Kartellparteien verweigern Aktuelle Stunde
SKANDAL im Essener Rat
In der Essener Ratssitzung kam es heute zu einem handfesten Skandal, denn die Altparteien lehnten die von Die PARTEI angemeldete Aktuelle Stunde zur Änderung des Kommunalwahlrechts ab 2025 ab. Lesen Sie hier die Rede von Ratsherr "El Comandante" Stadtmann, die von den Altparteien unter klarem Verstoß gegen die Geschäftsordnung verweigert wurde:
Bereits 1929 erkannte der spanische Philosoph Ortega y Gasset: „Das Wohl der Demokratien hängt von einem geringfügigen technischen Detail ab, dem Wahlverfahren!"
Oder anders ausgedrückt: Wenn die Bürger und Bürgerinnen die Altparteien nicht mehr wählen wollen, dann ändert man halt einfach schnell das Wahlrecht.
So geschehen in einer lauschigen Sommernacht, von der Öffentlichkeit unbemerkt, an einem Mittwoch-Abend im Landtag NRW während der Fußball Europameisterschaft.
In seltener Einigkeit änderten CDU, Grüne und SPD das bisherige Auszählungsverfahren zur Berechnung der Sitzverteilung in den Räten und Kreistagen in NRW für kommende Kommunalwahl 2025.
Doch der Reihe nach,- worum geht es genau?
Der Grünen Politiker Simon Rock scheint mit seinem Landtagsmandat nicht ausgelastet zu sein und betätigt sich in seiner Freizeit noch als Hobby-Mathematiker. Wahrscheinlich will er zukünftig im gleichen Atemzug mit de Hon`t und Hare/Niemeyer genannt werden.
Ironie off!
Das bisherige, bei den NRW-Kommunalwahlen übliche "Divisorverfahren mit Standardrundung nach Sainte-Laguë", welches auch bei der Bundestagswahl Anwendung findet, soll abgelöst und durch ein "Quotenverfahren mit prozentualem Restausgleich" werden.
Der neue § 33 KommWG NRW regelt die Sitzzuteilung, also das Verfahren, mittels dessen die Zahl der von einer Partei oder Wählergruppe erzielten Stimmen in die Zahl der in der Kommunalvertretung gewonnenen Sitze umgerechnet wird. Das ist genau so ein technisches Detail, von dem Ortega y Gasset sprach, denn es wird in Zukunft größere Parteien bei der Sitzzuteilung begünstigen.
Liebe Essener Bürger und Bürgerinnen, ich will sie hier nicht mit technischen oder mathematischen Details langweilen.
Im Ergebnis sollen durch die Wahlrechtsänderung bei den Kommunalwahlen im nächsten Jahr vor allem kleinere Parteien und Wählergruppen geschwächt werden, während nur die 3 großen Parteien Profiteure dieser neuen Regelung sein werden.
Wäre das neue Wahlrecht bereits bei der Kommunalwahl 2020 angewandt worden, hätte die CDU landesweit 184 Sitze mehr erreicht, die SPD 84 Sitze mehr und die Grünen 51 Sitze mehr. Deutliche Verluste bei der FDP (minus 95), den Linken (minus 64), der AfD (minus 29) und bei den kleineren Parteien gar (minus 131 Sitze).
Ein solches Vorgehen kennt man sonst nur aus autoritären Regimen und Bananenrepubliken. Also verfassungsrechtlich ein höchst bedenklicher Vorgang.
Um sich den Anschein der Legitimation zu geben, werden bei solchen Plänen Rechtsgutachten in Auftrag gegeben,- und hier gilt normalerweise bei solchen Aufträgen die Regel:
„Wer bezahlt bekommt auch das gewünschte Ergebnis geliefert.“
Doch oh Wunder, das Gutachten des renormierten Mathematik-Professor Pukelsheim kommt zu dem folgenden Ergebnis:
Das neue Verfahren "bevorzugt die stärkeren Parteien auf Kosten der schwächeren Parteien", schreibt er in seinem Gutachten. Es sei dem bisher durchgeführten Sainte-Laguë-Verfahren "unterlegen" und bilde "den Wählerwillen in einer Wahl weniger gut ab", urteilt der Professor.
Bis zur Abstimmung in der entscheidenden Sitzung im Landtag blieb dieses Gutachten unter wohlweislich Verschluss und man holte eiligst ein Zweitgutachten ein, um das neue Auszählungsverfahren doch noch durchdrücken zu können.
Nach der Einführung einer Prozenthürde bei den EU-Wahlen ab 2029 - ebenfalls initiiert von CDU, Grünen und SPD, folgt nun eine Verschärfung des kommunalen Wahlrechts zulasten der kleinen Parteien. Beides hat nur das Ziel, kleinen Parteien den Zugang zur politischen Relevanz zu erschweren.
Das Vorgehen zum eigenen Nutzen an den wahlrechtlichen Stellschrauben zu drehen, führt zu weiterer Parteien- und Politikverdrossenheit.
Bereits 3x 1999, 2016 und 2020 scheiterten die großen Parteien daran, für die Kommunalwahlen NRW eine Sperrklausel einzuführen. Und auch diesmal wird der Verfassungsgerichtshof NRW das letzte Wort haben, wir setzen fest darauf dass die Wahlrechtsreform erneut gekippt werden wird.
Fun Fact zum Abschluss:
Die Wählergunst ist ein scheues Reh, wenn mir dieser Euphemismus gestattet ist. Laut aktuellen Wahlprognose kann die AfD in 2025 mit großen Stimmzuwächsen rechnen, während es für die Grünen eher Richtung südwärts geht.
Heißt: Der größte Profiteuer beim neuen Wahlrecht im Vergleich zum alten, wäre Stand Heute, die AfD, die viele Sitze in Kommunalparlamenten zusätzlich erhalten würde. Besten Dank an dieser Stelle an die Grünen und Simon Rock dafür.
Autor:Karl Heinz Stauder aus Essen-Süd |
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