Bombenfund: Essener Stadtteile im Ausnahmezustand
Schreck in der Morgenstunde: Am Donnerstag grub ein Baggerführer in der Baustelle an der Kortumstraße eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg aus. Es folgte die Evakuierung der Anwohner zur Gesamtschule Holsterhausen. Gegen 18.30 Uhr war der Spuk vorbei und die Bombe entschärft.
Nach dem Bombenfund informierten die Kollegen des Baggerführers umgehend die Behörden. Experten des Kampfmittelräumdienstes begutachteten den brisanten Fund: eine 250 Kilogramm schwere britische Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg.
Vor Ort bot sich mir ein ungewohntes Bild: Für die Entschärfung musste der Fundort ab 14.30 Uhr in einem Radius von 250 Metern abgesperrt und evakuiert werden. Davon betroffen waren Teile der Straßenzüge von der Zweigertstraße über die Virchowstraße, Alexanderstraße bis zur Goethestraße.
500 Personen, die sich in der Justizvollzugsanstalt und der benachbarten Forensik befunden haben, wurden innerhalb der Gebäude verlegt. Den ganzen Tag über hörte man das Heulen von Martinshörnern in den Stadtteilen Holsterhausen und Rüttenscheid.
Die Straßen rund um die Gefahrenzone, in denen ich unterwegs war, glichen gegen 15 Uhr einer Geisterstadt - kaum ein Fahrzeug fuhr dort entlang und die Fußgänger konnte man an einer Hand abzählen. Wo sich sonst die Autos in langen Schlangen vor Ampeln einreihen, herrschte gähnende Leere.
Bei meinem Gang durch die Bardeleben Straße öffnete sich plötzlich im Haus vor mir ein Fenster und eine Frau rief mir zu: „Müssen wir auch aus dem Haus raus?“. Ich verneinte und bat sie, die Fenster zu schließen.
„Was? Die Bombe muss gesprengt werden?“
An der nächsten Ecke traf ich ein junges Mädchen, das gerade in ihr Handy schrie: „Was? Die Bombe muss gesprengt werden?“ Ich konnte sie beruhigen und erklärte, dass der Kampfmittelräumdienst die Bombe entschärfen wird und sie jetzt besser zurück in ihre Wohnung gehen solle.
Die Stimmung rund um den Bomben-Fundort war mehr als angespannt. Alle Menschen hetzten die Straßen entlang, um in ihre Wohnungen zu gelangen.
Andreas Becker und Kevin Jurkat von der VA (Verkehrssicherung Essen) stellten gegen 16 Uhr die letzten Absperrbaken und Einfahrt-Verbotsschilder auf. „Hoffentlich beeilen die sich mit der Entschärfung“, so Jurkat. „Schließlich müssen wir alle Absperrungen heute Abend auch wieder einsammeln - das wird ein langer Tag.“
Auf dem Schulhof der Gesamtschule Holsterhausen herrschte um 16.15 Uhr reges Treiben. Die Helfer des Arbeiter Samariter Bundes bauten ein Zelt auf und die Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes registrierten die Bürger, die evakuiert und jetzt in der Sporthalle betreut wurden.
„Wir sind mit 50 Einsatzkräften des Arbeiter Samariter Bundes, des Deutschen Roten Kreuzes und des Malteser Hilfsdienstes vor Ort“, erklärte Christian Kuhlmann, DRK-Pressesprecher. „Wenn es hart auf hart kommt, dann können wir hier gut und gerne 200 Leute betreuen. Bis zum momentanen Zeitpunkt sind es allerdings erst zirka 20 Personen, die keine Verwandten in der Nähe wohnen haben, um dort die Zeit bis nach der Bomben-Entschärfung zu überbrücken. Dauert der Vorgang länger, dann können wir neben belegten Brötchen und Kuchen auch in unseren beiden Feldküchen eine warme Mahlzeit zubereiten.“
In der Turnhalle hatten es sich bereits einige ältere Menschen „bequem“ gemacht. Sie saßen an Biertischgarnituren und unterhielten sich.
„Die ganze Situation erinnert mich an den Zweiten Weltkrieg“, warf Käthe Potgrave (84 Jahre) in die Runde. „Ich habe fürchterliche Erinnerungen an die Kriegszeit - die kommen momentan alle wieder hoch. Hoffentlich ist dieser Spuk bald vorbei, dass ich wieder zurück in meine Wohnung an der Goethestraße kann!“
Die Entschärfung der Bombe begann um kurz vor 18 Uhr und war bereits nach 21 Minuten beendet. Sprengmeister Peter Giesecke leistete ganze Arbeit. Im Anschluss daran wurde die Absperrung wieder aufgehoben und die evakuierten Bürger durften zurück in ihre Wohnungen.
Eine Bildergalerie finden Sie in unserem Internetportal unter www.lokalkompass.de/ 416862 und www.lokalkompass.de/ 417024
Autor:Dirk Bütefür aus Mülheim an der Ruhr |
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