Von Autos und Sozialwohnungen
Geplante Wohnsiedlung an der Henri-Dunant-Straße erregt die Gemüter
370 Wohnungen sollten auf dem Gelände der alten Pädagogischen Hochschule an der Henri-Dunant-Straße entstehen. EBB, Anwohner und die Bürgerinitiative "Henri 2020" protestierten. Auf 298 senkte Investor Gentes die Zahl. Doch damit sei das Kernproblem nicht behoben.
"Niemand ist gegen Bebauung in Rüttenscheid", versichert Peter Dieck, Geschäftsführer des Essener Bürger Bündnis (EBB). "Die ist hier bitter nötig. Aber dann doch bitte logistisch ausgereift und mit der passenden Infrastruktur." Denn Sorgen machen sich die Betroffenen um die Fahrzeuge der neuen Mieter. Ein Verkehrschaos, wenn die neuen Rüttenscheider morgens zur Arbeit fahren, wird befürchtet. Dabei ist für die Unterbringung der Fahrzeuge gesorgt. Eine Tiefgarage, mit einer Stellplatzqoute von einem Parkplatz zu einer Wohneinheit, müsse ausreichen, meint Christoph Kerscht. "Die PKW-Dichte in Rüttenscheid ist die niedrigste in ganz Essen", sagt der Grünen-Ratsherr. "Viele Menschen ziehen hierhin, gerade weil man ohne eigenes Auto auskommt."
Verkehrskonzept soll ausreichen
Für den Bebauungsplan stimmten CDU, SPD, Grüne und FDP im Rat. Peter Dieck ärgert sich, dass die Ablehnung der Bürgerinitiative kein Gehör fand. "Wir reden hier ja noch nicht mal darüber, dass, obwohl die Anzahl der Wohnungen reduziert worden sind, der Gebäudekomplex unverändert bleibt", meint der 54-Jährige, "und dieser versiegelte Klotz optisch nicht unbedingt in die Umgebung passt ..." Die Kritik richte sich gegen das Verkehrskonzept. Die Linke hatte beantragt, eine Linksabbiegerspur von der Henri-Dunant-Straße in die Wittenbergstraße einzurichten, um den Verkehr zu entlasten. Nicht nötig, ist sich SPD-Ratsherr Thomas Rotter sicher. Zu Zeiten der Pädagogischen Hochschule seien hunderte Studenten mit dem Auto gekommen. "Der Verkehr wird davon nicht zusammenbrechen", sagt Rotter. Über zehn Jahre lang ruht übrigens der Betrieb der alten, mittlerweile abgerissenen Hochschule schon. Dr. Karlgeorg Krüger mahnt zur Geduld. Es werde sich zeigen, "ob das Verkehrskonzept hält, was es verspricht", meint der FDP-Ratsherr. "Man sollte den Mut haben, abzuwarten, was passiert."
Und dann? Werden die Bedenken der Anwohner künftig berücksichtigt? "Man hat den Eindruck, es mit einer Scheinbeteiligung zu tun zu haben", sagt Peter Dieck. "Bürger werden nach ihrer Meinung gefragt, aber hören will die so richtig keiner."
16.500 Wohnungen fehlen in Essen
Auch das geplante Essener Bürgerforum sieht er daher kritisch. In Essen fehlen bis zum Jahr 2030 rund 16.500 Wohnungen. Das Bürgerforum soll Essenern daher die Möglichkeit geben, mitzuentscheiden, wo diese zusätzlichen Wohnbauflächen entstehen können. Im dritten Quartal 2018 wird es zum ersten Mal tagen; per Zufallsentscheid werden etwa 500 Teilnehmer eingeladen. "Wir haben momentan einen Trend zur Beteiligung", erklärt Dieck, "die Wirkung bleibt jedoch fraglich."
Doch noch weiß ja niemand, welche Bevölkerungsstruktur sich im "parc dunant" niederlässt, gibt Karlgeorg Krüger zu bedenken. "Es werden dort Menschen einziehen, mit oder ohne Auto, mit Fahrrad, ohne Fahrrad", so der Radiologe. Und dass eine Brachfläche in attraktiven Wohnraum verwandelt wird, kann ja niemand ernstlich bedauern. Vor allem nicht, wenn der Anteil öffentlich geförderten Wohnraums 30 Prozent beträgt, wie laut dem Bebauungsplan in der Henri-Dunant-Straße vorgesehen ist.
Autor:Julia Hubernagel aus Essen-Süd |
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