Geheimpolitik gegen den Neustart der Gesamtschule-Süd
Verzögerter Start einer neuen Gesamtschule missachtet das Schulwahlrecht
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Selbst Mitglieder des Schulausschusses hatten kurz vor Ostern die plötzliche Entscheidung der Schulverwaltung gegen die Neugründung einer Gesamtschule in Rellinghausen/Stadtwald nur aus der Zeitung erfahren können. Erst am 10. Mai tagt der nächste Schulausschuss und Schuldezernent Peter Renzel will sich anscheinend bis dahin mit offiziellen Informationen über seine Schulentwicklungsplanung Zeit lassen. Nicht auszuschließen, dass sich hier Gedankenspiele ausbreiten, mögliche neue Konstellationen in der Landespolitik könnten die Bedeutung der Gesamtschulen einschränken. Das wäre aber gegen die Interessen vieler Schüler*innen und Eltern.
Essener Süden künftig gesamtschulfrei ?
Es mag sein, dass die Neugründung einer Gesamtschule an der Frankenstrasse nicht der beste Weg ist, den offensichtlichen Mangel an Gesamtschulplätzen in Essen zu beheben. Aber auch im Essener Süden ist das Gymnasium nicht für alle Schüler*innen der ideale Weg für eine gute Ausbildung. Plötzlich zur Osterferienzeit die bereits in die Wege geleiteten Vorarbeiten zur Gründung einer Gesamtschule abzubrechen, ohne ernsthafte Standortalternativen zumindest anzudeuten, macht Schulentwicklung zu ärgerlicher Geheimpolitik.
Passend dazu verschiebt die Schulverwaltung unter dem Schul- und Sozialdezernenten Peter Renzel die verbindliche Schulausschuss- und Ratsentscheidung zur überfälligen Neugründung einer Gesamtschule seit Monaten weiter nach hinten. Das ist keine professionelle Schulentwicklungsplanung, sondern ein Schlag ins Gesicht von Eltern und Schulpolitiker*innen, die sich für mehr gemeinsames Lernen und Ausschöpfen von Bildungschancen für alle einsetzen. Erst recht erschwert es die Schulkarriere von Schüler*innen, die nicht bereits nach der 4. Klasse in die Schubladen Hauptschule, Realschule oder Gymnasium gesteckt werden sollten.
Schlechte Zeiten für die Gesamtschule unter Schwarz-Rot
Lokalpolitisch herrschen keine guten Zeiten für Schüler*innen und Eltern, die sich für gemeinsames Lernen an einer Gesamtschule entschieden haben. Seit Jahren werden in Essen zu wenig Plätze an den Gesamtschulen angeboten. Zum diesjährigen Anmeldeverfahren wollten ursprünglich 1184 Schüler*innen in die Eingangsklassen der Essener Gesamtschulen aufgenommen werden. Alle Essener Gesamtschulen zusammen können aber in ihren 5. Klassen nur 1050 Schulplätze anbieten. Viele Kinder müssen deshalb auf eigentlich nicht gewünschte Schulformen ausweichen oder hoffen, mit etwas Glück in den Nachbarstädten einen Gesamtschulplatz zu finden.
Leidensfähigkeit der Gesamtschüler*innen wird gestestet
Auch die Leidensfähigkeit der Familien, die ihre Kinder auf jeden Fall auf eine Gesamtschule schicken möchten, wird über Gebühr getestet. Kinder aus Dellwig oder Gerschede, die etwa in der deutlich überbuchten Gesamtschule Borbeck keinen Platz finden konnten, werden nicht auf alle Fälle weite, Umsteige belastete Schulwege auf sich nehmen. Deshalb ist es auch kein Argument gegen den Gesamtschulausbau, dass eine Gesamtschule-Nord in Vogelheim oder die Erich-Kästner Gesamtschule in Freisenbruch in der ersten Anmelderunde ihre Schulkapazitäten nicht ausschöpfen konnte. Insbesondere wenn man den oft gravierenden Gebäudesanierungsstau dort vor Augen hat und im Schulausschuss Statistiken zur Kenntnis nimmt, nach denen die Stadt Essen z.B. 2016 pro Schüler/in im Gymnasium 222 € ausgegeben hat, für ein/e Gesamtschüler/in aber nur 161 €.
Vier Essener Gymnasien mit unzureichenden Anmeldungen für die Eingangsklassen
Die Bedürfnisse der Eltern, die ihre Kinder aufs Gymnasium schcikcne, werden anders gewichtet. Die Stadt leistet sich derzeit in Bredeney, im Stadtkern, im Südostviertel und in Borbeck insgesamt 4 Gymnasien mit unzureichenden Mindestanmeldungen für die 5. Klassen. Überall dort wird aber aber keine kurzfristige Schließung - oder Schulformumwandlung diskutiert. Der Schulverwaltung fehlt mittlerweile offenbar der Mut, um hier noch ernsthaft die baulichen und sozialen Voraussetzungen zu prüfen, ob dort die Umwandlung in eine dringend benötigte neue Gesamtschule sinnvoll sein kann.
Dazu gibt es für die Schulverwaltung jetzt offenbar keine Rückendeckung durch SPD und CDU. Als die Schulverwaltung im letzten Jahr genauere Analysen anstellen wollte, inwieweit das Viktoriagymnasium in Kombination mit dem naheliegenden Gebäude der bisherigen Hauptschule an der Wächtlerstraße zur Gesamtschule werden könnte, setzte sich die Essener Große Koalition sofort für den Erhalt der Schule als Gymnasium ein. Da möchte die Schulverwaltung natürlich nicht ein zweites Mal allein im Regen stehen .
Grüne werden sich stattdessen auf jeden Fall dafür einsetzen, dass mehr gemeinsames Lernen insbesondere in Essener Gesamtschulen für alle möglich ist, die es wollen. Bildungsgerechtigkeit heißt auch: Essen braucht mehr Gesamtschulplätze und das nicht erst in einigen Jahren. Wir müssen dafür sorgen, dass auch SPD und CDU den Gesamtschulausbau ernstnehmen.
Autor:Walter Wandtke aus Essen-Nord |
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