EU-Wahl
Politische Teilhabe von Menschen mit Behinderungen: Wie sieht es im Essener Süden aus?

Am 26. Mai ist die Wahl des Europaparlaments. Das Recht seine Stimme abzugeben und die Möglichkeit dies auch ohne große Hindernisse zu tun sollte in Übereinstimmung mit Artikel 29 der UN – Behindertenrechtskonvention gewährleistet sein. Doch die Realität der politischen Teilhabe sieht für Menschen mit Behinderung in Essen schwieriger aus.

Das gleichberechtigte Wahlrecht für alle Bürger ist ein Stützpfeiler der modernen Demokratie. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgericht, gilt dieses Recht auch für unter Betreuung stehende Menschen. Das gilt bereits ab der bevorstehenden Europawahl am 26. Mai. Weiterhin hat die Bundesrepublik Deutschland vor nunmehr 10 Jahren die UN – Behindertenrechtskonvention ratifiziert, die in Artikel 29 die Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben regelt. Damit ist die BRD verpflichtet sicherzustellen, "dass die Wahlverfahren, -einrichtungen und -materialien geeignet, zugänglich und leicht zu verstehen und zu handhaben sind". Anlässlich der Europawahl 2019 hat sich die Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfe behinderter Menschen in Essen e.V. (AGSBM) gefragt, wie es im Bereich der politischen Teilhabe in Essen um die Inklusion bestellt ist?

Nur ca. 44 Prozent aller Wahllokale sind barrierefrei

Laut Auskunft des Essener Wahlamtes sind in Essen ca. 44 Prozent der Wahllokale barrierefrei erreichbar. Diese Wahllokale sind überwiegend Schulgebäude, die nicht immer barrierefrei sind. Im Angesicht dieser Situation bittet das Wahlamt um Verständnis. Für blinde und sehbehinderte Wähler stehen allerdings flächendeckend Schablonen für die Stimmabgabe zur Verfügung.
Wenn ein Wahllokal nicht barrierefrei erreichbar ist, verweist das Wahlamt auf die Briefwahl, die eine Stimmabgabe prinzipiell ermöglicht. „Das ist schon mal ein Anfang“, sagt Angela Ströter, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfe behinderter Menschen in Essen e.V. (AGSBM), „reicht aber auf Dauer bei weitem nicht aus. Wir wünschen uns für die nächsten Wahlen eine deutliche Verbesserung.“

Verbesserungswürdig: Barrierefreiheit in Bezirksvertretungen 

Neben der Barrierefreiheit in Wahllokalen forschte die AGSBM auch bei den Bezirksvertretungen nach. Denn nicht nur bei Wahlen sollen Menschen mit Behinderung sich als Bürger ernstgenommen wissen. Auch im alltäglichen politischen und öffentlichen Leben sind Möglichkeiten für eine aktive Teilhabe maßgebend.
Leider ist auch die Situation in den Bezirksvertretungen noch verbesserungswürdig. "Das ist bedauerlich, weil jeder Bürger das Recht hat, sowohl an den Bürgersprechstunden der Bezirksbürgermeister als auch als Zuhörer an der BV-Sitzung teilzunehmen", so Ströter.  
Dies betrifft auch die Bezirksvertretungen für den Essener Süden. Bei der BV I, III und IX sind die Tagungsorte für Menschen mit einer Gehbehinderung barrierefrei ausgebaut. Die BV II antwortete auf die Nachfrage der AGSBM nicht. Doch leider sind die Bedingungen und Kriterien für Sehbehinderungen, Hörbehinderungen und mentalen Behinderungen den Verantwortlichen nicht bekannt. Die Situation scheint demnach noch nicht genügend Aufmerksamkeit geweckt zu haben. Die Bezirksvertretung in der Stadtmitte hat allerdings weitere Informationen zur Verbesserung erfragt. Die AGSBM weist darauf hin, dass zur Barrierefreiheit technische Hörhilfen für hörgeschädigte oder Bodenindikatoren für blinde und sehbehinderte Menschen angebracht werden können.

Einiges wurde erreicht

Trotzdem wurde in Essen einiges für die Politische Teilhabe von Menschen mit Behinderungen erreicht. So hat die AGSBM einen Sitz im Ausschuss für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Integration (ASAGI) sowie in weiteren Gremien der Stadt Essen. Eine Zusammenarbeit läuft dort laut AGSBM gut. „Dort kann der Verein meistens frühzeitig auf die Belange von Menschen mit Behinderung hinweisen“, so Angela Ströter.

Autor:

Nils Krüger aus Essen-Süd

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