprojekt „Multikulturelles Seniorenheim“ wurde 1990 vom Rhein-Ruhr-Institut für Sozialforschung und Politikberatung ins Leben gerufen. Gefördert wurde das Pilotprojekt drei Jahre lang von der Stiftung Wohlfahrtspflege des Landes NRW. Fachübergreifend fanden sich damals Anthropologen, Volkskundler, Soziologen, Mediziner und andere Wissenschaftler deutscher und ausländischer Herkunft zusammen, um Antworten auf die Frage zu finden, wie man Menschen fremder Herkunft ein angemessenes Angebot für ihren letzten Lebensabschnitt unterbreiten könnte.
Gezielt wurden ausländische Mitbürger, zum Beispiel in Moscheevereinen, gefragt, welche Anforderungen erfüllt sein müssten, damit sie sich in einem deutschen Altenheim wohl fühlen würden und bereit wären, dort einzuziehen. Hierauf wurde dann beim Bau und der Einrichtung des Hauses am Sandberg ab 1992 geachtet. Ein Beispiel dafür ist das große Atrium, das dem Wunsch vieler Migranten Rechnung trägt, eine Art dörflicher Marktplatzsituation zu erleben, in der man jederzeit mitbekommen kann, was gerade passiert. Und das ist eine ganze Menge: ob Yoga, Basteln, Spielen, Trommeln oder andere Beschäftigungen. 30 Ehrenamtliche sorgen neben den über 100 Mitarbeitern im Pflegebereich und in der Hauswirtschaft für Abwechslung im Tagesablauf der Senioren. Bei Angestellten wie Ehrenamtlichen gibt es ebenso wie bei den Bewohnern eine ausgewogene Mischung aus Deutschstämmigen und Menschen mit Migrationshintergrund.
Das Haus am Sandberg war das erste, viel beachtete multikulturelle Seniorenheim in ganz Deutschland. Heute gibt es in Duisburg selbst weitere Institutionen dieser Art. In den 90er Jahren war das noch anders. Sogar Entertainer Harald Schmidt würdigte die Duisburger Einrichtung in seiner damaligen Show, allerdings mit dem für ihn typischen Sarkasmus: „Jetzt können auch Türken ihre Eltern abschieben.“ Ein Klischee, das übrigens auch bei Deutschen immer seltener verfängt. Die starke Zunahme der an Demenz erkrankten Älteren hat dafür gesorgt, dass es eher akzeptiert wird, jemanden in die Obhut eines Heims zu geben. Denn im Verlauf dieses Krankheitsprozesses wird eine ausschließliche Betreuung durch Angehörige immer schwieriger und belastender.
Weitere Infos unter www.drk-haus-am-sandberg.de
Viele Projekte in Nordrhein-Westfalen werden aus Lotterieeinnahmen unterstützt. Auch das DRK in NRW profitiert davon.
Autor:Lokalkompass Empfehlungen aus Essen-Süd |
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