Raus aus dem Hamsterrad
Eine Kur mit dem Müttergenesungswerks
Viele Menschen sind durch die Corona-Pandemie belastet und erschöpft. Mütter und Väter haben sich im Spagat zwischen Kinderbetreuung und häuslichem Schulunterricht, Beruf und Haushalt aufgerieben. Andere sind nach den isolierten Monaten mit einem pflegebedürftigen Angehörigen an die Grenzen ihrer körperlichen und nervlichen Kräfte geraten. Als Ausstieg aus dem Hamsterrad vermitteln katholische Beratungsstellen eine Kur mit dem Müttergenesungswerk.
„Der Bedarf ist zur Zeit enorm hoch, die meisten Kurkliniken sind voll belegt“, sagt Michael Küperkoch, der bei der Caritas in Bottrop jährlich 80 bis 90 Menschen eine Kur vermittelt – einigen Vätern und pflegenden Angehörigen, in der überwiegenden Zahl aber Müttern gemeinsam mit ihren Kindern. „Die Frauen sind unwahrscheinlich dankbar, sich nach dem nervenaufreibenden Corona-Jahr erholen zu können“, sagt Küperkoch. Neben der Erholung solle eine Kur vor allem dazu beitragen, den Stressfaktor daheim langfristig zu verringern und die Gesundheit der Mutter zu stabilisieren. Deshalb gibt es während der Kur Beratung im Umgang mit persönlichen Belastungen, bei der Erziehung oder in Fragen zu Trennung oder Scheidung.
Viele der 70 vom Müttergenesungswerk und den Krankenkassen akzeptierten Kliniken in Deutschland haben außerdem einen gesundheitlichen Schwerpunkt gesetzt und bieten eigene Programme etwa bei Krebserkrankung, Rheuma, Lungenleiden oder Adipositas. „Wir sind kein Reisebüro, das zur Wunschzeit an den Wunschort vermittelt“, stellt der Kurberater richtig, „aber in der Regel finden wir etwas Passendes, dem dann auch die Krankenkasse zustimmt.“
Kurberatung und Familienberatung unter einem Dach
Sinnvoll sei es, die Kurberatung mit der Familienberatung zu kombinieren, sagt Küperkoch, der den Fachbereich Kinder, Jugend, Familie bei der Bottroper Caritas leitet: „Nicht immer ist es mit einer Kur allein getan. Manche Ratsuchende brauchen im Alltag dringend Beistand in Erziehungsfragen, nach Gewalterfahrung oder in der Schwangerschaft.“ Auch wenn eine Frau auf den Beginn ihrer Kur warten müsse, könne die Caritas-Beratung dabei helfen, die Zeit zu überbrücken.
Denn natürlich mussten – wie viele andere Einrichtungen – auch die Mutter-Kind-Kliniken während des Lockdowns für drei Monate den Betrieb komplett einstellen und das Personal in Kurzarbeit schicken. Seit der Wiedereröffnung ist jetzt wieder volle Belegung im Normalbetrieb möglich, weil die Kurgäste während des dreiwöchigen Aufenthalts in ihrer Kleingruppe bleiben: In Gesprächskreisen, auf dem Spielplatz, beim Sport und bei den Mahlzeiten.
Kur zahlt die Krankenkasse
Für die Kur zahlt die Krankenkasse. Für das deutschlandweit flächendeckende Netz der 1.200 Beratungsstellen des Müttergenesungswerkes gibt es allerdings in den wenigsten Fällen öffentliche Förderung – die katholischen Beratungsstellen werden deshalb in der Regel von der Kirche finanziert. „Die Kirchensteuer ist da wirklich gut eingesetzt“, findet Küperkoch angesichts der Erschöpfung vieler Mütter und der entsprechend hohen Nachfrage nach einer Kur.
Außerdem kann, wer wenig Geld hat, bei den Reisekosten unterstützt werden oder bei den Ausgaben am Kurort, wenn Mutter und Kind vielleicht einen Sport-Dress oder Regenkleidung brauchen, oder wenn es schwer fällt, das Geld für Waschmaschinen- und Trocknernutzung aufzubringen. Diese Zuschüsse kommen aus Spendengeldern des Müttergenesungswerks.
Spendenaufkommen hat sich halbiert
„Allerdings fielen durch die Pandemie die Haus- und Straßensammlungen, die Muttertags- und andere Aktionen aus und auch die nicht unerheblichen Kollekten aus den Frauenmessen der Katholischen Frauengemeinschaft (kfd)“, sagt die Duisburgerin Lucia Lagoda, Vorsitzende der Katholischen Arbeitsgemeinschaft für Müttergenesung. Das Spendenaufkommen habe sich im Jahr 2020 halbiert, sagt Lagoda. Deshalb sei man im laufenden Jahr wirtschaftlich ganz besonders gefordert und setze darauf, dass die Unterstützer online spenden.
Autor:Lokalkompass Essen-Süd aus Essen-Süd |
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