Zukunftsmusik live animiert: Metropolis in der Casa

Kleine Menschen vor der übermächtigen Maschinenfrau. Foto: Martin Kaufhold
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Künstlerkollektiv sputnic inszeniert ältesten Science-Fiction-Film 

Schattenspiel, Projektionen, Lichttechnik, dazwischen vier Personen im Kostüm. Ein wenig wie in das Labor eines verrückten Wissenschaftlers sieht sich der Zuschauer in der Casa katapultiert. Experimentiert wird mit ganz altem Stoff; Fritz Langs "Metropolis"-Filmrollen werden wieder aufgerollt und neu zusammengesetzt. Der erste Science-Fiction-Film in Spielfilmlänge, 1927 vorgeführt, erzählt prophetisch von einer Zwei-Klassen-Gesellschaft, die sich in wohlhabende Metropolis-Bewohner und hart arbeitende Maschinenbediener tief unter der Stadt teilt. In Berührung geraten die beiden Schichten, als der reiche Freder sich in die Arbeiterin Maria verliebt. Lange Zeit war die Originalversion des Films verschollen, bis sie 2008 in Argentinien wieder entdeckt wurde.
In der Zwischenzeit erlebten Tonfilm, Videospiele und Internet ihren Aufstieg und das Medienkünstlerkollektiv sputnic bedient sich zur Anreicherung des Stücks mit beiden Händen aus der Popkulturkiste. Filmzitate, technische Spielereien und sich überlappende Zeitebenen schaffen ein Kaleidoskop aus atmosphärischer Zukunftsmusik und zahllosen Perspektiven. Ein Multiversum, so erklären Fritz Lang (Sven Seeburg) und Thea von Harbou (Kerstin Pohle), sei die Gesamtheit aller möglichen Parrallelwelten; "alles kann auch anders sein". Der Regisser und die Drehbuchautorin schneiden zu allem Überfluss zusammen mit dem Filmvorführer (Alexey Ekimov) und der Traummaschine ( Aless Wiesemann) live an ihrem Plot herum, der über die Projektoren meterhoch über die Wände läuft. Charaktere werden heraus genommen, gut wird zu böse und selbst das Furiso, der letzte Akt, endet anders als Langs Film.
Die technischen und inhaltlichen Möglichkeiten, die sich bei einem "Live-Animationsfilm" auftun, werden sputnics Metropolis-Variante jedoch schnell zum Problem. Wenn alles denkbar und machbar ist, besitzt wenig noch Wichtigkeit. So ziehen Scherenschnitte und Figuren seltsam eindimensional vorbei, man bleibt unberührt von ihrem Lieben und Leiden. Warum Metropolis auch heute noch wichtig ist, die eigentliche Botschaft, kommt zwar durch: Eine Welt aus Unterdrückern und Unterdrückten, bedroht von neuester Technik und Künstlicher Intelligenz, stellt ein wenig lebenswertes Szenario dar. Aber wie nötig eine Warnung vor moderner Gewissenlosigkeit auch sei: Theater lebt doch von seinen Figuren. 

Termine

Die nächsten Aufführungen finden am 15., 23., 27. März und am 7. April, 19 Uhr, statt.
Karten unter Tel. 81 22-200 oder an tickets@theater-essen.de.

Autor:

Julia Hubernagel aus Essen-Süd

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