Was hat denn Richterin Koschinski da angerichtet? – Prozessbeobachter stellen Fragen.

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Eigentlich war es nur eine Bagatelle. In einem von der Stadt Iserlohn Bereich Bürgerservice eingeleiteten Ordnungswidrigkeitenverfahren wehrte sich eine Leistungsberechtigte gegen ein Bußgeld in Höhe von 25,00 €, weil das „Mindesthaltbarkeitsdatum“ ihres Personalausweises abgelaufen war. Dabei berief sie sich u.a. auf ein gleichgelagertes Verfahren einer Bekannten vom 27.09.2017 unter der Verfahrensführung von Richter Jens Berndt (18 OWi-574 Js 823/17-147/17). 

Am Montag, 13.08.2018 „verhandelte“ nun Richterin Koschinksi über eine Bußgeldforderung gegen eine weitere ALG II-Leistungsberechtigte.

Richterin Koschinski war mit Wirkung vom 01.01.2018 mit der Hälfte ihrer Arbeitskraft zur Richterin bei dem Amtsgericht bestellt worden. Ab dem 01.04.2018 ist sie in Vollzeit dem Amtsgericht Iserlohn zugewiesen.

Einwendungen wollte Richterin Koschinski im Termin nicht zulassen. Als wichtigen Beweis zur Entlastung der Vorwürfe, hatte die Angeschuldigte einer Gesetzesänderung des Personalausweisgesetzes vom 15.07.2017 Gehör verschaffen wollen und dazu einen Gesetzesauszug mitgebracht. Die Richterin wollte diesen aber nicht zur Kenntnis nehmen. Erst als ein Raunen durch die Zuschauerreihen ging, nahm sie die zwei Kopien entgegen. Berücksichtigt hat sie diese jedoch offensichtlich nicht.

In der bis zum 15.07.2017 gültigen Fassung des Personalausweisgesetzes forderte der Gesetzgeber
„(1) Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sind verpflichtet, einen Ausweis zu besitzen,…“ und weiter „Sie müssen ihn auf Verlangen einer zur Feststellung der Identität berechtigten Behörde vorlegen und es ihr ermöglichen, ihr Gesicht mit dem Lichtbild des Ausweises abzugleichen.“

In der ab dem 15.07.2017 geltenden Fassung tritt eine wesentliche Veränderung ein.
„(1) Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sind verpflichtet, einen gültigen Ausweis zu besitzen,“

Bei verständlicher Würdigung des Textes kann die Identität eines Bürgers auch anhand eines abgelaufenen Personalausweises durch das vorhandene Lichtbild belegt werden. Die Identitätskarte erfüllt also seine volle Funktion.

Nach Auffassung der Richterin ist es allerdings nicht möglich § 1 Personalausweisgesetz in der bis zum 15.07.2017 gültigen Fassung zu erfüllen, nämlich einen Ausweis zu besitzen, wenn dieser nicht gültig ist. Wie unlogisch und haltlos diese Aussage ist, zeigt das Foto.
 Der Geltungszeitraum wird einfach zugehalten. Nach Auffassung der Richterin Koschinski besitzt der Verfasser den Ausweis nur dann, wenn er auch gültig ist. Zum Stichtag 15.07.2017 besteht nach dem Willen des Gesetzgebers die Gültigkeitsverpflichtung. Vergessen Sie also das Foto, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist, ist die Person unindentifizierbar. Das ist deutsch. Manche sagen dumm-deutsch.

Das Problem mit der Gültigkeit

Erschreckend war auch, dass die Richterin Koschinski auf die Gültigkeit des Personalausweises abstellte, um ein Bußgeld zu vollstrecken, dass zeitgleich eine empfindliche Unterdeckung des Soziokulturellen Existenzminimums bedeutete, sich aber über die Gültigkeit des § 1 PAuswG selbstherrlich hinwegsetzte, obwohl sie in der Verhandlung auf die Gesetzesänderung ausdrücklich hingewiesen worden war.

Über die Überlegenheit einer Robe, entscheidet eben doch die Person, die sie trägt.

Im vorliegenden Fall bedeutete dies nämlich, dass nur 11 Tage nach der Gesetzesänderung (15.07.2017) der Antrag auf einen neuen Ausweis gestellt wurde (26.07.2017). Zeitnaher kann man einer Gesetzesänderung kaum Folge leisten.

Bußgeld als Ermessensentscheidung

Das Personalausweisgesetz (PAuswG) enthält in § 32 eigene Bußgeldvorschriften, die ausdrücklich als Ermessensausübung und nur auf spezifische Fälle abzielen, ausdrücklich nicht auf den Ablauf der Gültigkeit.

Darin heißt es:
„(1) Ordnungswidrig handelt, wer
entgegen § 1 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Abs. 2 Satz 1, einen Ausweis nicht besitzt, . . .

Auch hier geht die Richterin eigene Wege.

Keine Zeugenbefragung zugelassen

Und obwohl eine Zeugin der Stadt Iserlohn vom Bereich Bürgerservice vorgeladen war, wurde der Angeschuldigten kein Raum gegeben, diese zur Sache zu befragen. Rückfragen hätten schnell gezeigt, dass die Sachbearbeiterin bereits in Unkenntnis der sozialrechtlichen Komponenten und wegen der Unterlassung ihrer geschuldeten Informationspflicht zur Gebührenbefreiung gem. Personalausweisgebührenverordnung PAuswGebV § 1 (6), gar nicht kompetent war pflichtgemäßes Ermessen auszuüben.

Gebührenbefreiung für Personalausweis
"(6) Die Gebühr kann ermäßigt oder von ihrer Erhebung abgesehen werden, wenn die Person, die die Gebühr schuldet, bedürftig ist."

Dieses belegen auch z.B. die Schriftwechsel in einem anhängigen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg http://www.beispielklagen.de/klage110.html

Ja darf man denn als juristisch ungebildeter Laie Richter und Rechtsbrechung kritisieren?

Ich denke ja. Bereits die Zwischenüberschrift zeigt, dass bisweilen besondere Sorgfalt entscheidend ist über das Ergebnis. „p“ oder „b“ – „geachtet“ oder „geächtet“.

Für Richterin Koschinksi war es – trotz des Einspruchs der Leistungsberechtigten -völlig gleichgültig, dass erst mit einer Gesetzesänderung vom 15.07.2017 auf die Gültigkeit des Personalausweises abgestellt wurde.

Das Urteil ist noch nicht zugestellt worden. Wir werden es veröffentlichen. Es wird diskutiert werden.

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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