LSG NRW verschleppt Entscheidung zu Unterkunftskosten im Märkischen Kreis
Durch unterlassene oder falsche Informationen betrügen Jobcenter-Mitarbeiter seit Jahren Leistungsberechtigte um das Existenzminimum. Der Märkische Kreis macht da keine Ausnahme.
In den Jahren 2005-2013 leitete das Jobcenter Märkischer Kreis 8276 so genannte Mietsenkungsverfahren ein, um Teile der Mietkosten auf die Leistungsberechtigten abzuwälzen.
Die Vorgaben des Märkischen Kreises für die Angemessenheit der Mietvorgaben bis Ende 2013 hielten jedoch der sozialgerichtlichen Prüfung nicht stand. Aber erst gegen Ende der Laufzeit entschied das Sozialgericht Dortmund: bis 2013 gab es kein „schlüssiges Konzept“ im Märkischen Kreis. Anspruch auf Nachleistung höherer Wohnkosten bestand jedoch nur für die anhängigen Klagen, alle anderen waren von Kreis und Jobcenter belogen und um zustehende Sozialleistungen geprellt worden.
Analyse & Konzepte
Zum Januar 2014 setzte der Märkische Kreis ein Konzept der Hamburger Fa. Analyse & Konzepte in Kraft. Dies wurde vor der Öffentlichkeit geheim gehalten und die Herausgabe des Konzeptes wurde durch eine Anfrage auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes eingefordert.
Am 23.11.2016 - kurz vor Auslaufen der Gültigkeitsdauer des Konzepts - verkündende das Sozialgericht Dortmund medienwirksam die Wohnkosten für Hartz IV-Bezieher im Märkischen Kreis prüfen zu wollen. Das schlüssige Konzept sollte endlich auf den Prüfstand kommen.
Faktencheck oder Verkaufsveranstaltung?
Der vorsitzende Richter Lund hatte die „Konzept-Prüfung“ wohl sorgfältig inszeniert. Drei Verfahren zum Thema Kosten der Unterkunft waren offenkundig mit Bedacht ausgewählt und auch die Reihenfolge der Termine lässt durchaus eine Strategie vermuten. Im ersten Verfahren S 19 AS 965/15 ,wurde das streitgegenständliche Konzept geradezu durchgewunken. Als Zeuge war ein Mitarbeiter der Fa. Analyse & Konzepte, Oliver Strege, geladen worden. Der nutzte die Gelegenheit wie eine Verkaufsveranstaltung einer Kaffeefahrt für demente Rentner. Die Rechtsanwältin ließ keine sonderliche Kenntnis zum anhängigen Themenkomplex erkennen und unterließ fachkompetente Nachfragen.
Rechtsanwalt Lars Schulte-Bräucker vertrat die Klägerin im zweiten Verfahren des Tages (Az.: S 19 AS 3392/15). Seine sachkundigen und konkreten Fragen konnte der Zeuge nicht mehr beantworten. Aber das Konzept war ja schon so gut wie auf dem Weg zum Landessozialgericht . . .
Große Unsicherheit im Einzugsbereich des Sozialgericht Dortmund
Für Bochum, Unna, Dortmund und die Kreise Olpe, Siegen-Wittgenstein und den Hochsauerlandkreis wurde inzwischen bestätigt, dass es kein schlüssiges Konzept gab.
Hagen und der Ennepe-Ruhr-Kreis verweigerten die Auskunft auf die IFG-Anfrage und Hamm und die Kreise Soest, und der Märkischer Kreis räumte ein, dass bis zu dem Zeitpunkt keine gerichtliche Prüfung stattgefunden hätte.
beispielklagen
Die ungeprüften Kürzungen im Märkischen Kreis fanden dann am 11.11.2015 eine Fortführung in einer „Indexfortschreibung des schlüssigen Konzepts 2013“. Aktuelles Datenmaterial wurde nicht recherchiert.
Erhebliche rechtliche Bedanken am Konzept für den Märkischen Kreis
Im Januar 2017 wurde Berufung eingelegt. Das Verfahren wird unter dem Az.: L 6 AS 120/17 weitergeführt.
Die Rohdaten für eine sachgerechte Prüfung des in die Konzeptherstellung eingeflossenen Zahlenmaterials wurden bisher nicht vorgelegt, das Berufungsverfahren läuft immer noch.
Da muss die Frage erlaubt sein, was Richter Lund geprüft haben will, wenn er nicht einmal die offensichtlichen Fehler gesehen hat. Nein, schlüssig ist das Konzept wirklich nicht.
Analyse & Konzepte nimmt es mit Fakten nicht so genau
Während dem LSG noch immer auf die zu überprüfenden Rohdaten wartet, feiert die Hamburger Firma „Drei positive Urteile vom SG Dortmund“.
Nun ja, selbst der vorsitzende Richter hatte bereits im Termin festgestellt, dass eine endgültige Entscheidung nicht in Dortmund fallen würde . . .
Monate sind vergangen und die Übersendung der angeforderten Beweismittel und Rohdaten ist immer noch nicht erfolgt.
Nach Maßgabe des Sozialgerichtsgesetz (SGG) § 106a kann der vorsitzende Richter eine Frist setzen zur Angabe von Beweismitteln, die entscheidungserheblich sein können. Nach erfolglosem Fristablauf hätte das Urteil entsprechend gesprochen werden können. Konzepte ohne überprüfbare Datensätze wurden bereits mehrfach als rechtswidrig verworfen.
Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg (ALSO) demaskiert ein ähnliches Konzept
Am 28.11.2017 berichtete die Oldenburger Rundschau über einen ähnlichen Fall.
Die Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg intervenierte sofort und der Kreis hat bis auf Weiteres die Aussetzung des Gutachtens verordnet.
Überprüfungsanträge könnten Nachleistungen ab Januar 2017 sichern
Betroffen sind alle Leistungsberechtigten, die Anteile der Kosten der Unterkunft, Nebenkostenabrechnung oder auch Heizkostenanteile aus eigener Tasche aufstocken müssen. Die finanziellen Schäden gehen in die Hunderte und Tausende.
aufRECHT e.V. Iserlohn bietet Hilfe.
Autor:Ulrich Wockelmann aus Iserlohn |
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