Kneipen-Szene droht zu sterben
Am 1. Mai sind die strikten Regelungen zum Rauchverbot in Kraft getreten. Seit dem darf in Gaststätten und Restaurants kein Glimmstengel mehr angezündet werden.
Alle Gastwirte, die jetzt zulassen, dass in ihren Räumen geraucht wird, müssen bei einer Kontrolle mit einem Bußgeld bis zu 2.500 Euro rechnen. Aber auch der Gast, der die Kippe im Mund hat, muss eine Strafe bezahlen. Der SÜD ANZEIGER hat sich bei Essener Gastronomen, Kneipen-Besuchern und dem Hotel- und Gaststättengewerbe umgehört, wie sie mit der Gesätzesverschärfung umgehen.
„So grob über den Daumen gepeilt rechne ich mit Umsatzeinbußen für diesen Monat von bis zu 50 Prozent“, stöhnt Mina Rieger, Wirtin der Holsterhausen Gaststätte „Domschänke“. „Ich habe zwar Tische, Stühle und Schirme vor der Gaststätte postiert, damit meine rauchenden Gäste eine ,Bleibe‘ haben, doch ich denke schon mit Schrecken an den Herbst oder Winter. Bei kaltem Schmuddelwetter setzt sich doch keiner mehr nach draußen, um genüsslich zu rauchen. Dann wird sich der Umsatz wohl nochmals verringern. Wenn meine Kasse weiterhin nur halb gefüllt bleibt, dann bin ich sowieso gespannt, ob ich die nächsten Monate finanziell ,überlebe‘. Es ist eine Schande! Die Politiker kurbeln mit ihren Aktionen und Gesetzen die Wirtschaft nicht an, sondern bremsen sie nur. Es ist eine Unverschämtheit die Bevölkerung dert zu bevormunden!“
Auch ein Gast ist über das Gaststätten-Rauchverbot erbost: „Wenn ich mit meinen Freunden Skat spiele, dann stört es ungemein, wenn immer wieder einer von uns zum Rauchen nach draußen muss. Sicherlich könnte man jetzt einwerfen, dass wir ja nicht zwingend zum Glimmstengel greifen müssen. Aber, wenn wir uns zum Skat in unserer Stammkneipe treffen, dann wird auch geraucht - und beim Genuss eines frischgezapften Bierchens ist die eine oder andere Zigarette obligatorisch.“ „Auch bei unserem regelmäßig stattfindenden Tratschkränzchen wird geraucht“, erklärt ein weiblicher Gast.
„Die Wirtin hat uns zwar Tische und Stühle vor die Tür gestellt, damit wird dort qualmen können, aber, wenn wir im Gespräch versunken sind, dann möchten wir eigentlich im Kreis der Kolleginnen an der Theke eine Zigarette rauchen und nicht vor die Gaststätte gehen müssen. Das stört die Geselligkeit!“
Christiane Behnke, Kreisvorsitzende des Deutschen Hotel- und Gaststättengewerbes, kann ebenfalls Umsatzrückgänge seit der Einführung des Rauchverbots verzeichnen: „In meinem Gastronomiebetrieb, der allerdings nicht alleine vom Spirituosen-Verkauf lebt,habe ich Umsatzeinbußen von zirka 10 Prozent. Gott sei Dank kann ich die Rückgänge etwas durch den Verkauf von Speisen und das Angebot an Hotelzimmern auffangen. Aber für meine Kollegen, die Eckkneipen betreiben, sehe ich ehrlich gesagt schwarz. Das Kundenklientel dieser Gaststätten besteht weit über 50 Prozent aus Rauchern. In der Zeit, in der die Gäste zum Rauchen vor die Tür gehen, verzehren sie nichts. Wenn der Kunde nach seiner zirka zehn minütigen Raucherpause wieder in die Kneipe kommt, möchte er natürlich ein frisch gezapftes Bier und nicht eine schale Brühe in seinem Glas vorfinden. Somit hat der Wirt nicht einmal die Zeit, vorzuzapfen. Diese Situation ist für beide nicht zufriedenstellend - der Gast muss länger auf sein Bier warten und der Wirt verkauft definitiv weniger. Ich befürchte, dass die urige Ruhrpott-Kneipenszene durch das Rauchverbot langsam aber sicher ausstirbt. Kollegen, die in ihrem Lokal über mehrere Kegelbahnen verfügen, können ebenfalls einen Umsatzrückgang verzeichnen. Es ist nicht zu glauben, aber viele Kegelvereine lösen sich auf, da sie auf den Kegelbahnen nicht mehr rauchen dürfen. Diese gesamte Entwicklung ist eine Katastrophe für die Kneipen-Szene!“
Autor:Dirk Bütefür aus Mülheim an der Ruhr |
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