Lokalpresse betreibt Propaganda für Grün-und-Gruga
Einleitung
Am 16.1.2013 veröffentlichte eine Essener Zeitung den Artikel “Mehr Licht für junge Bäume”. Anlaß waren Proteste von Bürger gegen das Fällen von Bäumen an der Straße “Am Stadtbad” in Essen-Kettwig. Der Artikel ist typisch für die Berichterstattung der Lokalpresse über Holzeinschläge von Grün-und-Gruga Essen.
Einseitige Parteinahme für Grün-und-Gruga
Laut Zeitungsbericht verstehen die Bürger in Kettwig den Zweck der Baumfällungen nicht. Sie verwickeln die Forstarbeiter in Diskussionen, fordern sie auf, die Fällungen zu erklären. Sie sind empört und weigern sich, den Forstarbeitern zuzuhören. Die Zeitung läßt keinen Bürger selbst zu Worte kommen. Kein Bürger bekommt einen Namen. Schon gar nicht holt sie Stellungnahmen der lokalen Umweltverbände (NaBu oder BUND) ein. Interviewt werden ausschließlich die Forstarbeiter.
Der Zeitungsredakteur stellt den Forstarbeitern auch keine kritischen Fragen. Er wahrt keine Distanz. Und er bietet keine Hintergrundinformationen, um die Aussagen der Forstarbeiter überprüfen zu können. Die Zeitung tut so, als ob die Forstarbeiter die wahren Experten sind und Recht haben. Sie macht sich zu einem Sprachrohr von Grün-und-Gruga.
Die Kettwiger Bürger werden wie kleine Kinder behandelt, die die Handlungen der Erwachsenen nicht verstehen und denen man alles “immer wieder erklären” muss. Verräterisch ist die Wortwahl: Die “unverständigen” Bürger “müssten .. auch einfach mal zuhören”. So reden Eltern über ihre Kinder.
Die Bürger “reagieren .. mit Unverständnis”. Dass diese Reaktion der Bürger berechtigt ist, diesen Eindruck läßt die Zeitung nie aufkommen.
Das Märchen von den “Verdrängern”
Der Forstarbeiter Jan Kluwe, der – im Gegensatz zu den empörten Bürgern – ausführlich zu Worte kommt, behauptet, “Verdränger” fällen zu müssen: Das sind angeblich “große Bäume, die den kleinen Bäumen die Chance nehmen, sich zu entwickeln”. Kluwe meint vermutlich “Bedränger“. Das sind in der Forstwirtschaft Bäume, die in die Kronen wertvoller sogenannter “Zukunftsbäume” (Z-Bäume) hineinwachsen. Diese Z-Bäume, die hochwertige und dicke Stämme liefern sollen, werden so in ihrem Wachstum behindert. Deswegen entfernt der Förster im Abstand von ca. 5-10 Jahren jeweils 1-2 Bedränger.
Das Problem: Es gibt an der Straße “Am Stadtbad” weit und breit keine Z-Bäume. Diese werden nämlich vom Förster mit einem farbigen Ring markiert und wären somit gut erkennbar. Und nirgendwo stehen die “großen Bäume” so dicht, dass junge Bäume nicht mühelos dazwischen aufwachsen könnten. Zumal die gefällten Bäume nicht einmal “groß” waren: Viele waren gerade einmal 30 Jahre alt und somit selbst noch ganz jung. Es sind die Forstarbeiter, “die den kleinen Bäumen die Chance nehmen, sich zu entwickeln”:
Das Märchen von der hilflosen Natur
Kluwe behauptet: “Da der Mensch mit Aufpflanzungen schon zu sehr eingegriffen habe, könne die Natur das nicht mehr selbst regeln.” Selbstverständlich kann die Natur das alleine regeln! Die Natur hat das über 4 Milliarden Jahre selbst geregelt. Ohne menschlichen Eingriff würde in den nächsten 100 Jahren an dem Bach ein hübscher kleiner Erlen-Bruchwald entstehen – ein kleiner wilder Urwald. Aber:
“Wo der Forstmann wirtschaften will, muss der Urwald erst entfernt sein. Der Urwald mit seinen Riesenbäumen ist der größte Feind einer geordneten Forstwirtschaft.” Max Endres, Begründer der modernen Forstpolitikwissenschaft, 1907 (1).
Kluwe sollte so ehrlich sein und offen aussprechen, worum es geht: Es geht nicht um “Pflegearbeiten”, nicht um “Umweltschutz” und nicht um “mehr Licht für junge Bäume”: Es geht um die Produktion von Holz – und nur darum.
Das Märchen vom Umweltschutz
Förster sind genausowenig Experten für Umweltschutz wie Metzger Experten für Tierschutz. Nichtsdestotrotz haben es Förster durch geschickte Öffentlichkeitsarbeit verstanden, sich genau dieses Image zu geben. Sie schützen den Wald mit der Kettensäge! Und die Zeitung kauft ihnen diese Propagandalüge ab:
„Man muss uns einfach die Chance geben, der Natur in unserem Sinne zu helfen. Wir sind keine Zerstörer – ganz im Gegenteil.“
Das Märchen von der Nachhaltigkeit
Jan Kluwe meint: „Wir fällen meist nur kaputtes Holz. Uns geht es um Nachhaltigkeit. Wir wollen einfach, dass hier auch noch in 30 Jahren Bäume stehen.“
Eben noch hat Kluwe die “großen Bäume” gefällt, weil sie arme kleine Bäume verdrängen. Jetzt sind die “großen Bäume” auf einmal “kaputt”. Sabine Moseler-Worm deckt diesen Widerspruch nicht auf.
Die gefällten Bäume waren auch gar nicht “kaputt”: Das belegen die Polter mit schönen gesunden Stämmen.
Und der Einschlag von 250 Fm auf nur 3 ha Fläche, die zudem nur ganz dünn mit Bäumen bestockt war, ist auch nicht nachhaltig, sondern Raubbau:
Dies läßt sich auch mathematisch beweisen: Laut aktueller Forsteinrichtung (2) beträgt der durchschnittliche jährliche Zuwachs pro ha 5,5 Erntefestmeter. In dem höchstens 3 ha großen Gebiet “Am Stadtwald” sind die Bäume aber noch sehr jung und außerdem stehen sie sehr weit auseinander: Der Zuwachs ist also viel geringer. Selbst bei einer sehr optimistischen Annahme von 2,5 Erntefestmeter pro ha und Jahr würde es mehr als 30 Jahre dauern, bis die 250 eingeschlagenen Festmeter wieder nachgewachsen sind. Und selbst dies ist fraglich: Denn der Waldboden wurde bei den Fällungs- und Rückearbeiten so massiv geschädigt, dass dort kein gesunder Wald mehr wachsen wird.
1 Das Zitat von Max Endres stammt aus: Sperber, Georg und Stephan Thierfelder: Urwälder Deutschlands, München 2. Auflage 2008, S. 9
2 Grün-und-Gruga, Neuer Forstbetriebsplan für den Städtischen Wald, Essen 2009 , S.66, Tabelle “Flächen-, Zuwachs- und Vorratsvergleich”
weitere Hintergrundinformationen: Der Essener Stadtwald
Autor:Franz-Josef Adrian aus Essen-Süd |
1 Kommentar
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.