Einseitige Parteinahme des Verdi-Vorstands für den 123 Mio € Messeneubau
Verdis falsche Schlußfolgerungen aus dem
Bürgerbegehren „Messeumbau nicht um jeden Preis“
Die Entscheidung von Verdi Essen und ihres Geschäftsführers Lothar Grüll, kompromisslos die maximalen Messe-Umbaupläne der Stadtspitze zu unterstützen, ist sachlich nicht nach zu vollziehen. Verdi sitzt nun mit auf dem Zug der SPD/CDU-Messebaukoalition und gibt ihre Entscheidung als alternativlos aus, ohne sich weiter inhaltlich mit den Argumenten des Bürgerbegehrens zu befassen.
Mit dieser Art von Stadtpolitik schafft Verdi insbesondere bei den städtischen Firmen, eine Wichtigkeit von Beschäftigten erster und zweiter Klasse. Noch ist zu hoffen, dass Personalratsmitglieder der Messe GmbH, die etwa 215 Beschäftigte vertreten, keinen direkteren Zugang zum Verdi-Vorstand besitzen, als Gewerkschafter aus anderen städtischen Firmen, Einrichtungen oder sonstigen Betrieben. Gewerkschaftliche „Verantwortung für den Standort Essen“ kann nicht auf die Messe und Beschäftigte im Rüttenscheider Gaststättengewerbes reduziert werden.
Scheuklappenblick aufs Messegewerbe
Andere notwendige Investitionen der Stadt Essen drängen sich in vielen Stadtteilen auf: was ist mit der städtischen EABG-Gruppe in Borbeck, immerhin etwa 350 Beschäftigte, die mit unterschiedlichen Bauvorhaben und knappster Finanzdecke langzeitarbeitslose Menschen wieder in Arbeit bringt? Wäre ein Investitionsprogramm vom 100 Millonen € bei der EVAG mit etwa 1900 Beschäftigten, z.B. für die überfällige Neuanschaffung von Bussen und Bahnen, Sanierungen von Tunnelanlagen oder die Beschleunigung von Straßenbahnstrecken nicht ein hervorragendes Arbeitsplatzsicherungsprogramm für viele Betriebe der Region? Wäre nicht schon mit einer zweistelligen Millioneninvestition ein technischer hervorragender Neubau vielleicht der Gustav-Heinemann- Gesamtschule in Schonnebeck möglich, deren Sanierung seit Jahren hinausgezögert wird? Wie ist unsere städtische Infrastruktur zu erhalten, wenn wir nur noch Geld für Brandschutz ausgeben dürfen? Man könnte eine Liste vieler städtischer Betriebe und Bauwerke durchgehen und jeweils darstellen, welchen Arbeitsplatz- und Infrastruktureffekt städtische Investionsprogramme dort haben könnten.
Notbremse Bürgergehren gegen Risikopolitik des Messeausbaus
Natürlich gibt es unterschiedliche Meinungen, welche Investitionen die besten Effekte für Essen entwickeln können. Alles Geld wie beim Roulettespiel nur auf die Messekarte zu setzen, ist jedoch weder verantwortliche Stadtpolitik noch Gewerkschaftspolitik für das „Gemeinswohl“. Fahrlässig wird vom VERDI-Geschäftsführer Lothar Grüll das Schreckgespenst einer „Bauruine Messe, die zahlreiche Arbeitsplätze gefährden würde“ an die Wand geworfen. Wie der Name des Bürgergehrens „ Kein Messeumbau um jeden Preis.“ bereits ausdrückt, geht es nicht ums Schließen oder Abwickeln des Messeplatzes Essen. Auch Grüne oder die Linke haben in den letzten Jahren trotz der katastrophalen Finanzlage der Stadt Essen zweistelligen Millionenzuschüssen an die Messe GmbH zugestimmt. Die risikoträchtigen jetzigen Baupläne, die nichts mehr mit sogenannter „Bauertüchtigung zweier Doppelstockhallen" zu tun haben, schreien allerdings nach der Notbremse, die mit dem Bürgerbegehren gezogen wird. Tatsächlich ist die Messe in den meisten Bereichen „im hochwertigen technischen Zustand“. Da gibt es selbst in den 10 bis 20 Jahre alten Bebäudeteilen einen architektonischen Standart, von dessen Güte viele NutzerInnen von Schulen, Schwimmbäder, Sportanlagen oder des ÖPNV kaum zu träumen wagen.
Gerechte Vorzugsinvestionen für den Messeumbau?
Die Stadt Essen konnte sich in den letzten Jahren nur mit heftig gekürzten Haushaltsetats, verringertem Bauunterhalt und Zuschüssen an städtische Einrichtungen und Firmen, den viel radikaleren Landessparkommissar vom Leib halten. Die wenigen Millionen, die als Investitionen, z.B. durch städtische Kreditvergabe noch ausgegeben werden durften, waren beinhart erkämpfte Ergebnisse, die ihre Dringlichkeit langfristig beweisen mussten. Ob in diesem Vergleich die Messe GmbH als Gipfel städtischer Daseinsvorsorge und Ausnahmeobjekt bestehen kann, ist mehr als zweifelhaft,
Letztlich bleibt die Behauptung der Messegesellschaft, sie würde in Essen und der Region mit ihren Auftragseffekten und Besuchern mehr als 6500 Arbeitsplätze garantieren, ebenso eine hübsche Seifenblase wie die Kostenobergenze von 123 Millionen€, die keiner ernsthaften Belastung standhält.
Walter Wandtke, Grüner Ratsherr, noch VERDI-Mitglied und seit mehr als25 Jahren in der Gewerkschaft
Autor:Walter Wandtke aus Essen-Nord |
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